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Feenkind

Feenkind

Titel: Feenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Zeißler
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weisen Augen beobachtet. Jetzt hatte es scheinbar entschieden, dass sie bereit war, den Ort zu verlassen. Es nickte ihr noch auffordernd zu und kam ganz nahe an sie heran.
Dhalia folgte zögernd der stummen Einladung und schwang sich auf den Rücken des Wesens. Sofort setzte es sich in Bewegung, Es schien keine Schwierigkeiten damit zu haben, einen sicheren Weg durch den Sumpf zu finden.
Das Mädchen konnte nicht sagen, wie lange ihr merkwürdiger Führer sie durch den Wald getragen hatte. Nur, dass er irgendwann stehen blieb und mit dem Kopf in eine Richtung wies. Zwischen den Bäumen konnte sie vereinzelte Lichter erkennen, die von einer menschlichen Siedlung stammen konnten. Das Einhorn wartete, bis sie von seinem Rücken geglitten war, dann streckte es ein langes, ebenholzschwarzes Bein nach vorn und neigte den Kopf in einer anmutigen Verbeugung.
Unsicher verbeugte Dhalia sich ebenfalls. Daraufhin wandte ihr Beschützer sich ab und galoppierte zurück in die Tiefe des Waldes. Innerhalb weniger Augenblicke war sein nachtschwarzer Körper in der Finsternis verschwunden. Die junge Frau war wieder völlig allein.
Sehnsüchtig blickte sie zu den Lichtern herüber. Doch ihr Verstand war nun wieder klar und so entschied sie, den Rest der Nacht an Ort und Stelle zu rasten und am nächsten Morgen zu erkunden, ob sich hinter den Lichtern Freund oder Feind verbarg.
Gern hätte sie ein kleines Feuer angezündet, um sich selbst warm und die Tiere fernzuhalten. Aber ihr Feuerstein war zusammen mit ihrer Decken und all ihren übrigen Sachen bei Bruno geblieben, der nun allein irgendwo in der Tiefe des Dornop umherirrte. Doch sie war zu müde, um sich darüber Gedanken zu machen. Da sie sich kaum noch auf den Beinen halten konnte, rollte sie sich im Vertrauen auf die Guten Geister einfach unter einem Baum zu einer kleinen Kugel zusammen. Trotz der Kälte und des harten Bodens war sie innerhalb weniger Augenblicke eingeschlafen.
Sie träumte von Irrlichtern, die mit ihr durch den Wald tanzten und mit ihren hellen Stimmen sangen, und von Einhörnern, die ihr tief in die Augen sahen, ihr mit menschlicher Stimme ihre Zukunft weissagten und ganze Scharen von Irrlichtern verschlangen.

Als sie aufwachte, stand sie noch so sehr unter dem Eindruck ihrer Träume, dass sie nicht zu sagen vermochte, ob sie die Ereignisse der letzten Nacht nur geträumt oder tatsächlich erlebt hatte. Schläfrig machte sie die Augen auf und schloss sie sogleich wieder, weil ihr ein verspielter Sonnenstrahl direkt ins Gesicht schien. Sie drehte sich zur Seite und bedeckte ihre Augen mit einem Unterarm. Dabei bohrte sich ein Ast schmerzhaft in ihre Seite. Sie schrie verärgert auf und rieb sich die Stelle. Ein lautes Schnauben antwortete ihr. Sie blickte auf und sah Bruno nur einige Schritte von ihr entfernt grasen.
Ich habe also tatsächlich alles nur geträumt, dachte Dhalia erleichtert. Sie hatte weder ihr Pferd noch ihre Sachen verloren, also waren die anderen Geschehnisse der vergangen Nacht ebenfalls nur ihrer Einbildungskraft entsprungen. Sie richtete sich langsam auf. Die Sonne stand hoch am Himmel. Sie hatte sehr lange geschlafen.
Beim Aufstehen wollte sie sich den Staub von der Kleidung klopfen, doch zu ihrem Schreck erkannte die junge Frau, dass dies nichts bringen würde - sie war von den Schultern bis zu den Füßen mit einer dicken Schicht nun trockenen, braungrünen Schlamms bedeckt. Das Einhorn, die Irrlichter - sie waren also real gewesen!
Nicht zu fassen, dass sie sich immer lustig über die Menschen gemacht hatte, die aus Angst vor Irrlichtern nicht in den Wald gehen wollten. Und nun war sie selbst in die altbekannte Falle getappt. Wieso nur war sie so hilflos gewesen? Wieso hatte sie die ihr drohende Gefahr nicht erkannt? War es etwa Magie, die die Irrlichter benutzten? Sie erinnerte sich daran, was Kalla ihr in der Bibliothek erzählt hatte - dass die Feen Irrlichter geschaffen hatten, um Menschen von ihren Wäldern fernzuhalten. Ob es wohl noch Feen im Dornop-Wald gab?
Und dann das Einhorn. Sie hatte noch nie von schwarzen Einhörnern gehört. Wie unheimlich doch das Horn gewirkt hatte, als wäre es in Blut getränkt. Trotz des Dienstes, den das Wesen ihr in der Nacht erwiesen hatte, schauderte Dhalia unwillkürlich. Sie hätte nichts dagegen, weder den Irrlichtern noch einem Einhorn jemals wieder zu begegnen.
Mit diesen Gedanken beschäftigt, griff sie nach ihrer Satteltasche und suchte sich saubere Kleidung heraus. So, wie sie jetzt

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