Feenkind
eine Spur breiter. "Ihr könnt sie gut gebrauchen. Aber passt gut auf, es ist mein einziges Stück."
Er verbeugte sich scherzhaft und ging davon.
Während sie auf ihn wartete, ging Dhalia die Ereignisse der letzten Tage noch einmal in ihren Gedanken durch. Sie waren schön gewesen, doch sie haben sie auch dazu gebracht, einer äußerst unangenehmen Wahrheit ins Gesicht zu schauen.
Chris mochte sie, das war offensichtlich, auch wenn er sie manchmal auf die Palme brachte. Und sie mochte ihn auch. Seine Freundschaft bedeutete ihr viel. Daher durfte sie nicht zulassen, dass er zärtlichere Gefühle für sie entwickelte. Sie hatte gewiss nicht viel Erfahrung mit Männern und Chris ähnelte niemandem, den sie zuvor getroffen hatte. Doch selbst sie erkannte, dass er in Gefahr war, sich in sie zu verlieben. Und das durfte niemals sein. Denn dann würde sie ehrlich zu ihm sein müssen, das gebot ihr die Ehre. Und sie befürchtete, dass dies das Ende für ihre Freundschaft bedeuten würde. Er würde bestimmt nichts mehr mit ihr zu tun haben wollen, wenn er jemals ihr Geheimnis erfuhr. Es musste ihr also irgendwie gelingen, ihn auf Abstand zu halten, ohne ihn jedoch völlig wegzustoßen, wenn sie ihn als Freund nicht verlieren wollte.
In ihre Gedanken versunken, bemerkte Dhalia gar nicht, wie die Zeit verging. Irgendwann fiel ihr jedoch auf, dass Chris schon sehr lange fort war. Ihm würde doch nichts zugestoßen sein? Am besten, sie sah mal nach ihm. Sie erhob sich entschlossen und lief zum See hinunter.
Unruhig ließ sie ihren Blick über das kleine Gewässer schweifen und atmete erleichtert auf, als sie ihn direkt auf sich zu schwimmen sah. Sobald er das seichtere Wasser in Ufernähe erreicht hatte, richtete er sich auf, so dass seine Schultern und die Brust aus dem Wasser ragten. Fasziniert beobachtete sie das Muskelspiel unter seiner nassen, im Mondlicht silbrig glänzenden Haut. Dhalia schluckte.
Gerade, als sie sich abwenden wollte, schaute Chris hoch und ihre Blicke trafen sich für einen Augenblick. Sie bemerkte, wie seine Augen sich vor Überraschung weiteten, dann erschien ein amüsierter Zug um seinen Mund. "Ich dachte, Ihr wolltet nicht zuschauen", bemerkte er spöttisch.
Dhalia merkte, wie sie errötete, riss sich jedoch zusammen. "Ich wollte lediglich nachsehen, ob Ihr nicht schon ertrunken seid", antwortete sie so kühl wie möglich.
"Danke für die Fürsorge." Er neigte leicht den Kopf. "Wie Ihr seht, geht es mir gut. Ich komme jetzt übrigens raus. Also dreht Euch bitte entweder um oder schmeißt mir meine Hose herüber." Er deutete lässig auf das Kleiderbündel, das neben ihr auf dem Boden lag.
Ihr Blick wanderte zu seiner Hose und sie spürte, wie sie bei dem Gedanken, dass er ihr tatsächlich nackt gegenüberstand, noch tiefer errötete. Verlegen senkte sie den Kopf und wandte sich zum Gehen. Dabei verfing sich ihr Fuß in einem langen Grasbüschel und sie hatte Mühe, das Gleichgewicht zu halten. Instinktiv machte Chris eine Bewegung auf sie zu.
"Bleibt stehen!" schrie sie ihm entgegen und hielt sich ihre Hand in Augenhöhe.
Lässig folgte er ihrer Aufforderung.
Es verwirrte sie, dass er sich überhaupt nicht zu genieren schien, obwohl er nun fast bis zu den Hüften entblößt war. Es ärgerte sie, dass er die Situation sogar noch zu genießen schien, jedenfalls wich das amüsierte Lächeln nicht von seinen Lippen.
Um ihre Verlegenheit zu überspielen, strich Dhalia sich die Haare aus der Stirn. Dann nahm sie ihren Rest von Würde zusammen, sah ihn jedoch nicht an. "Ich denke, Ihr kommt jetzt ganz gut allein zurecht. Ich gehe dann mal." Sie drehte sich um und lief eilig davon.
Als Chris zum Lager kam, lag sie bereits unter ihrer Decke. Er war sich sicher, dass sie sich nur schlafend stellte, doch er beschloss, sie nicht weiter zu triezen.
Ihm war noch nie eine Frau begegnet, die sein Anblick so sehr in Verlegenheit gebracht hätte. Doch Dhalia war ja auch nicht wie die Frauen, mit denen er bisher verkehrt hatte. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass sie vermutlich noch nie einen nackten Mann gesehen hatte. Er wusste nicht recht, ob er bei diesem Gedanken amüsiert, schockiert oder erleichtert sein sollte.
Er machte es sich auf der ihr gegenüberliegenden Seite des Feuers bequem und kuschelte sich in seine Decke. Nachdenklich betrachtete er ihre eingemummte Gestalt. Sie war so unschuldig, so unwissend, so naiv. Mit seiner Erfahrung, seinem Wissen und seiner Menschenkenntnis sollte er ihr auf vielerlei Arten
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