FEED - Viruszone
ist ein Abtrünniger aus Wagmans Pressekorps. Sie zieht sich zurück, und er bringt uns alles, was er hat, vorausgesetzt, es verschafft ihm für die Dauer von Rymans Wahlkampf einen Platz bei uns.«
Shaun hob die Brauen. »Rechtefreies Material?«
»Sonst würde er wohl nicht versuchen, uns damit zu bestechen!« Ich drückte auf Speichern und stand auf, wobei ich zu der Kammer schaute, die unsere Fiktive zu ihrem Privatbüro erkoren hatte. Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit, und sie steckte den Kopf heraus. »Schick mir alle persönlichen Daten über Wagmans Pressekorps, die du findest, und gesell dich zu uns. Wir müssen ein Vorstellungsgespräch machen.«
»In Ordnung«, sagte sie und zog sich in ihre Kammer zurück. Einen Moment später signalisierte mein Computer mit einem Piepen, dass er die gewünschten Daten erhalten hatte. Eins muss man uns lassen, wir arbeiten schnell.
»Gut.« Ich schaute zu Shaun. »Finden wir heraus, ob der Kerl nur unsere Zeit verschwendet. Geh ihn holen.«
»Dein Wunsch ist mir Befehl«, sagte Shaun, drehte sich um und schloss die Tür hinter sich.
Buffy kam aus ihrer Kammer und schickte sich an, neben mir Platz zu nehmen. Sie hatte ihr Haar zu einem lockeren Pferdeschwanz gebunden und trug ein blaues Hemd, von dem ich mir ziemlich sicher war, dass es Chuck gehörte. Sie wirkte etwa so professionell wie eine durchschnittliche Fünfzehnjährige, was ideal war: Wenn dieser Kerl nicht in unserer normalen Arbeitsatmosphäre mit uns klarkam, dann sollte er besser erst gar nicht bei uns anfangen.
»Denkst du wirklich darüber nach, den Kerl einzustellen?«, fragte sie.
»Hängt davon ab, was er für uns hat und wie sein Resümee aussieht.«
Sie nickte. »Klingt fair.«
Wir konnten unser Gespräch nicht fortsetzen, da die Tür sich öffnete. Shaun betrat das Zimmer, gefolgt von dem Mann aus dem Pressezimmer. Er hatte eine versiegelte Mappe unterm Arm, die er mir zuwarf, sobald er durch die Tür war. Ich fing sie auf und hob erwartungsvoll eine Braue. Buffy straffte sich ein wenig und richtete ihre volle Aufmerksamkeit auf den Neuankömmling.
»Das ist alles«, sagte er. »Videos, Ausdrucke, Dateien. Sechs Monate bei Wagmans Konvoi, und dazu alle Einzelheiten zu den Deals, die sie bei ihrem Rückzug ausgehandelt hat. Euer Goldjunge wird heute Abend bestätigt, und zwar zum Teil aufgrund des Einflusses, den sie zu seinen Gunsten geltend gemacht hat.«
»Ich bezweifle, dass sie das Zünglein an der Waage war«, sagte ich und reichte Buffy die Mappe. »Schau die Sachen nach etwas Brauchbarem durch.«
»Wird gemacht.« Sie erhob sich, hielt inne und warf dem Neuankömmling ein einstudiertes, schalkhaftes Grinsen zu. »He, Rick. Du siehst total am Boden und verzweifelt aus.«
Der Neuankömmling – Rick – antwortete mit einem deutlich aufrichtigeren Lächeln, das sogar ein wenig erfreut wirkte. »Ah, Buffy«, sagte er. »Du hingegen siehst aus, als hättest du mal wieder die Klamotten deines Freundes an. Ich hoffe, diesmal ist er wenigstens katholisch?«
»Das geht nur mich und Gott etwas an«, sagte sie und warf ihm einen Kuss zu.
Ich schaute zu ihm und rückte meine Sonnenbrille nach unten, damit er meine Augen sehen konnte. »Daraus schließe ich, dass ihr beiden euch kennt?«
»Nein, ich nenne einfach jede komische Blondine, die mir begegnet, Buffy. Ihr glaubt nicht, wie oft ich damit richtigliege.« Er hielt ihr seine Hand hin. Buffy schnaubte sichtlich belustigt und zog sich in ihre Kammer zurück.
Darüber konnte ich sie später noch ausfragen. »Tja, du hast unsere Fiktive richtig zugeordnet, und offenbar weißt du auch, wer ich bin. Könnt ihr mich vielleicht auch auf den Stand der Dinge bringen?« Ich schüttelte ihm die Hand.
Sein Händedruck war fest, aber nicht übertrieben fest. »Richard Cousins – für meine Freunde Rick. Newsie, derzeit bin ich unabhängig, obwohl ich das zu ändern hoffe. Mein Profil ist bei Talking Points und Die ungeschminkte Wahrheit registriert.«
»Hui«, sagte ich und ließ seine Hand los. Talking Points und Die ungeschminkte Wahrheit gehören zu den größeren Blogger-Datenbanken. Jeder kann dort eine Profilseite anlegen und sie zertifizieren lassen. Trotzdem ist das Verhältnis von Information und Rauschen bei beiden erstaunlich gut, vor allem, weil sie sich auf regelmäßiger Basis selbst kontrollieren und auf Leute prüfen, die einen bestimmten Standpunkt für sich in Anspruch nehmen, faktisch aber einen anderen vertreten.
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