FEED - Viruszone
Grenze überquert haben, um an billiges Hasch zu kommen«, warf ich ein. Alle Gesichter wandten sich mir zu. Ich zuckte mit den Schultern. »Es war eine Gefahrenzone der Stufe 1. Praktisch niemand außer den Streitkräften und einigen Wissenschaftlern darf sich dort aufhalten. Vorausgesetzt, Sie reden von dem Vorfall im letzten August, und es gab in der Zwischenzeit keine weiteren Attacken von Huftieren, die mir entgangen sind.« Ich wusste, dass dem nicht so war. Ich verfolge mit Hingabe alle Tierattacken auf Menschen und sortiere sie dabei in zwei Kategorien: »Wir brauchen schärfere Gesetze« und »Darwin hatte recht.« Meiner Meinung nach sollte es verboten sein, sich Tiere zu halten, die groß genug für eine Virenaktivierung sind, aber ich bin trotzdem nicht der Meinung, dass die Auslöschung aller größeren Säugetiere die Lösung ist. Wenn man ohne vernünftige Ausrüstung die kanadische Wildnis durchstreift, hat man es nicht besser verdient, als von einem untoten Elch attackiert zu werden.
Der Mann kriegte einen roten Kopf. »Ich glaube nicht, dass ich mit Ihnen geredet habe, Miss.«
»Mag sein«, erwiderte ich. »Trotzdem ist der Vorfall ziemlich gut dokumentiert. Wie gesagt, wenn ich da nicht etwas verpasst habe.«
Einer der anderen Männer sagte leicht belustigt: »Komm schon, Carl, hat die junge Dame eine Tierattacke verpasst, oder meinst du den Vorfall mit dem Elch?«
Er brauchte nichts zu sagen; sein böser Blick war Antwort genug. Carl kehrte uns dreien betont den Rücken zu und entfernte sich, um in eine Tirade gegen die Position des Senators zur Todesstrafe einzustimmen, die gerade ein paar Meter weiter lief.
»Ich glaube, ich habe noch nie erlebt, wie jemand ihm mit Fakten einen solchen Dämpfer verpasst hat«, sagte die Frau und streckte mir ihre Hand entgegen. »Das muss ich mir merken. Rachel Green. Ich bin beim örtlichen Tierschutzverein.«
»Dennis Stahl von der Eakly Times «, sagte der andere Mann und hielt in einer knappen Geste der Solidarität seinen Presseausweis hoch.
Froh darüber, dass meine Sonnenbrille die Feinheiten meines Gesichtsausdrucks verdeckte, nahm ich Ms Greens Hand, schüttelte sie und sagte: »Georgia Mason. Ich gehöre zu den Bloggern, die über Senator Rymans Wahlkampf berichten.«
»Mason«, sagte Ms Green. »Die Masons, die … ?«
Ich nickte.
Sie verzog das Gesicht. »Liebe Güte. Wird das jetzt unangenehm?«
»Nicht, wenn Sie keine Lust auf eine Diskussion haben. Ich bin hier, um Reaktionen auf die Agenda des Senators einzuholen, und nicht, um meine eigene voranzutreiben. Außerdem«, ich deutete mit einer Kopfbewegung auf Carls Rücken, »bin ich nicht so eine Hardlinerin wie manch anderer. Ich vertrete nur einen klaren Standpunkt, was die Tierhaltung in der Stadt angeht, weshalb wir uns wohl darauf einigen können, dass wir uns an dem Punkt nicht einig sind, oder?«
»Klingt fair.« Sie wirkte erleichtert.
Mr Stahl lachte. »Rachel kriegt für ihre Arbeit eine Menge Schelte von der Lokalpresse«, sagte er. »Wie gefällt Ihnen die Wahlkampftour?«
»Wollen Sie damit sagen, dass Sie unsere Berichte nicht gelesen haben?« Ich fragte leichthin, aber die Antwort interessierte mich. Nur wenige Blogs erhalten von anderen Journalisten Anerkennung. Zwar gehören wir inzwischen irgendwie dazu, aber erst, wenn die traditionellen Nachrichtenmedien anfangen, unsere Beiträge ernst zu nehmen, kann man mit Fug und Recht behaupten, dass sich ein neuer Kommunikationskanal etabliert hat.
»Doch, das habe ich«, antwortete er. »Sie sind gut. Ein bisschen ungeschliffen, aber gut. Ihnen liegt etwas an den Nachrichten, und das merkt man.«
»Danke«, sagte ich und schaute zu Ms Green. »Hat Ihnen die Rede gefallen?«
»Ist er wirklich so aufrichtig, wie er rüberkommt?«
»Ich habe noch nichts entdeckt, was dagegenspricht.« Ich zuckte mit den Schultern. »Wenn man mal nicht so tut, als könnten Journalisten objektiv sein? Dann ist er ein netter Kerl. Er hat gute Ideen, und er kann sie gut präsentieren. Entweder ist er der beste Lügner, den ich jemals kennengelernt habe, oder er wird unser nächster Präsident. Nicht, dass sich das ausschließen würde, aber trotzdem.«
»Macht es Ihnen was aus, wenn ich Sie mit diesen Worten zitiere?«, fragte Mr Stahl mit jenem unvermittelten Raubtierblick, der mir vom Umgang mit meinen Kollegen nur allzu vertraut war.
Ich lächelte. »Nur zu. Aber setzen Sie bitte einen Link auf unsere Seite, wenn Sie so freundlich
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