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Feenland

Feenland

Titel: Feenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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Ernst des stark
Betrunkenen, »und ich bin keiner einzigen Fee begegnet. In
Tirana, da gab es ein paar Puppen. In den Touristen-Hotels. Zum
Vergnügen der Geschäftsleute, Sie verstehen. Diese Art
eben. Aber letztes Jahr, als die neue Regierung an die Macht kam, da
trieben sie alle Huren zusammen und erschossen sie. Das ist ein
Punkt, in dem wir Griechen uns mit den Moslems einig sind. Feen und
Puppen sind ein echter Gottesfrevel. Diese Feen, die nun bei uns
sind, kommen aus anderen Ländern. Aber nehmen Sie nur Ihre
Freundin Mistress Powell! Sie begreift einfach nicht, daß wir
das Problem auf unsere Weise lösen müssen.«
    Alex hat in die Kerzenflamme gestarrt. Etwas scheint darin zu
leben und den kühlen Lichtkern zu verzehren, klein und
schlangenhaft, um den brennenden Docht gewickelt. Er hat sich in den
letzten paar Tagen zu lange im Network rumgetrieben, auf der Suche
nach Milenas Spuren, hat Kontakt zu seinen Verbündeten
draußen im Web aufgenommen. Hypnogogische Visionen
überfallen ihn, wenn er müde ist.
    »Mistress Powell ist nicht meine Freundin«, widerspricht
er milde. »Sie glaubt zwar an die richtigen Dinge – aber
leider aus den falschen Gründen.«
    Mister Avramites zuckt die Achseln. »Verlassen Sie sich
darauf, Sie werden in den Wäldern vor allem auf Banditen und
Guerillas der Nationalisten achten müssen. Feen sind hier bei
uns keine Gefahr – nicht mehr. Wir haben die Lösung
gefunden.«
    Alex hegt den Verdacht, daß der alte Mann noch eine Menge
lernen muß. »Da ist Glass aber ganz anderer Meinung«,
sagt er.
    »Erst müssen wir mal an diesen beschissenen Grenzposten
der Nationalisten vorbei«, erklärt Katrina. »Erst
müssen wir raus aus diesem beschissenen Land. Ich hab’s dir
ja gleich gesagt…« – sie deutet mit der verletzten
Hand auf Alex –, »daß wir mit unserer Suche an der
falschen Stelle begonnen haben!«
    »Sie ist betrunken«, meint Alex entschuldigend. Wie
hatte sie es nur geschafft, sich so vollaufen zu lassen?
    »Die Nationalisten sind weit weg«, erklärt Mister
Avramites. »Sie haben den Süden des Landes verloren. Er
befindet sich fest in unserer Hand. Sie brechen mit diesem Konvoi
auf, und Sie werden ohne Schwierigkeiten über die Grenze
gelangen. Die Banditen wagen sicher keinen Angriff, wenn sie die
griechische Flagge sehen.«
    »Ich bin überzeugt davon, daß wir uns Ihren
griechischen Freunde anvertrauen können«, versichert Alex
mit geheuchelter Aufrichtigkeit.
    »In der Tat, Sie brauchen mich nicht. Man wird sich um Sie
kümmern, das schwöre ich.«
    Es gibt nichts mehr zu sagen. Katrina verfällt in ein
kampfbereites Schweigen, Mister Avramites zieht sich in sich selbst
und seine Vergangenheit zurück, und Alex sinnt über die
ungewisse Zukunft nach. Alle wissen, was geschehen ist, Verratene und
Verräter. Sie trinken den Raki leer, und am nächsten
Morgen, als Alex noch vor Tagesanbruch aufsteht, um den Konvoi aus
der alten Gebirgsstadt nicht zu verpassen, hat er einen schrecklichen
Kater.

 
4    Probleme in Tirana
     
     
    Während Todd Hart auf den Stufen des Holiday Inn darauf
wartet, daß sein Kontaktmann aufkreuzt, wird er Zeuge eines
Attentats in dem Gebrauchtwagen-Markt auf der Westseite des
Skanderbeg-Platzes. Todd sucht nicht nach Ärger. Er hat sich im
Friseursalon des Hotels eben rasieren und die Haare schneiden lassen,
und er trägt ordentlich gebügelte Leinen-Shorts und ein
frisches weißes T-Shirt. Seine leichte Jacke aus
Haifischhaut-Imitat, in der Millionen winzige Fembot-Schuppen
glitzern, hängt lässig über einer Schulter, beschwert
durch das Notepad, das in der Tasche steckt; und der Tropenhut mit
dem Band aus falschem Tigerfell sitzt ihm verwegen schief auf dem
Kopf. Er fühlt sich echt cool. Die winzige Dosis Serenity, die
er droben in seinem Zimmer eingeworfen hat, läßt die Welt
gleich viel schöner erscheinen. Nicht einmal die Tatsache,
daß sein Kontaktmann längst hier sein müßte,
macht ihn nervös.
    Es ist früher Abend. Menschen schlendern über den
großen Platz und genießen die Kühle. Ein halbes
Dutzend Straßen-Cafés haben ihre Tische und Stühle
im Schatten des vergammelten Kulturpalasts aufgestellt, und aus ihren
Radios dröhnt ein Gemisch aus Polka-Weisen, Opern-Melodien und
Thai-Pop.
    Um den Sockel, auf dem einst eine vergoldete Kolossalstatue des
alten Diktators stand, bieten Händler alles Mögliche feil:
Zugang zum Web, Handy-Sprechzeit, Eis mit Früchten, Limonade und
Zigaretten. Die Geldwechsler haben

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