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Feenland

Feenland

Titel: Feenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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es
niemand geschafft, weiter als hundert Meter ins Magic Kingdom
vorzudringen, nicht mal die ausgefuchsten Typen, die für die
Großunternehmen arbeiten. Er mustert Morag durch seine Brille
und fragt mißtrauisch: »Kontrolle oder wie?«
    »Ich suche nach einem kleinen Jungen. Jemand hat ihn
entführt.«
    »Davon weiß ich nichts. Ich war schon ziemlich weit
drin, über Big Thunder hinaus, als plötzlich nur noch
Ausschuß reinkam. Irgendeine Kollision oder so…«
    »Du hast mit deinem Spielzeug da keine flüchtenden
Personen gesehen?«
    »Das Ding funktioniert nach dem Prinzip der letzten
Mars-Rover-Generation. Ist zwar ein gutes Stück kleiner, schafft
aber Steigungen und Gefälle bis zu vierzig Grad, kommt auf
ebenem Gelände unheimlich schnell voran und besitzt eine
sogenannte Küchenschaben-Schaltung, die auf bewegliche Schatten
mit Zufalls-Ausweichmanövern reagiert. Nicht schnell genug, wie
sich eben gezeigt hat.«
    Morag würde ihn am liebsten schütteln. »Mann, kam
irgend jemand durch diesen Perimeter?«
    »Niemand kommt durch den Perimeter, das ist es ja.
    Hey, Sie sollten hier nicht ohne Maske rumlaufen! Hier fliegen
jede Menge Fembots rum, die Ihren Verstand in null Komma nichts
verändern können.« Die Brillengläser des Peepers
überziehen sich mit einem Film, wie kleine Spiegel, und sind
gleich darauf wieder klar. Er murmelt: »Der Todesstern
schütze mich auf allen meinen Wegen!« und rennt los, auf
die Lichter des Interface zu.
    Die Patrouille fängt Morag ab, als sie sich wieder die
Böschung hinuntertastet. Ein halbes Dutzend
Sicherheitskräfte, alle maskiert wie der Peeper. Sie tragen
uniformähnliche Jacken unterschiedlichster Herkunft und sind mit
Halbautomatiks, Tasern, Gaskanistern und Klebfäden-Sprays
bewaffnet, aber nicht einer von ihnen besitzt eine Legitimation oder
auch nur ein Namensschild.
    Morag hält ihren Mediziner-Ausweis ins Licht und versucht den
Leuten zu erklären, daß sie Feen verfolgt, die einen
kleinen Jungen entführt haben, aber die Sicherheitsleute
hören ihr nicht zu. Sie wissen Bescheid, sagen sie, und das
Beste, was sie tun könne, sei eine Anzeige bei der Polizei.
Morag, außer sich vor Wut und Verzweiflung, entgegnet, sie
sollten lieber nach den Feen suchen als ihr den Weg versperren,
worauf die einzige Frau in dem Trupp meint, sie habe die Wahl,
freiwillig umzukehren oder eine Nacht im Kittchen zu verbringen.
    Morag starrt die Wachtposten an, einen nach dem anderen. »Ich
werde euch wiedererkennen«, sagt sie, »trotz dieser
albernen Masken!«
    »Suchen Sie eine Scanner-Schleuse auf, sobald Sie wieder
daheim sind«, rät ihr die Frau. »Hier wimmelt es von
allem möglichen Scheißzeug. Vielleicht haben Sie schon was
abgekriegt und bilden sich diese Entführung nur ein.«
    »Auf den Schienen liegt ein totes Mädchen, du
verblödete Faschisten-Kuh!«
    »Verpiß dich endlich, du Zicke, und zieh deine
Sozialmasche anderswo ab!«
    Es ist eine Sackgasse. Die Patrouille wartet, bis Morag im Tunnel
verschwunden ist. Jules liegt mit gespreizten Armen und Beinen neben
den Schienen, über sich einen bewaffneten Polizisten,
während ein zweiter Polizist die Fingerabdrücke des toten
kleinen Mädchens abnimmt.

 
4    Das Nest
     
     
    Der kleine Junge will heim. Er will zu seinem Vater. Er will
wissen, wo seine Schwester ist.
    »Sie ist nicht hier«, sagt Armand zum ungefähr
fünfzigsten Mal. »Mach dir keine Sorgen um sie. Guck dir
lieber all die hübschen Pferde an!«
    Dem kleinen Jungen sind die Pferde egal. Er mag keine Pferde, sagt
er, und überhaupt seien das gar keine echten Pferde.
    »Du hast recht«, seufzt Armand. Er fühlt sich so
schwach, daß er jeden Moment damit rechnet, auf die Nase zu
kippen. In dem verzweifelten Versuch, das Interesse des Jungen zu
wecken und ihn von seiner Situation abzulenken, erklärt er:
»Das sind keine Pferde, sondern Einhörner!«
    »Sie stinken!« sagt der kleine Junge. »Der ganze
Park stinkt. Es ist eklig und kalt hier. Ich will heim!«
    Er kauert auf dem künstlichen Rasen und rührt sich nicht
mehr von der Stelle. Er scheint die Fähigkeit zu haben, sich
absichtlich schwer zu machen, und sitzt da wie angewachsen. Er ist
vier Jahre alt, ein rundliches Kind mit glänzendschwarzer Haut,
das in einer verdreckten Cordhose und einem weiten, bis zu den Knien
schlabbernden Pullover steckt. Um seinen Hals ist ein dünner,
durchsichtiger Schal gewickelt. Der Junge heißt Gabriel. Armand
nahm ihn aus dem Nest mit, als er aus Mister

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