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Feenzorn

Feenzorn

Titel: Feenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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regnete es Kröten. Es war nicht nur hin und wieder ein platschender Aufprall, sondern ein so dichter, schwerer Krötenregen, dass der Himmel sich verdunkelte. Das war kein zum Spielen aufgelegter Gott mit einem Eimer. Die Kröten prasselten wie Hagelkörner herunter und zerplatzten auf dem Gehweg und dem Kofferraumdeckel. Eine prallte sogar fest genug auf, um ein Spinnennetz von Rissen auf die Windschutzscheibe zu malen. Ich stieß den ersten Gang hinein und jagte den Wagen die Straße hinunter. Nach ein paar hundert Metern hatten wir den außerweltlichen Regen hinter uns gelassen.
    Wir atmeten beide zu schnell. Billys Frage war erschöpfend beantwortet. Der Krötenregen bedeutete, dass etwas Ernstes und Magisches im Gange war. Am Abend wollte der Weiße Rat in die Stadt kommen und über den Krieg diskutieren. Ich hatte einen Termin mit einer Klientin, und die Vampire machten anscheinend Ernst und griffen mich viel offener an, als sie es jemals zuvor gewagt hatten.
    Ich schaltete die Scheibenwischer ein. Das Amphibienblut hinterließ rote Streifen auf dem gesprungenen Glas.
    »Guter Gott«, keuchte Billy.
    »Das kannst du laut sagen«, stimmte ich zu. »Wenn es regnet, dann schüttet es.«

2. Kapitel
     
     
     
    Ich setzte Billy an seiner Wohnung in der Nähe der Universität ab. Der Ghul würde kaum Anzeige erstatten, trotzdem wischte ich die Schrotflinte sauber. Billy wickelte sie in ein Handtuch, das ich vom Rücksitz des Käfers holte, und nahm sie mit, nachdem er mir versprochen hatte, die Waffe wegzuwerfen. Seine Freundin Georgia, ein drahtiges Mädchen, das einen Kopf größer war als er, wartete, mit dunklen Shorts und einem roten Bikinioberteil bekleidet, auf dem Balkon ihrer Wohnung. Dabei stellte sie ansehnlich viel beeindruckend gebräunte Haut zur Schau. Ein Jahr zuvor hätte ich nie erwartet, dass sie so bald schon so selbstbewusst und attraktiv sein würde. Meine Güte, die Kinder waren schnell erwachsen geworden.
    Kaum dass Billy ausgestiegen war, blickte Georgia abrupt und mit bebenden Nasenflügeln von ihrem Buch auf, ging hinein und empfing ihn mit einem Erste-Hilfe-Kasten an der Tür. Sie warf einen Blick zum Wagen, machte ein besorgtes Gesicht und nickte mir zu. Ich winkte und gab mir Mühe, möglichst freundlich dreinzuschauen. Georgias Reaktion bewies mir, dass es mir nicht besonders gut gelang. Die beiden gingen hinein, und ich fuhr los, ehe jemand herauskommen und mit mir plaudern konnte.
    Kurz danach fuhr ich jedoch wieder rechts ran, schaltete den Motor ab und betrachtete mich im Rückspiegel des Käfers.
    Es traf mich wie ein Schock. Ich weiß, das klingt jetzt dumm, aber zu Hause habe ich keine Spiegel. Viel zu viele Wesen können Spiegel als Fenster oder sogar Türen benutzen, und dieses Risiko wollte ich gar nicht erst eingehen. So hatte ich seit Wochen nicht mehr in den Spiegel geschaut.
    Ich sah aus wie ein Zugunglück.
    Noch mehr als sonst, meine ich.
    Normalerweise habe ich ein längliches, schmales und markantes Gesicht und fast schwarzes Haar, das zu den dunklen Augen passt. Unter den Augen hatten sich graue und dunkelblaue Ringe gebildet. Tiefe Ringe. Die Falten, soweit sie nicht durch einen mehrere Monate alten ungepflegten Bart verdeckt waren, zeichneten sich so scharf ab wie die Kanten einer Visitenkarte.
    Meine Haare waren inzwischen lang und zottelig – nicht etwa sexy wie bei einem jungen Rockstar, sondern eher wie bei einem Köter, der dringend mal wieder zum Hundesalon muss. Der Wildwuchs war nicht einmal symmetrisch, denn auf einer Seite war ein größeres Stück abgebrannt, als mir jemand in einer Pizzaschachtel einen kleinen Brandsatz untergeschoben hatte. Das war zu einer Zeit gewesen, als ich mir den Pizzaservice noch hatte leisten können. Meine Haut war bleich, irgendwie teigig. Ich sah aus wie der aufgewärmte Tod, nachdem jemand ihn gezwungen hatte, am Boston-Marathon teilzunehmen. Müde. Ausgebrannt. Ausgelaugt.
    Ich lehnte mich zurück.
    Ich hasse es, wenn ich mich irre, aber es schien mir doch, als hätten Billy und die Werwölfe (bei den Sternen und Steinen, das klang wie eine miese Rockband) nicht ganz unrecht. Wann hatte ich mir das letzte Mal die Haare schneiden lassen oder mich rasiert? Letzte Woche hatte ich immerhin geduscht. Oder etwa nicht?
    Mit zitternden Händen wischte ich mir übers Gesicht. In der letzten Zeit waren die Tage und Nächte einfach irgendwie verstrichen. Ich hatte die meiste Zeit im Labor unter meiner Wohnung verbracht und rund

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