Fehlfunktion - Warum Frischhaltefolie nie gerade abreißt und andere Alltagsärgernisse
Flughafen ein Ticket, stiegen in die S-Bahn und wurden prompt kontrolliert. Hartwig: »Trotz der sehr glaubwürdigen Geschichte musste ich erst 60 Euro für Schwarzfahrerei bezahlen.« Aber die Kontrolleurin kannte das Phänomen wohl schon sehr gut.
Hartwig: »Sie gab uns den Tipp, die Schilderung und die Quittung direkt an die Bahn zu schicken. Und tatsächlich erstattete man uns 20 Euro der 60 Euro Strafe zurück. Sozusagen dunkelgrau
statt schwarzgefahren.« Seine Meinung zur Entwerterfalle: »Trotzdem ärgerlich. Natürlich wäre es sehr hilfreich, wenn man sich bundesweit auf ein Modell einigen könnte.« Oder zumindest Hamburgern in München am Automaten auffällig klarmacht, dass hier alles etwas anders funktioniert. Schließlich sind die Automaten vor allem für Gäste und Gelegenheitsfahrer da - die ÖPNV-Profis vor Ort haben ja Monatstickets.
Für Laienfahrer ist es riskant, sich am Automaten ein Ticket zu ziehen. Das kann schon mal mit einem EBE enden.
EBE?
Erhöhtes Beförderungsentgelt. Die Schlichtungsstelle Nahverkehr der Verbraucherzentrale NRW reicht in einem Tätigkeitsbericht schöne EBE-Geschichten wie diese weiter:
• Fahrgast kommt aus Niedersachsen. Er wusste nicht, dass in NRW Tickets aus dem Automaten entwertet werden müssen.
• Geldschein wurde vom Automaten kommentarlos zurückgegeben (weil kein Wechselgeld mehr im Automaten vorhanden). Kundin ging von Störung aus und stieg so in den Zug. Schaffner verlangte EBE.
• Bei Abholung von telefonisch gebuchten Fahrkarten buchte Automat Preis für Fahrkarte ab, gab diese aber nicht aus.
Die Lehren daraus: Bevor jemand irgendwo in Deutschland eine Fahrkarte zieht, bevor er überhaupt aufbricht, sollte er die Entwertungsmodalitäten genau studieren. Zum Beispiel in jenem Internetforum, wo ÖPNV-Fans wochenlang die Frage diskutieren:
Wo verläuft die Entwertergrenze? Kreuz und quer lautet die entmutigende Antwort:
• In München müssen alle Fahrkarten »im Entwerter abgestempelt werden, bevor Sie Ihre Fahrt antreten«, erklärt der Verkehrsverbund MVV auf seiner Webseite. Ausnahme: »Fahrkarten aus den Automaten in den Trambahnen und in den städtischen Bussen. Diese sind bereits automatisch abgestempelt.«
• In Erfurt gilt jedes Ticket aus fahrenden Automaten sofort, die anderen hat man anders als in München »nach Fahrtantritt« zu entwerten.
• In Hamburg gibt es gar keine Entwerter. Man kann am Schalter aber Fahrkarten im Voraus kaufen - mit aufgedrucktem Gültigkeitstag.
• In Paderborn ist alles noch ein wenig komplizierter: Einzelfahrkarten kommen hier entwertet aus den Automaten. Aber es gibt sie auch im Vorverkauf, ohne Entwertung. Und die Mehrfahrtenkarten sind generell nicht vorab gestempelt. Diese Karten sind, so heißt es in den Tarifbestimmungen des NPH (Nahverkehrsverbund Paderborn-Höxter) »vor Fahrtantritt zu entwerten. Die Entwertung mittels Loch ist nur gültig mit einem Entwertungsbeleg.«
Alles klar? Falls nicht, hilft kaum ein Fahrkartenautomat weiter. Die meisten Geräte der älteren Generationen ohne Touchscreen
sind offensichtlich für Ortskundige gebaut. Man hat zu wissen, wie die Fahrkarte zu entwerten und das Tarifsystem aufgebaut ist, in welcher Wabe, Zone oder Stufe denn nun die Zielhaltestelle liegt und ob man auf dem Weg dorthin umsteigen muss.
Usability-Experte Hartwig: »Sehr oft sind bei der Gestaltung vieler Automaten nicht die Benutzer und ihre Aufgaben, sondern die Denkmuster und Wünsche der Anbieter in den Mittelpunkt gestellt worden. Das führt oft zu Tarifkauderwelsch, Abkürzungswahn und vor allem dazu, dass man ortskundig sein muss, um ein Gerät effektiv zu bedienen.« Nur haben Ortskundige oft eine Monatskarte, Besucher nie.
Konkret sieht das zum Beispiel an einem Hamburger ÖPNV-Automaten so aus: Den größten Teil der Automatenfront nimmt die Bedienungsanleitung ein. Mittendrin die Kurzversion. Erster Schritt: »Fahrkartenart auswählen und entsprechende Taste drücken.« Zweiter Schritt: »Preisbereich über Zifferntaste eingeben. Siehe Aushang Fahrziele und Preisbereiche.«
Dieser Aushang ist ein paar Meter neben dem Automaten zu bestaunen: Auf einer Fläche, gut dreimal so groß wie die Automatenfront, sind in einem klein gedruckten Verzeichnis alle Haltestellen samt Preisbereich alphabetisch aufgeführt. Wer sich an die Anleitung des Automaten hält, kommt in Zeitnot: Wenn man in dem riesigen Haltestellenverzeichnis zu lange sein Ziel sucht, vergisst der Automat schon
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