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Feenland

Feenland

Titel: Feenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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tragen Hörner, andere
Sporne an Ellbogen oder Knien, wieder andere Stoßzähne
oder fächergroße Ohren. Ihr Gebaren wirkt weder
feindselig, noch scheint es sich gegen den Konvoi zu richten. Todd
hat vielmehr den deutlichen und irgendwie beunruhigenden Eindruck,
daß die Gestalten tanzen.
    Dann erhellt eine Explosion die Nacht vor ihnen. Ein Hagel von
Steinen und Splittern fliegt durch die Luft und prasselt auf die
Bäume und Rosenhecken nieder. Hohe Pinien knicken dicht
über dem Boden ab und stürzen mit Getöse auf den Weg.
Transporter und Jeeps kommen in einer Kette von Bremslichtern zum
Stehen.
    Einen Moment später eröffnen die Söldner das Feuer
und schicken einen Hagel von Leuchtspur-Geschossen zum Hügelkamm
– aber die Gestalten stürmen bereits den Hang herunter und
dem Konvoi entgegen. Die meisten sind in weniger als fünf
Minuten niedergemäht. Projektile zerfetzen die Rosenhecken, und
die weißen Blütenblätter wirbeln umher wie
Schneeflocken. Ein Gespenst von doppelter Mannshöhe steht auf
der Hügelkuppe; es schwenkt in der einen Hand einen Granatwerfer
und trommelt sich mit der anderen gegen die Brust. Eine
Mini-Lenkdrohne holt die Erscheinung von den Beinen. An der Stelle,
wo sie eben noch triumphierte, steigt eine rötliche Rauchwolke
auf.
    Danach kommt es nur noch vereinzelt zu Gefechtslärm, als
Scharfschützen mit Infrarot-Visieren und Bewegungsmeldern die
überlebenden Angreifer erledigen. Die Begegnung ist schneller
vorbei als der Streit, den Spike mit dem Fahrer des Jeeps anzettelt,
weil ihm der die Benutzung der Kamera-Drohne untersagt. Und die
Überlegenheit der Soldaten ist so drückend, daß man
eher von einem Massaker als von einem Kampf sprechen muß. Was
aber am meisten ätzt, ist die Tatsache, daß sich die
Söldner an ihrem leichten Sieg regelrecht aufgeilen. Mit
Triumphgebrüll reichen sie Flaschen und Quick-Ampullen herum und
ballern ihre Leuchtspur-Munition in den Himmel, als müßten
sie ein Feuerwerk zum Unabhängigkeitstag veranstalten.
Schließlich schaltet Hauptmann Spiromilos sein Mikro ein und
blafft in einem Tonfall, der an die Stimme Gottes erinnert, daß
sie endlich mit dem Quatsch aufhören und die Straße
freiräumen sollen.
    Während die Söldner den umgestürzten Bäumen
mit Kettensägen zu Leibe rücken, kommt Hauptmann Spiromilos
ans Ende der Kolonne. Besser gesagt – er schreitet die Reihe der
Fahrzeuge ab. Er entblödet sich nicht einmal, die Gratulationen
seiner Leute entgegenzunehmen. Als er den letzten Jeep erreicht,
grinst er wie ein Honigkuchenpferd.
    »Wie fanden Sie den Kampf, Mister Hart?«
    »Ziemlich einseitig. Wollten Sie deshalb nicht, daß wir
ihn aufzeichnen?«
    »Sie bekommen noch genug Gelegenheit, Ihre Kamera zu benutzen
– aber bitte nicht während des Einsatzes. Man könnte
Ihre Drohne mit einer feindlichen Waffe verwechseln.«
    »Soll das eine Drohung sein?« erkundigt sich Spike.
    »Halt den Mund, Spike«, sagt Todd. Wenn sie Spiromilos
verärgern, kommt der Typ noch auf die Idee, ihn und Spike zu
erschießen und die Öffentlichkeitsarbeit selbst in die
Hand zu nehmen.
    »Eher eine sachliche Warnung«, erklärt Hauptmann
Spiromilos. »Wir können Sie mit Material versorgen, wenn
Sie welches brauchen – aber die Niederlage der Feen ist ein eher
unwichtiges Detail.«
    »Das ist sehr nett, aber die Agenturen rühren keinen
Filmmeter an, der sich nicht mit ihrem Prüfcode verifizieren
läßt«, gibt Todd zu bedenken. »Heutzutage kann
jedes Kind solche Aufnahmen fälschen.«
    Hauptmann Spiromilos ignoriert den Einwand. Er zieht einen
Mini-Bildrechner hervor und sagt: »Ich möchte Ihnen zeigen,
wo sich unser Ziel befindet. Wir haben es gestern mit unseren Drohnen
überflogen.«
    Todd betrachtet ein Mosaik von Luftaufnahmen, das eine kleine,
halbzerstörte Stadt zeigt. Sie liegt einsam und verlassen
inmitten dunkler Wälder und wird an einer Seite von einem
breiten, ungleichmäßig geformten See begrenzt, der wie Eis
glitzert.
    »Wir sind etwa einen Kilometer von dem Ort entfernt«,
sagt Hauptmann Spiromilos. »Der Kreuzzug wird am frühen
Morgen dort eintreffen. Bis dahin haben wir die Stadt erobert. Es ist
ein unchristlicher Ort, voll von Werwölfen und schlimmeren
Kreaturen. Aber zum Glück fehlt ihnen jede Disziplin.«
    »Bei Ihrer Truppe wundert es mich, daß Sie es nicht mit
Exorzismus versuchen.«
    »Das werden wir, Mister Hart, wenn der rechte Moment da
ist.« In der Stimme des Hauptmanns schwingt ein verschlagener
Tonfall mit.

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