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Feenkind

Feenkind

Titel: Feenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Zeißler
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aus dem Wasser zog, das sich bald als ein kleines Netz entpuppte, in dem mehrere Fische und kleine Krebse zappelten. Vor sich hin murmelnd begann Tukrol, seine Beute mit einem kleinen scharfen Messer auszunehmen. Er blickte nur kurz auf, um Chris einige Worte in seiner Sprache zuzurufen.
"Was hat er gesagt?" fragte Dhalia leise, als Chris sich erhob.
"Er sagte, ich soll Feuerholz sammeln."
"Ich helfe dir", sagte sie und wollte sich ebenfalls erheben.
"Nein", sagte Chris mit einem gezwungenen Lächeln. "Du musst deine Rolle wahren, Sorcera. Dein Diener", er deutete eine ironische Verbeugung an, "wird sich schon um alles kümmern."
Dhalia grinste schelmisch. "Das hast du nun davon, dass du Geschichten erfindest, deren Ende du nicht kennst", erwiderte sie belehrend. "Du darfst dich jetzt entfernen", sie machte eine hoheitsvolle Geste mit der Hand.
Chris' Lächeln ging in eine Grimasse über. "Treib's nicht zu weit", brummte er, entfernte sich jedoch gehorsam, um Feuerholz zu holen.

Tukrol schien Dhalias Anwesenheit völlig vergessen zu haben. Geschäftig beugte er sich immer wieder über den Kochtopf, in dem sein Fang zusammen mit irgendwelchen Knollen und Kräutern, die er auf der Insel gefunden hatte, fröhlich kochte. Erst als das Ergebnis seiner Mühe scheinbar zufrieden stellend war, schöpfte er etwas davon in eine Schale, die er unterwürfig Dhalia reichte.
Obwohl ihr Magen grummelte und der Duft des Eintopfs ihr äußerst verlockend in die Nase stieg, wartete sie ab, bis Tukrol auch Chris und sich selbst versorgt hatte und er selbst sein Essen herzhaft zu löffeln begann. Immerhin konnte sie nicht wissen, ob die Angst ihres Führers vor den magischen Wesen so groß war, dass er es für sicherer befand, sich aus ihrer Gegenwart zu befreien, indem er sie beispielsweise vergiftete. Auch so konnte sie natürlich nicht völlig sicher sein, doch der Eintopf schmeckte so lecker, dass sie beschloss, dieses Risiko einzugehen. Sollte sie sterben, so würde das zumindest satt und glücklich geschehen. Doch außer der angenehmen Wärme, die eine heiße Mahlzeit an einem kühlen Abend im ganzen Körper erschaffte, spürte Dhalia nichts weiter, als sie sich in ihre Decke wickelte und auf einem kleinen Haufen erster von den Bäumen gefallener Blätter ausstreckte.
Chris bot an, die Wache zu übernehmen, und obwohl sie es nicht für erforderlich hielt, widersprach sie ihm nicht. Sie hatte den Blick, mit dem er ihren Feenstaub angesehen hatte, nicht vergessen. Sie seufzte und drehte sich auf die Seite. Sie hoffte sehr, dass er die richtige Entscheidung traf.

Chris saß auf einem flachen Stein und starrte nachdenklich auf den stillen See. Neben sich hörte er Dhalias leise Atemgeräusche und Tukrols tiefes Schnarchen. Langsam wandte er den Kopf und schaute die junge Frau an - ihr Gesicht lag im Schatten, doch auf ihren Hals, direkt in der Kuhle zwischen ihren leicht geschwungenen Schlüsselbeinen, schien ein silberner Mondstrahl. Chris sah das Blut in der blauen Ader unter der zarten, dünnen Haut an ihrem Hals pulsieren, den sie ungeschützt der Welt entgegenstreckte. Es erstaunte ihn immer wieder aufs Neue, wie sie, nach allem, was sie erlebt hatte, noch so voller Vertrauen in die Welt sein konnte, dass sie sich im Schlaf so völlig entspannte. Er selbst hatte sich schon vor langer Zeit angewöhnt, selbst im Schlaf so wenig Angriffsfläche wie möglich zu bieten, sich zusammenzukauern, geschützt und sprungbereit. Er musste den Impuls unterdrücken, ihr die Decke höher um die Schultern zu ziehen, um zumindest den Anschein völliger Schutzlosigkeit, der ihre schlafende Gestalt wie der Schimmer des Mondscheins umgab, zu vertreiben.
Sein Blick wanderte weiter. Er sah ihren Rucksack und die Satteltaschen nachlässig einige Schritte von ihr entfernt an einen Baum lehnen. Er brauchte nur seine Hand auszustrecken und der darin verborgene Schatz würde ihm gehören. Er wusste gar nicht, wann sie aufgehört hatte, ihren Besitz dicht bei sich zu halten - als Kopfstütze oder dicht an ihrem Körper unter der Decke - wann sie angefangen hatte, ihm wirklich zu vertrauen. Er brauchte nur die Hand auszustrecken und im Schutz der Dunkelheit mit dem Boot zu verschwinden - und er wäre ein reicher Mann. Er brauchte nur die Hand auszustrecken, um ein Leben der Unsicherheit und der Gefahr hinter sich zu lassen. Nur die Hand ausstrecken, um ... Um ihr Vertrauen für immer zu verlieren. Denn das und nichts weiter drückte sie aus - Vertrauen. Der

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