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Feenzorn

Feenzorn

Titel: Feenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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gewesen, als hätte ich mich gleich erschießen lassen. Es würde auf diese Weise nur etwas länger dauern. Der Weiße Rat reagierte sehr ungehalten, wenn jemand das Erste Gesetz der Magie verletzte: Du sollst nicht töten. Einmal war ich aus verfahrenstechnischen Gründen davongekommen, aber das würde sich gewiss nicht wiederholen.
    Ich knirschte mit den Zähnen, konzentrierte mich auf einen Punkt seitlich neben den Schützen und setzte die Energie aus dem Ring frei. Unbändige Kräfte, unsichtbar, aber sehr greifbar, rasten durch die Luft und trafen den ersten Schützen seitlich am Oberkörper. Die Automatik prallte gegen seine Brust, der Aufschlag riss ihm die Sonnenbrille vom Kopf und zerfetzte einen Teil seiner Kleidung, während er rückwärts aus dem Truck stürzte und irgendwo auf der anderen Seite landete.
    Der zweite Schütze bekam weniger ab, ihn traf es vor allem an der Schulter und am Kopf. Er hielt die Waffe fest, verlor aber seine Sonnenbrille, die seine Skimaske mitriss. Er sah aus wie ein normaler Junge, der kaum alt genug zum Wählen war. Er blinzelte, als es auf einmal hell um ihn wurde, und dann fummelte weiter herum, um nachzuladen.
    »Kinder«, knurrte ich und baute wieder den Schild auf. »Jetzt hetzen sie schon Kinder auf mich. Bei den Toren der Hölle.«
    Auf einmal standen mir sämtliche Nackenhaare zu Berge. Als der Bursche mit der Automatik wieder zu feuern begann, sah ich mich rasch um.
    Die alte Dame mit dem Einkaufswagen hatte ungefähr fünf Meter hinter mir angehalten. Erst jetzt fiel mir auf, dass sie keineswegs so alt war, wie es den Anschein hatte. Unter dem Make-up bemerkte ich den flackernden Blick kühler, dunkler Augen. Ihre Hände waren jung und glatt. Aus den Tiefen des Einkaufswagens zog sie eine abgesägte Schrotflinte und zielte damit auf mich.
    Von vorn prasselten die Kugeln der Automatik gegen meinen Schild, und ich hatte schon Mühe, ihn überhaupt aufrechtzuerhalten. Wenn ich jetzt noch Magie gegen die dritte Angreiferin einsetzte, würde ich die Konzentration und damit auch den Schild verlieren – und ob er nun unerfahren war oder nicht, der Schütze auf dem Truck beharkte die Umgebung ziemlich gründlich und würde früher oder später treffen.
    Wenn die verkleidete Meuchelmörderin andererseits eine Gelegenheit bekam, die Schrotflinte aus fünf Schritten Entfernung abzufeuern, dann würde sich niemand mehr die Mühe machen, mich ins Krankenhaus zu schaffen, denn dann käme ich sofort ins Leichenschauhaus.
    Die Kugeln hämmerten gegen meinen Schild, und ich konnte nichts weiter tun als zusehen, wie die Frau auf mich anlegte. Ich steckte in der Klemme, und Billy wahrscheinlich auch. Dann setzte mein Freund sich in Bewegung. Er hatte das T-Shirt bereits ausgezogen und zeigte seine Muskeln – die flachen, harten Muskeln eines Sportlers, nicht die sorgfältig modellierten eines Fitnessstudiobesuchers. Er näherte sich der Frau mit der Schrotflinte und zog unterwegs auch seine Trainingshose aus. Darunter war er nackt.
    Gleichzeitig erwachte die Magie, die Billy einsetzte – scharf, präzise, konzentriert. Keine Spur von einem Ritual, kein langsames Aufbauen der Kräfte, um sie schließlich zu entlassen. Seine Konturen verschwammen, und an Stelle des nackten Billy sprang auf einmal Billy der Werwolf die Angreiferin an – ein Biest mit dunklem Fell in der Größe einer Dänischen Dogge schnappte nach der Hand, die den Lauf der Schrotflinte hielt.
    Die Frau schrie auf und riss die Hand zurück, auf den Fingern zeichneten sich Blutstropfen ab. Sie schwang die Waffe wie eine Keule, um nach Billy zu schlagen. Er wich aus und bekam einen Hieb auf die Schultern, was ihm ein böses Knurren entlockte. Schneller, als ich es mit bloßem Auge verfolgen konnte, ging er erneut auf die Frau los, und die Schrotflinte fiel zu Boden.
    Wieder kreischte die Frau und zog auch die andere Hand zurück.
    Sie war kein Mensch.
    Ihre Hände dehnten sich ebenso wie die Schultern und das Kinn. Die Fingernägel verwandelten sich in hässliche scharfe Krallen, mit denen sie nach Billy hackte. Sie traf ihn am Kinn und entlockte ihm ein schmerzvolles Kläffen, auf das ein weiteres Knurren folgte. Er rollte sich ab und war sofort wieder auf den Pfoten, umkreiste die falsche Frau und zwang sie, mir den Rücken zuzuwenden.
    Der Schütze im Truck hatte abermals sein Magazin geleert. Ich ließ den Schild fallen und hechtete los, um die Schrotflinte an mich zu nehmen. Als ich sie hatte, rief ich: »Billy,

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