Feenkind
aufmerksam dessen Nähte. Dann nahm sie ihr Messer zur Hand und machte entschieden einige kurze Einschnitte.
"Das war mein letztes anständiges Hemd", sagte Chris, während er bedauernd zusah, wie Dhalia es geschickt in mehrere Bahnen riss.
"Und deine Rippen werden noch eine ganze Zeit Freude daran haben", versprach sie ihm. "Arme zur Seite", forderte sie ihn auf und begann damit, ihm den Verband anzulegen.
"Wieso hast du das Krokodil nicht ganz getötet?" kehrte er zu der ihn interessierenden Frage zurück.
"Keine Ahnung", erwiderte Dhalia. Sie befestigte das lose Ende des Verbandes und trat einen Schritt zurück, um ihr Werk zu begutachten. "Wie fühlst du dich damit?" fragte sie Chris.
Er bewegte seinen Oberkörper versuchsweise ein wenig nach rechts und links und streckte die Arme. "Ein wenig beengt, aber ich schätze, ganz akzeptabel, danke."
"Gut." Dhalia nickte und setzte sich erschöpft ans Feuer. Sie wusste, dass sie Chris die Ereignisse irgendwie erklären musste, aber wie? Sie wusste ja selbst nicht, was geschehen war.
Chris verharrte unschlüssig, da er nicht wusste, ob sie nun mit ihm sprechen oder sich wieder abkapseln wollte. Doch als sie, ohne ihn anzusehen, einladend auf die Erde neben sich klopfte, ließ er sich neben ihr am Feuer nieder.
"Ich weiß selbst kaum, was passiert ist", sagte sie langsam. "Ich weiß nur, dass ich völlig in Panik geriet, dann schossen plötzlich einige grelle Kugeln auf das Krokodil zu und auf einmal kippte es zur Seite."
"Diese Kugeln hast du abgefeuert", vervollständigte Chris ihre Erzählung.
"Ich weiß." Dhalia warf ihm einen unsicheren Seitenblick zu.
"Ich dachte bisher, du seiest immun gegen Magie. Doch ich habe mich geirrt!" Aufgeregt sah Chris sie an, hielt dann jedoch verwirrt inne. Offensichtlich wusste auch er nicht, welche Schlüsse sich aus dieser Entdeckung ziehen ließen. "Ich dachte, nur die Dunkelfeen könnten so etwas. Ist dir klar, was das bedeutet?!"
"Das ist nicht wahr!" unterbrach ihn Dhalia rasch, bevor seine Gedanken mit einer wilden Idee davon galoppierten. "Du hast von einer Schleuder gesprochen. Damit würde es doch auch gehen."
"Du hast aber keine Schleuder benutzt, oder? Die Kugeln kamen direkt aus deiner Hand."
Dhalia nickte. Dann, bevor Chris noch etwas hinzufügen konnte, fiel ihr etwas ein. Rasch zog sie das silberne Blatt, das an einer Lederschnur um ihren Hals hing, hervor. "Vielleicht liegt es ja daran", sagte sie, erleichtert darüber, eine einleuchtende Erklärung gefunden zu haben.
"Was ist das?" fragte Chris. Er streckte die Hand danach aus und Dhalia reichte es ihm, damit er es genauer betrachten konnte. "Eliza hat genau so eins um ihren Hals", stellte er nachdenklich fest. "Ich habe es mehrmals gesehen. Weißt du, was das ist?" wandte er sich wieder an Dhalia.
"Nicht genau", sie schüttelte bedauernd den Kopf. "Es ist schon lange im Besitz meiner Familie. Mein Vater nannte es einst ein Unterpfand der Freundschaft der Feen." Aufgeregt blickte sie zu ihm herüber. "Was ist, wenn das tatsächlich ihr Geheimnis ist? Wenn jede Dunkelfee so ein Amulett hat und daraus ihre Macht bezieht?"
"Du meinst, wenn wir es ihnen abnehmen könnten, wären wir genauso mächtig wie sie?" lächelte Chris.
Dhalia nickte eifrig.
"Wäre möglich", stimmte Chris ihr zu. "Dann könnten wir uns endlich von ihrer Herrschaft befreien", spann er weiter. "Vorausgesetzt natürlich, wir wüssten, wie man diese Macht steuert. Kannst du sie denn steuern?" fragte er sie.
"Ich glaube nicht."
"Versuch es doch mal. Streck deine Hand aus und konzentriere dich darauf, eine Energiekugel zu erschaffen."
Neugierig hielt Dhalia sich ihre offene Handfläche vors Gesicht und konzentrierte sich. Nach kurzer Zeit begann ihre Handfläche vor Anstrengung zu kribbeln, ohne dass es ein sichtbares Ergebnis gab, kein Leuchten, nicht einmal ein Funke war zu sehen. Schließlich ließ sie ihre Hand lachend sinken.
"Vermutlich stören eine dicke Schicht Salbe und mehrere Lagen Verbandsstoff den Fluss meiner magischen Energie. Vielleicht ist die Magie aber auch schon schlafen gegangen", murmelte sie. "Was übrigens eine ausgezeichnete Idee ist, gute Nacht, Chris." Sie erhob sich und holte ihre Decke, um es sich für die Nacht gemütlich zu machen.
Am nächsten Morgen waren weder Dhalia noch Chris dazu in der Lage, viel auszurichten. Daher überließen sie ihr kleines Boot der Strömung, die es glücklicherweise zügig und sicher in der richtigen Richtung voranbrachte. Und so ließen sie
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