Fehlfunktion
in das kleine Büro von Time Universe und übergab die Flek mit den Aufzeichnungen Graeme Nicholsons.
Es war eine Stunde her, seit die Mägde von Cricklade Manor das Frühstück serviert hatten, und Duke stieg bereits in einen Himmel hinauf, der mit dünnen Bändern von Schleierwolken durchsetzt war. In der Duchess-Nacht waren die ersten Regentropfen seit der mittsommerlichen Konjunktion gefallen. Die Felder und Wälder glitzerten und glänzten unter ihrem glasigen Überzug aus Wasser. Einheimische Blumen, die nach der Entladung ihrer Samen rasch verdorrt waren, verwandelten sich in eine schleimige Masse und fingen an zu verrotten. Doch das beste von allem war, daß der Stab aus der Luft verschwunden war. Die Landarbeiter des großen Gutes waren angesichts des Omens in freudiger Erwartung an ihre Arbeit gegangen. Regen so früh im Jahr bedeutete, daß die zweite Getreideernte gut und reichlich ausfallen würde.
Louise Kavanagh war der Regen egal, genau wie die Aussicht auf weiteren landwirtschaftlichen Segen. Nicht einmal Genevieves verspielte Begeisterung konnte sie dazu bewegen, den üblichen morgendlichen Gang auf die Koppel zu unternehmen. Statt dessen saß sie in ihrem privaten Badezimmer mit dem Höschen auf den Knöcheln und dem Kopf in den Händen auf der Toilette. Ihr langes Haar hing stumpf herab, und die Spitzen berührten ihre glänzend blauen Hausschuhe. Es ist wirklich ausgesprochen dämlich, das Haar so lang zu tragen, dachte sie. Dumm, versnobt, unpraktisch, eine Zeitverschwendung und Demütigung obendrein.
Warum muß ich immer aufgeputzt und gestriegelt herumlaufen, als wäre ich ein verdammtes Ausstellungspferd? Das ist eine schändliche, widerliche Tradition, Frauen so zu behandeln. Nur damit ich aussehe wie die klassische Schönheit für irgendeinen ekelhaften Trottel von jungem »Gentleman«. Was spielt es für eine Rolle, wie ich mein Haar trage, ganz besonders, wenn diese verdammte Frisur aus einer längst vergessenen Epoche auf einer anderen Welt stammt? Ich habe meinen Mann längst gefunden!
Sie spannte erneut ihre Bauchmuskulatur an, bis sie auf die Eingeweide drückte, daß ihr der Atem wegblieb. Ihre Fingernägel gruben sich vor Anstrengung in die Handflächen. Ihr Kopf wurde rot, und sie zitterte.
Es nutzte nicht das geringste. Sie ließ die Luft in einem kummervollen Seufzer aus den schmerzenden Lungen entweichen.
Wütend versuchte sie es ein zweites Mal. Preßte. Stieß den Atem aus.
Preßte.
Nichts.
Sie wollte weinen. Ihre Schultern bebten, und in ihrem Gesicht zeigten sich rote heiße Flecken, doch es kamen keine Tränen mehr. Sie hatte ihre Augen längst leer geweint.
Ihre Periode war seit fünf Tagen überfällig, und sie war sonst so regelmäßig.
Sie war schwanger mit Joshuas Baby. Es war wundervoll. Es war schrecklich. Es war … ein einziger riesengroßer Schlamassel.
»Bitte, Jesus«, flüsterte sie. »Was wir getan haben, war keine wirkliche Sünde. Das war es nicht. Ich liebe ihn so sehr. Ich liebe ihn wirklich. Laß nicht zu, daß das mit mir geschieht. Bitte, Herr.«
Es gab nichts auf der Welt, das sie mehr gewollt hätte als Joshuas Baby. Aber nicht jetzt. Joshua selbst erschien ihr noch immer wie eine prachtvolle Phantasiegestalt, die sie sich selbst ausgedacht hatte, um sich während der langen heißen Nächte von Norfolks langweiligem Sommer zu amüsieren. Zu vollkommen, um real zu sein. Die Sorte Mann, die sie innerlich schmelzen ließ und gleichzeitig das Feuer der Leidenschaft erweckte. Eine Leidenschaft, von der sie vorher überhaupt nicht gewußt hatte, daß sie in ihr war. Ihre früheren romantischen Tagträume waren ausnahmslos zu etwas Undeutlichem, Verschwommenem verblaßt, nachdem ihr hübscher Ritter sie das erste Mal geküßt hatte. Und des Nachts, wenn sie im Bett lag, brachte die Erinnerung an Joshuas kühne, männliche Hände, die ihren nackten Körper erforschten, höchst undamenhafte Aufwallungen unter den Laken hervor. Es war nicht ein Tag vergangen, an dem sie nicht die kleine Lichtung in Wardley Wood besucht hatte, ihre Lichtung, und der Geruch von trockenem Heu hatte stets ein Feuer der Erregung in ihr entfacht, wenn sie an ihr letztes Beisammensein im Stall dachte.
»Bitte, Herr Jesus Christus.«
Vergangenes Jahr war ein Mädchen aus der Klosterschule ganz plötzlich aus dem Distrikt verschwunden, ein Jahr älter als Louise. Sie stammte aus einer der bedeutenderen Familien von Stoke County; ihr Vater war ein Landbesitzer, der
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