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Feenkind

Feenkind

Titel: Feenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Zeißler
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erscheinende Richtung ein.

Stunden später hatte Dhalia das Gefühl, als wäre sie bereits seit Tagen in dem finsteren, eintönigen, menschenleeren Wald unterwegs und als wäre sie dazu verdammt, auf ewig darin weiterzuirren, ohne jemals einen Weg heraus zu finden. So weit konnte es bis Marterim doch gar nicht mehr sein. Gewiss müsste sich der Wald schon sehr bald lichten.
Plötzlich fiel ihr Blick auf einen großen Ameisenhügel. Sie stockte, dann beschleunigte sie ihre Schritte, bis sie direkt davor stand. Es war kein Zweifel möglich. Sie war bereits hier gewesen, vor einer ganzen Ewigkeit, wie es ihr erschien. In der feuchten Erde des Waldbodens konnte sie deutlich ihren eigenen Fußabdruck erkennen. Sie war im Kreis gelaufen.
Frustriert ließ die junge Frau sich auf einen morschen Baumstumpf in der Nähe des Ameisenhügels fallen und fuhr sich erschöpft mit den Händen über das schmutzige Gesicht. Einige Zeit blieb sie einfach reglos, fast teilnahmslos sitzen, während die ersten mutigen Ameisen den Weg in ihre Hosenbeine fanden und über die nackte Haut darunter zu krabbeln begannen.
Ein schmerzhafter Ameisenbiss riss sie schließlich aus ihrer Erstarrung. Sie sprang auf, trampelte hektisch mit den Füßen und klopfte mit den Handflächen gegen ihre Beine, um die kleinen beißenden Insekten abzuschütteln. Dann blieb sie schwer atmend stehen. Allein diese kleine Anstrengung schien ihre Kraft beinahe überstiegen zu haben. Sie fühlte sich unsagbar müde. Es war fast so, als würde der Wald selbst ihr ihre Kraft aussaugen, je weiter sie in seine Tiefen vordrang. Auf einmal stieg Panik in ihr auf, als ihr klar wurde, dass sie weit und breit der einzige Mensch war und dass sie sich nun endgültig verirrt hatte.
Niemand würde ihr zu Hilfe kommen. Sie musste ganz allein den Weg aus diesem verfluchten Wald finden. Nicht, dass es jemandem auffallen würde, wenn sie nie wieder heraus kam.
Mutlosigkeit machte sich in Dhalia breit, als sie sich in dem immer dunkler werdenden Wald umsah.
Was habe ich mir nur dabei gedacht, hier hinein zu gehen? fragte sie sich zum wiederholten Mal.
Doch wie immer trieb ihre innere Stimme sie weiter. Sie hatte nur eine Wahl - aufgeben oder Marterim suchen. Weit konnte die Stadt nicht mehr sein.
Entschlossen richtete die junge Frau sich auf, straffte ihre Schultern und blickte auf die zwischen den Ästen der Bäume sichtbaren Fleckchen grau bewölkten Himmels. Das Tageslicht schwand zusehends. Sie rief sich alles in Erinnerung, was sie jemals über das Leben im Wald gelernt hatte - auf welcher Seite eines Baumstumpfes das Moos wuchs und was man aus der Form der Büsche über die vier Himmelsrichtungen ableiten konnte - und ging entschieden los.
Nach mehreren weiteren Stunden war ihr anfangs noch entschlossener Gang einem Stolpern gewichen. Ihr Gesicht und ihre Arme waren zerkratzt und ihr Reiseumhang an mehreren Stellen gerissen. Nur von ihrer Willenskraft aufrecht gehalten, zerrte sie den unwilligen Bruno hinter sich her.
Mitternacht war schon längst vorüber. Die Morgendämmerung war bestimmt nicht mehr fern. Sie war zum Umfallen müde. Doch aus irgendeinem Grund widerstrebte es ihr zutiefst, ein Lager aufzuschlagen. Selbst durch den Schleier ihrer Erschöpfung fühlte das Mädchen, dass es unklug wäre, sich dem Wald im Schlaf schutzlos auszuliefern. Es konnte nicht mehr weit sein.
Ihr rechter Fuß verfing sich im Gestrüpp. Dhalia fiel der Länge nach hin und schlug sich schmerzhaft das Knie an einer Wurzel. Reglos blieb sie liegen. Ich muss aufstehen, ich muss weitergehen, sagte ihr Verstand im Takt zu dem Pochen in ihrem Bein.
Sie sah sich aufstehen und sich mühsam weiterschleppen, als ihr plötzlich bewusst wurde, dass sie noch immer mit dem Gesicht nach unten auf dem Waldboden lag. Sie riss sich zusammen und rappelte sich langsam auf. Es nützte nichts. Sie musste einen Lagerplatz suchen, wenn sie nicht vor Erschöpfung umfallen wollte. Ihre Angst vor dem Wald war durch den Schleier ihrer Müdigkeit betäubt worden.

Eine Windböe fegte plötzlich durch den Wald. Die alten Bäume knarrten, die Blätter raschelten aufgeregt. Oh nein, bloß kein Sturm! fuhr es Dhalia durch den Kopf. Das war das Letzte, was ihr jetzt noch gefehlt hatte.
Plötzlich sah sie aus dem Augenwinkel einen Lichtschimmer zwischen den Bäumen zu ihrer Linken aufflackern. Ohne den Wind, der die Äste auseinander gebogen hatte, hätte sie ihn vielleicht niemals entdeckt. Es lag weit abseits der Richtung, in

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