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Feenkind

Feenkind

Titel: Feenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Zeißler
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musste, schmerzte sie tief. Kein Mensch könnte jemals die großen Erwartungen erfüllen, die er in sie setzte. Doch sie verdrängte diese Gedanken, vielleicht würde es ja gar nicht dazu kommen. Vielleicht war die Prophezeiung nichts weiter als ein Lichtreflex in einem kleinen Spiegel gewesen. Es war müßig, jetzt darüber nachzudenken.
"Du hast mir immer noch nicht gesagt, was wir mit den Dunkelfeen zu tun haben", wandte sie sich wieder an ihren Vater.
"Nicht die Dunkelfeen, Dhalia, andere."
"Es gibt noch andere Feen? Ich habe nie von ihnen gehört."
"Vor langer Zeit gab es welche, die den Menschen wohl gesinnt waren. Sie schenkten unseren Vorfahren dieses besondere Pfand der Freundschaft."
"Und wo sind sie jetzt?"
Ihr Vater zuckte mit den Achseln. "Ich weiß es nicht. Sie scheinen sich aus unserer Welt zurückgezogen zu haben. Doch dies", er deutete auf das Blatt, das sie noch immer in ihren Händen hielt, "ist ein Beweis dafür, dass es sie gibt."
"Und wie soll mir das jetzt weiterhelfen?"
"Ich weiß es nicht. Doch du wirst wissen, was zu tun ist, wenn es soweit ist. Denn du bist die Auserwählte, und das ist alles, was zählt. In einer Woche wirst du achtzehn und dann werden wir weitersehen."
Na toll, dachte Dhalia, sie waren wieder am Ausgangspunkt ihres Gesprächs angelangt. Laut sagte sie jedoch nur: "Wir sollten jetzt reingehen. Wenn wir das Essen kalt werden lassen, wird Mutter schimpfen. Und ich weiß ja nicht, wie es dir so geht, doch ich finde, der Zorn der Dunkelfeen ist nichts dagegen."

    * * *

Noch bevor Dhalia am Morgen ihre Augen aufmachte, wusste sie, was es für ein Tag war - ihr achtzehnter Geburtstag. Der Tag, den sie schon seit so vielen Jahren mal voller Vorfreude und mal voller Angst erwartet hatte.
Was wäre, wenn heute nichts geschah? Wenn ihre Eltern sich geirrt hatten. Dann wäre sie nichts Besonderes, sie wäre nicht zu einem großartigen Schicksal bestimmt.
Sie würde ihre Eltern so sehr enttäuschen. Das wäre wahrscheinlich das Schlimmste an der ganzen Sache. Für ihre Eltern war alles immer völlig klar gewesen. Ihr Weg würde sich ihr offenbaren und sie würde in die Welt hinausziehen und irgendwelche Heldentaten vollbringen.
Für sie selbst war das noch nie so einfach gewesen. Obwohl sie schon ihr ganzes Leben lang Zeit hatte, sich auf diesen Tag vorzubereiten, war sie sich noch immer nicht sicher, was sie sich eigentlich wünschte. Sie wollte gar nicht fort von Zuhause. Gewiss, es wäre spannend, mal Abenteuer zu erleben und etwas Bedeutendes zu leisten. Doch sie wusste auch, dass es nicht so einfach sein würde, wie in den Liedern, die die Barden sangen.
Nun ja, was auch immer geschah, einen Trost hatte sie immerhin - wenn es sein sollte, wenn sie tatsächlich die Auserwählte war, dann würde sie auch wissen, was zu tun war, sobald die Zeit dafür kam. Und wenn nicht, würde sie zwar nicht in der Lage sein, etwas zu bewirken, aber es würde dann auch nicht von ihr erwartet. So oder so, der nun angebrochene Tag würde es schon zeigen.
Sie öffnete die Augen. Es war Zeit, sich dem Tag zu stellen. Dhalia setzte sich auf und suchte mit ihren nackten Füßen nach ihren Pantoffeln, dann ging sie zum Spiegel und betrachtete aufmerksam ihr Gesicht. Es hatte sich nicht verändert. Sie ging einen Schritt zurück, um ihre ganze Gestalt betrachten zu können. Ihr Zopf, den sie sich für die Nacht geflochten hatte, war ganz zerzaust, sie musste ziemlich wirr geträumt haben, auch wenn sie sich an rein gar nichts erinnern konnte.
Ihr Nachthemd fiel in weichen Falten bis auf den Boden. Sie hob den Saum bis zu den Knien an, danach besah sie sich ihre Arme. Es war definitiv alles beim Alten. Sie seufzte tief. Es war also keine körperliche Veränderung, die ihr bevor stand. Nun, das hatte sie auch nicht ernsthaft erwartet, sie hatte nur ganz sicher gehen wollen. Sie griff nach dem Wasserkrug und goss etwas Wasser in die Waschschüssel. Doch anstatt ihr Gesicht zu waschen, stützte sie ihre Arme an dem Toilettentisch ab, schloss die Augen und versuchte, ganz tief in sich hinein zu horchen.
In dieser Pose fand sie dann auch Sylvia, ihr Kammermädchen, als sie hineinkam, um Dhalia beim Ankleiden zu helfen.
"Herrin, du hast dich ja noch nicht einmal gewaschen. Deine Eltern warten schon unten auf dich."
"Wie?" Dhalia schreckte aus ihren Gedanken hoch. "Ach, du bist es. Guten Morgen, Sylvia."
"Was schaust du denn so bekümmert drein? Es ist dein Geburtstag, da musst du doch zumindest lächeln."

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