Fee und der Schlangenkrieger
verzweifelt.
„Lenyal. Du unterstellst mir immerzu, ich wollte deinem Dorf was Böses und würde überhaupt eigentlich nur für Ning und das Sonnenvolk arbeiten.“ Sie versuchte, sich an ihm zu orientieren und genau so ruhig zu sprechen wie er. „Aber das stimmt nicht. Ich habe kein Interesse, dass die eine oder andere Seite gewinnt. Dies ist nicht mein Krieg.“ Liebe Güte, was drosch sie hier denn für Phrasen? „Jedenfalls weiß ich dies nicht vom Sonnenvolk. Wo ich herkomme, ist es nicht gerade ein Geheimnis, wie man Bronze herstellt. Aber natürlich kann ich was durcheinander gebracht haben, oder irgend etwas nicht wissen, was noch dazu gehört. Ich hab Diamal bloß das Mischungsverhältnis gesagt, und er hat es ausprobiert. Es sieht aus wie richtige Bronze, aber wie gesagt, ich hab das selber nie gemacht! Bitte, probiert es bloß sorgfältig aus, bevor ihr es mit in die Schlacht nehmt.“ Sie blickte vom Schmied zu Lenyal zurück. „Ich will euch nichts Böses. Ich dachte nur, es wäre fair, wenn ich euch das bisschen, was ich weiß, verrate.“
Lenyal starrte sie an. Dann wandte er sich an den Schmied.
„Prüfe dieses Metall ganz genau. Ich verlasse mich auf dein Urteil.“
Fee merkte, dass sie den Atem angehalten hatte und atmete aus. Es schien, als ob Lenyal ihr glaubte. Ratlos sah sie sich um. Hieß das, sie konnte jetzt gehen? Lenyal bemerkte ihren Blick. Mit einer Bewegung seines Kinns gab er ihr zu verstehen, mit ihm zu kommen.
Er hatte viel längere Beine als sie. Während Lenyal einfach große Schritte machte, musste Fee laufen, um mit ihm Schritt zu halten, was bei dem Schnee nicht gerade einfach war.
„Wie würdest du Ning beschreiben?“, fragte Lenyal. Fee verdrehte die Augen. Er stellte einem immer solche Fragen! Als ob man die so einfach beantworten könnte!
„Am liebsten gar nicht“, sagte sie, „ich kenne ihn kaum. In Gondor, da mochte ich ihn, aber seit wir hier sind, habe ich nichts mehr mit ihm zu tun. Ich hab ihn kaum gesehen. Ich habe im Sonnendorf bei anderen Menschen gelebt und nur mit Frauen und Kindern zu tun gehabt, deshalb kann ich dir nichts über ihn sagen. Ich weiß nicht, ob er ein besonders guter Kämpfer ist, ich weiß nicht, was seine Krieger von ihm denken. Allgemein ist er im Dorf sehr beliebt. Die Leute leiden unter deinen Überfällen, und sie glauben, dass er nun alles wieder in Ordnung bringen wird. Aber ich weiß nicht, ob er das hinbekommt, ich weiß nicht, wie er das vorhat, ich weiß nicht, was er für Wünsche hat, ich weiß nicht, ob er seine Frau liebt.“
„Wieso denkst du, er täte das nicht?“
Fee zögerte. Sie dachte daran, welche Verbindung sie mit Tom gehabt hatte. Aber Tom gab es nicht mehr, es gab nur noch Ning, und mit Ning hatte sie keine Verbindung. „Das denke ich gar nicht. Ich wollte nur verdeutlichen, dass ich wirklich nichts über ihn weiß.“
„Sie bekommen ein Kind“, stellte Lenyal fest.
„Ja“, sagte Fee langsam, „das stimmt.“
„In Gondor, hast du gesagt, mochtest du ihn. Magst du ihn noch?“
„Keine Ahnung, ich hab doch gerade gesagt, ich kenne ihn kaum.“
„Vergiss das, du musst es nicht begründen. Spontan. Magst du ihn? Irgendeine Meinung wirst du doch haben.“
„Nein“, sagte Fee und blieb überrascht stehen, „ich mag ihn nicht.“ Schlotte hatte ihn noch nie gemocht. Sie selbst hatte sich gesträubt, über Ning nachzudenken. Weil sie nicht wahrhaben wollte, dass sie ihn nicht mochte? Mochte sie ihn vielleicht nicht, weil er nicht sie, sondern Ela gewählt hatte? Nein, wenn sie an Ela dachte, war sie eigentlich ganz froh, dass sie nicht an seiner Seite war. Sie hatte Tom gemocht. Als sie sich Nings Gesicht vorstellte, erkannte sie, noch überraschter, dass sie sich irgendwo immer noch zu ihm hingezogen fühlte. Aber das war Tom, sie hielt sich an der Erinnerung an Tom fest. Ning mochte sie nicht. Obwohl sie die Grenze ganz deutlich sah, fiel es ihr irgendwie trotz allem schwer, die beiden zu trennen...
Lenyal sah sie aufmerksam an. Fee schüttelte den Kopf.
„Ich kann dir wirklich nicht sagen, warum... ich habe mir die Frage noch nie gestellt. Aber ich mag ihn nicht.“
Lenyal sah sehr nachdenklich aus. Eine Weile gingen sie schweigend weiter. Als sie zum Haus kamen, fragte Lenyal:
„Und was hältst du vom Rest des Sonnenvolks?“
Fee öffnete die Tür.
„Ich mochte sie. Die meisten haben mich in Ruhe gelassen. Und mit einigen habe ich mich angefreundet. Sie sind gar nicht so anders
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