FEED - Viruszone
niedliche kleine Mädchen mit Sonnenbrille im Cockpit rumhängen zu lassen – für erwachsene Journalistinnen, die bloß etwas Abstand zu ihren Mitreisenden wollen, haben sie leider weniger Verständnis. Wenn man dann noch bedenkt, dass der Senator meinem Blick auswich, während Shaun den gesamten Flug mit dem Versuch verbrachte, seinen Sitz mit einem Schraubenzieher zu zerlegen, den er einem der Wachleute stibitzt hatte, ist es wohl nicht weiter überraschend, dass ich heilfroh war, als wir an unserem Zielort landeten – auch wenn zwischen Abflug und Landung kaum eine Stunde verging.
Meine Erleichterung rührte auch daher, dass die Bestimmungen des Seuchenschutzes Mobiltelefone während des Fluges verboten; ich hatte seit unserer Abreise aus Memphis nichts von Mahir gehört. Noch bevor sich die Türen öffneten, hatte ich meinen Kram schon angeschaltet. Sofort erklangen Benachrichtigungstöne. Ich hatte über fünfhundert E-Mails, um die ich mich kümmern musste, aber die, auf die ich wartete, war nicht dabei.
Sechs weitere Wachleute standen auf der Landebahn, unter ihnen auch Steve, der in einer Hand einen Katzenkorb hielt. Rick stieß einen unartikulierten Schrei aus, drängelte sich an Shaun vorbei, riss den Korb an sich und gurrte Lois voll, die mit gesträubten Fell in der Box saß.
»Die Katze hat überlebt«, sagte ich und rückte meine Brille zurecht.
Shaun schüttelte den Kopf. »Der Mann braucht eine Freundin.«
»Still. Das ist ein rührendes Wiedersehen.«
»Ich bleibe bei meiner These.« Shaun legte den Kopf in den Nacken und blickte zu Steve auf. »Du hast dem Mann seine Katze mitgebracht.«
Der riesige Sicherheitsmann nickte belustigt. »Stimmt.«
»Und was kriege ich? «
»Bist du damit zufrieden, zu erfahren, wo dein Wagen steht?«
»Wohl schon.« Shaun warf mir einen Blick zu. »George?«
»Ich wollte eigentlich nicht die Hoffnung auf eine Million Dollar aufgeben, aber solange mein Motorrad dabei ist, lasse ich euch noch mal billig davonkommen. Diesmal.« Ich lächelte schmal. »Hi Steve.«
»Schön, dich lebend zu sehen, Georgia.«
»Es ist auch schön, lebendig zu sein, Steve.«
Robert Channing – den man vom Chefsekretär zum Stabschef befördert hatte, sobald klar geworden war, dass Ryman echte Chancen auf den Platz im Weißen Haus hatte – schob sich an den deutlich massigeren Wachleuten vorbei und hielt wie ein scharfer Jagdhund auf den Senator zu. »Senator! Wir haben zwanzig Minuten, um Sie durch die halbe Stadt zu bringen, und Sie dürfen nicht zu spät kommen, sonst stellt Tate sich allein ins Rampenlicht.« Sein Tonfall legte nahe, dass es sich dabei um eine undenkbar grauenvolle Aussicht handelte.
»Und das geht natürlich nicht, hab ich recht?« Senator Ryman verzog das Gesicht und warf uns einen um Entschuldigung heischenden Blick zu. »Tut mir leid, aber … «
»Die Arbeit kommt an erster Stelle«, sagte ich. »Rick, gib mir die Katze.«
Erschreckt drückte Rick den Katzenkorb an die Brust. Lois maunzte. »Warum?«
»Weil wir trotz jüngster Ereignisse und galoppierender Blödheit nach wie vor Reporter sind, vorausgesetzt, man lässt uns.« Ich schaute den Senator von der Seite an. Er erwiderte meinen Blick und nickte. Ich wandte mich wieder Rick zu. »Du begleitest den Senator und berichtest über diesen Auftritt, was auch immer da stattfindet … «
»Eine Rede vor den Töchtern der Amerikanischen Revolution«, sagte Robert.
»Schön, wie dem auch sei.« Mit einem Handwedeln bedeutete ich, dass die Einzelheiten mich nicht interessierten. »Rick, du gehst zu dieser Veranstaltung und findest etwas Interessantes darüber zu berichten. Wir überprüfen derweil unsere Ausrüstung und sehen, in was für einer Absteige wir hier kampieren dürfen.«
Rick nickte widerstrebend und hielt mir den Katzenkorb hin. Ich hatte fast ein schlechtes Gewissen dabei, ihn ihm wegzunehmen. Aber nur fast. Ich musste mit meinem Bruder reden, und so ungern ich es mir auch eingestand, musste ich dieses Gespräch unter vier Augen führen. Rick und Buffy hatten eine gemeinsame Vergangenheit, Buffy hatte uns verraten, und Rick war nach wie vor Teil der Gleichung. Wenn wir weiter mit dem illustren Mr Cousins zusammenarbeiten wollten, mussten wir diese Entscheidung gemeinsam treffen, und dabei hatte Rick nicht mitzureden. Und wenn wir uns dagegen entschieden, dann mussten wir alles geklärt haben, bevor wir ihn dazu anhielten, sich anderswo eine Beschäftigung zu suchen.
Robert sagte in
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