Fehlfunktion - Warum Frischhaltefolie nie gerade abreißt und andere Alltagsärgernisse
mal die gewählte Fahrkarte - oder ein ungeduldiger Wartender versucht sein Glück an dem verlassenen Automaten.
Abgesehen davon: Woher soll man eigentlich wissen, ob nun zwei Einzelkarten oder ein Tagesticket günstiger sind, wenn man die Ticketart vor der Zielauswahl bestimmen muss? Und warum
kann man dem Automaten nicht einfach sagen, wohin man will?
Ein Grund laut Usability-Berater Hartwig: Automaten, denen man sein Ziel per Texteingabe mitteilt, sind teurer - schließlich wird da eine neue Schnittstelle wie zum Beispiel eine Bildschirmtastatur fällig. Und noch teurer sind vandalismussichere Tastaturen, die auch mit kalten Fingern, Sehproblemen und aus ungünstigen Winkeln besser bedient werden könnten. Der andere Grund: mangelnde Kundenorientierung. Denn, so Hartwig, »zur Kundenorientierung hat man bisher an den Automaten auch oft keine Veranlassung gesehen, da in der Regel eine Monopolstellung herrscht.«
Fahrkartenwirrwarr: Stempeln oder nicht? Und wenn ja, wie oft? In jedem Verkehrsverbund gelten andere Regeln.
Sie können also nichts dafür, die 250 Kilo schweren Tastenmonster, die Tickets mal entwertet ausspucken, mal nicht und Fahrgästen nur ganz, ganz selten sagen können, wie sie eigentlich zum Ziel hinkommen. Die Bedienbarkeit der ÖPNV-Automaten ist eine Folge dieser paradoxen Situation: Einerseits gibt es in jeder Stadt nur einen, vielleicht zwei ÖPNV-Betriebe. Echte Konkurrenz, die es mit Simpeltarifen und verständlichen Automaten versuchen könnte, existiert also meist nicht.
Und andererseits gibt es in Deutschland weit mehr als 100 Tarifverbünde mit schönen Namen wie DING (Donau-Iller-Nahverkehrsverbund) oder Kim (Kissingen mobil), zu denen sich jeweils mehrere ÖPNV-Betriebe zusammengeschlossen haben. Deren Tarife sind meistens so umständlich gestaltet wie die Langversion von ÖPNV klingt: Öffentlicher Personennahverkehr. Die Tarifgebiete sind in Waben, Zonen, Streifen, Stufen geteilt, die Fahrkarten haben Namen wie G3, G6 und Z. Und wenn man eines dieser Tarifsysteme verstanden und die Bedienung der Automaten verinnerlicht hat, nutzt das in einer anderen Stadt mit einem anderen Tarif und garantiert einer Menge anderer Automatentypen gar nichts.
Die Automatenkonstrukteure müssen ein Basisgerät haben, das mit angepasster Software in all diesen Tarifsystemen funktionieren kann. Deshalb haben heute noch so viele Automaten eine Menge Fahrkartentasten (die man in jedem Tarifgebiet anders beschriften kann) und überlassen die Tarifsuche und Erklärung den Fahrgästen und den gedruckten Haltestellenverzeichnissen und Tarifkarten. Mit etwas Aufwand und teureren Eingabegeräten (Touchscreen, Tastatur) ginge das natürlich auch anders. Die Ticketautomaten der Deutschen Bahn für den Fernverkehr
mit Bildschirm zeigen das: Da wird man logisch gefragt, wohin man will - erst danach muss man zwischen Detailvorschlägen zu Verbindungen und Tarifen wählen.
Theoretisch.
Doch perfekt sind auch die Bahnautomaten nicht. Will man zum Beispiel am Hamburger Hauptbahnhof eine Karte für die Fahrt ins benachbarte Ahrensburg ziehen, muss man sich erst mal zwischen diesen verwirrenden Schaltern entscheiden:
• Fahrkarten, Reservierungen DB
• Fahrkarten. Mein Weg. Der Nahverkehr in Schleswig-Holstein
• Fahrplanauskunft
• Dauer-Spezial, Abholung (Bahn-Tix, Rail & Fly), Länder-Tickets und weitere Angebote
Häh?
Wählt man nun den ersten Schalter, kann man Ahrensburg eintippen. Der Automat sucht brav eine Verbindung, meldet dann aber: »Verbundtarif: Verkauf nur am Abfahrtsbahnhof«. Wie bitte? Wo denn sonst? Man steht doch gerade am Abfahrtsbahnhof. Die Lösung: Man hätte am Anfang den zweiten Schalter (»Fahrkarten. Mein Weg. Der Nahverkehr in Schleswig-Holstein«) drücken sollen. Der Automat verrät das nicht. Die Unlogik hat System - irgendwie sind alle Nahverkehrskarten gleichmäßig über die Auswahlpunkte verteilt. Unter Menü vier (Dauer-Spezial) kann man Gruppenkarten für den Nahverkehr kaufen.
Abgesehen von solchen Pannen lobt Bedienfachmann Hartwig die Automaten der Bahn als Fortschritt. Das könnten ÖPNV-Automaten auch - schließlich arbeitet in den meisten ein Computer,
der mit der richtigen Programmierung mehr schafft, als die Kommandos zum Bedrucken der Ticketpapierrolle und zur Wechselgeldausgabe zu geben. Hartwig: »Maschinen sind gut darin, aus riesigen Datenbanken von Haltestellen und Tarifdetails in Sekundenbruchteilen den günstigsten Weg von A nach B zu berechnen.«
Weitere Kostenlose Bücher