Feenkind
zumindest verlor sie nicht wieder das Bewusstsein, doch verlor viel Blut. Schon im Sterben musste der Viszerer sie mit seinen Krallen stark an der Schulter verletzt haben. Als Chris sich besorgt nach ihr umblickte, versuchte sie jedoch ein Lächeln. Tapferes Mädchen, dachte er mit einer plötzlichen Welle der Zärtlichkeit. Rasch wandte er sich ab. Doch sie schien es nicht bemerkt zu haben.
"Da muss noch ein sauberes Hemd sein, das könnt Ihr zerreißen. Und in der anderen Satteltasche ist ein Tiegel mit Salbe, die würde auch nicht schaden", flüsterte sie müde.
Er säuberte ihre Wunde mit Wasser und betupfte sie mit der Salbe. Anschließend legte er ihr einen Verband und eine behelfsmäßige Schlinge für ihren Arm an.
"Ihr macht das ja richtig professionell", murmelte sie.
Doch ihn konnte sie nicht täuschen, er sah, wie sich ihr Gesicht vor Schmerz verzog. "Wir müssen Euch dringend zu einem Heiler bringen."
"Einverstanden." Sie streckte ihm die Hand hin, damit er ihr beim Aufstehen helfen konnte. "Doch zuerst lasst uns von hier verschwinden. Barriere hin oder her, ich werde mich erst besser fühlen, wenn der Fluss zwischen uns und diesen Wesen liegt. Der Fluss wird sie doch aufhalten, oder?" fragte sie plötzlich ängstlich nach.
"Ich hoffe es. Ich hoffe es sehr", erwiderte Chris, während er sie in den Sattel hob. Dann schwang er sich selbst hinter ihr auf das Pferd.
"Versucht, Euch ein wenig auszuruhen", empfahl er ihr sanft.
Von seiner tröstenden Gegenwart seltsam beruhigt, lehnte Dhalia sich mit dem Rücken an seine trotz der nassen Kleidung warme Brust und schloss dankbar die Augen, während er Bruno eilig auf die Landstraße lenkte.
* * *
Eliza hatte sich gerade nach einem geeigneten Rastplatz umgesehen, als sich ihr Sephrion wieder meldete.
"Schlagt das Lager dort vorne auf", befahl sie ihren Wächtern und wies auf eine kleine Lichtung.
Während Traian und Gheorghe der Anweisung Folge leisteten, ließ sie sich selbst aus dem Sattel gleiten und setzte sich müde auf einen umgestürzten Baum. Dann nahm sie die kleine leuchtende Kugel in beide Hände und blickte hinein, direkt in Dennas aufgeregtes Gesicht.
"Es gab ein ganzes Feuerwerk magischer Aktivitäten unweit der Grenze. Wir sind also auf der richtigen Spur", informierte sie Eliza.
"Ist die Grenze versiegelt worden?"
"Ja, sobald die Viszerer sie überquert hatten."
"Und haben sie die beiden erwischt?"
"Ich nehme es an. Die Flüchtlinge hatten keine Möglichkeit zu entkommen. Die Viszerer werden bestimmt bald zu dir stoßen. Ich erwarte, dass du dich augenblicklich meldest, wenn es so weit ist." Denna musterte ihre Schülerin durchdringend. "Ist das klar?"
"Ja."
"Gut, dein Kopf steckt noch immer tief in der Schlinge, vergiss das nicht."
Wie könnte sie. "Wie lange soll die Grenze noch verschlossen bleiben?"
"Bis du die Gefangenen sicher in Gewahrsam hast. Dann wirst du sie zu uns bringen."
"Aber gewiss doch." Mit erzwungener Ergebenheit neigte Eliza den Kopf. Sie mochte es nicht, so herumkommandiert zu werden, als könnte sie nicht für sich selbst denken.
"Und du solltest dich etwas mehr beeilen. Der Herrscher wartet schon ungeduldig auf das Mädchen. Du solltest ihn nicht zu lange warten lassen", sagte Denna hochmütig, denn Elizas rebellische Stimmung war ihr nicht entgangen. "Vielleicht solltest du eure Pausen reduzieren. Du bist eine Fee, vergiss das nicht. Wir benötigen keinen Schlaf."
Eliza wusste genau, dass das nicht stimmte. Das war eins der Märchen, die den Menschen erzählt wurden - Die Dunkelfeen sind immer wachsam. Ihnen kann nichts entgehen.
Doch sie widersprach nicht. "Das mag für uns zutreffen, aber meine Begleiter sind einfache Menschen", sagte sie daher bloß.
"Korrekt, sie sind nur Menschen. Sie werden tun, was du ihnen befielst. Außerdem sind sie ersetzbar." Genau wie du, schwang es in Dennas Gedanken nach.
Eliza nickte. Sie hatte verstanden. "Wir machen uns sofort auf den Weg."
Die Kugel erlosch in ihren Händen. Wütend packte Eliza sie weg.
"Steigt auf, wir müssen weiter!" schrie sie Gheorghe und Traian an.
Sie protestierten nicht. Das taten sie in letzter Zeit nie. Ihr aller Schicksal hing vom Erfolg der Mission ab.
Als es zu dunkel wurde, um den Weg noch erkennen zu können, zauberte Eliza wieder eine Lichtsphäre herbei.
Täuschte sie sich oder war der Lichtschein tatsächlich blasser als gewöhnlich? Egal, was Denna sagte, diese rastlose Hetzjagd zehrte auch an Elizas Kräften. Hoffentlich würde bald alles
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