Feenkind
lebe wahrscheinlich nicht mehr so lange."
"Wir suchen einen See", sagte Dhalia schnell.
Lenuta warf ihr einen sarkastischen Blick zu. "Davon gibt es hier eine ganze Menge. Geht es nicht etwas genauer?"
Dhalia erinnerte sich noch genau an ihren Versuch, es Chris zu erklären, und auf seine Reaktion darauf. Daher holte sie direkt das schwere Feenbuch aus ihrem Rucksack hervor und legte es entschieden auf den Tisch. "Doch, es geht", sagte sie ruhig.
Chris warf ihr einen überraschten Blick zu. Es hatte Tage gedauert, bis sie ihm endlich verziehen hatte, als er es entdeckt hatte. Und nun ging sie ganz offen damit um.
Neugierig beugte sich Lenuta über das Buch. "Wo habt ihr das her?" fragte sie ganz atemlos.
"Ich habe es in einer Höhle gefunden."
"So, so, gefunden hast du es." Lenuta musterte Dhalia so intensiv, als hätte sie sie noch nie zuvor gesehen. "Mitgenommen hast du es, aber kannst du es auch lesen, Kind?" Obwohl die alte Frau sich wieder über das Buch gebeugt hatte, behielt sie aus dem Augenwinkel Dhalia noch immer fest im Auge.
"Nein." Dhalia schüttelte bedauernd den Kopf. "Könnt Ihr es etwa?" fragte sie plötzlich, als ihr auffiel, dass Lenutas Augen den fremdartigen Zeichen Zeile für Zeile folgten.
"Von Können kann keine Rede sein. Doch ich weiß, was manche Zeichen bedeuten."
"Könnt Ihr sie mich lehren?" schoss es aus Dhalias Mund hervor, bevor sie sich bremsen konnte. Ihre Augen glänzten vor Aufregung, was ihr wieder einen eigenartigen Blick von der alten Frau einbrachte.
"Für jemanden, der so jung ist, interessierst du dich ziemlich stark für das Alte Volk."
"Na und, ist das etwa verboten?" brauste Dhalia trotzig auf.
Die alte Frau gluckste amüsiert. "Das ist es in der Tat."
"Das ist jetzt aber nebensächlich", brachte Chris die beiden Frauen auf das eigentliche Thema zurück. "Zeigt Ihr doch mal die Lupe, Dhalia."
Gehorsam reichte Dhalia Lenuta den kleinen Gegenstand.
"Was soll ich damit?" fragte diese verwundert.
"Halte sie über das Buch und du wirst schon sehen", antwortete Chris so stolz, als hätte er diese Lupe persönlich erfunden.
"Äußerst interessant", murmelte Lenuta, als sie die Bilder beobachtete. Während sie zusah, zogen sich ihre Augenbrauen immer stärker zusammen. Schließlich schaute sie hoch und musterte finster ihre jungen Besucher. "Was habt ihr an diesem See zu suchen?" fragte sie streng.
"Feenschätze, natürlich", antwortete Chris überrascht.
Nach einem schnellen Blick auf Dhalia schaute die alte Frau Chris so mitleidig an, als würde sie an seinem Verstand zweifeln.
"Was denn?" fragte er verdattert.
Es ging sie eigentlich nichts an. "Feenschätze könntet ihr dort finden, doch auch so manches andere, wonach ihr nicht sucht", sagte sie daher nur.
"Ihr wisst also, wo dieser Ort liegt?" fragte Dhalia aufgeregt.
"Ja, ich habe ihn schon einmal gesehen."
"Liegt er hier, im Land der Seen?" fragte Chris.
"Nein." Lenuta schüttelte den Kopf. "Dieser See liegt weiter im Norden." Sie deutete mit ihrem langen Finger auf einen leeren Fleck auf der ausgebreiteten Karte. "Ungefähr hier."
"Wieso ist er nicht eingezeichnet?"
"Es ist ein sehr magischer Ort", erwiderte sie, als wäre damit alles gesagt.
"Ich verstehe", nickte Chris grimmig. Es war nicht besonders gesund für einen, Feenorte auf Karten einzuzeichnen.
Dhalia hörte den beiden nicht länger zu. Sie hatte einen Zeigefinger auf dem Punkt, den Lenuta vorhin gezeigt hatte, und den anderen auf einem auf der Karte eingezeichneten Vulkan im Dunaíi-Gebirge. Den Punkt bei Marterim konnte sie nicht erreichen, doch sie versuchte, die Entfernungen mit ihren Augen abzugleichen. Erfreut stellte sie fest, dass es ungefähr hinkam.
Lenuta, der ihr Verhalten nicht entging, zog die geraden Augenbrauen noch weiter zusammen. Eine einfache Schatzjägerin war die Kleine definitiv nicht, ganz gleich, was sie Chris erzählen mochte. Und falls sie tatsächlich das vorhatte, was Lenuta befürchtete, sollte Chris lieber nicht in ihrer Nähe sein, wenn sie es versuchte. "Nun, da ihr euren See gefunden habt, wird es Zeit fürs Abendessen", sagte sie energisch und begann, die Karte zusammenzurollen.
Unwillkürlich fuhr Dhalias Hand aus, um das Pergament festzuhalten.
"Keine Angst, morgen fertige ich euch beiden eine Kopie an. Zwar nicht ganz so schön, dafür aber handlicher."
Gehorsam zog Dhalia ihre Hand zurück und half der alten Frau, die restlichen Karten vom Tisch abzuräumen.
Lenuta öffnete einen Schrank und reichte Dhalia Geschirr für das
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