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Fehlfunktion

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Titel: Fehlfunktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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seit mehr als einem Jahrzehnt in der Ratsversammlung des Countys gesessen hatte. Sie sei zu einem reichen Verwandten auf der Insel Cumbria gezogen, einem Schafzüchter, hatte die Schwester Oberin ihren Schülerinnen gesagt, um dort die praktischen Seiten der Haushaltsführung zu lernen, damit sie adäquat auf ihre Rolle als Ehefrau vorbereitet wäre. Doch jeder hatte den wirklichen Grund gewußt. Einer der Zigeunerjungen, der zur Rosenernte nach Stoke gekommen war, hatte sie in seinem Wagen gevögelt.
    Die Familie des Mädchens war nach dieser Geschichte mehr oder weniger von der Gesellschaft gemieden worden, und ihr Vater hatte sein Amt im Rat niedergelegt, unter dem Vorwand gesundheitlicher Gründe.
    Nicht, daß jemand wagen würde, mit irgendeinem Zweig der Kavanagh-Familie so umzuspringen. Doch das Gerede würde losgehen, sobald sie unerwartet Ferien machte; der Schandfleck würde niemals mehr von Cricklade weichen. Mama würde weinen, weil ihre Tochter sie so enttäuscht hatte, und Daddy würde … Louise mochte lieber nicht an das denken, was ihr Vater tun könnte.
    Nein! sagte sie sich entschlossen. Hör auf, so zu denken! Es wird überhaupt nichts dergleichen geschehen!
    »Du weißt, daß ich zurückkommen werde«, hatte Joshua zu ihr gesagt, als sie ineinander verschlungen in der Sonne neben dem kleinen Wildbach gelegen hatten. Und er hatte auch gesagt, daß er sie liebte.
    Er würde zurückkehren. Er hatte es versprochen.
    Und dann würde alles in Ordnung kommen. Joshua war der einzige Mann in der gesamten Galaxis, der ihrem Vater ohne Furcht unter die Augen treten konnte. Ja, alles würde in Ordnung kommen, sobald Joshua nur wieder auf Norfolk eingetroffen war.
    Louise wischte sich das – gräßlich ärgerliche – lange Haar aus dem Gesicht und erhob sich langsam. Als sie in den Spiegel blickte, stellte sie fest, wie ruiniert ihr Gesicht aussah. Sie fing an, sich wieder zurechtzumachen, zog ihren Schlüpfer hoch, wusch sich das Gesicht mit kaltem Wasser. Ihr helles Kleid mit dem Blumenmuster war völlig zerknittert. Warum durfte sie keine Hosen tragen, oder sogar Shorts? Sie konnte sich genau ausmalen, wie Nanny auf diesen unschuldigen Vorschlag reagieren würde. Die Beine in aller Öffentlichkeit zeigen? Um Himmels willen! Aber es wäre so viel praktischer bei diesem Wetter. Viele Frauen in den Rosenhainen und Obstplantagen trugen Hosen, sogar Mädchen in ihrem Alter.
    Sie machte sich daran, ihr Haar zu bürsten. Das war noch etwas, das sich ändern würde, sobald sie erst verheiratet war!
    Verheiratet. Sie grinste ihr Spiegelbild mutlos an. Joshua würde der Schock seines Lebens erwarten, sobald er zurückgekehrt war und sie ihm die umwerfende Neuigkeit erzählte. Aber am Ende würde er glücklich sein und sich mit ihr zusammen freuen. Wie wäre es auch anders möglich? Und am Ende des Sommers würden sie heiraten (so schnell es Anstand und anschwellender Bauch eben gestatteten), wenn die irdischen Blumen blühten und die Getreidesilos von der zweiten Ernte gefüllt waren. Ihr Bauch würde sich wahrscheinlich nicht zeigen, jedenfalls nicht mit einem entsprechend geschneiderten Kleid. Genevieve würde danach schmachten, die Erste Brautjungfer zu sein. Man würde große Festzelte auf dem Rasen aufstellen, um alle Gäste zu empfangen. Familienmitglieder, die sie seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Es würde die größte Feier seit Jahrzehnten in Stoke County werden. Alle wären fröhlich und würden ausgelassen unter dem neonroten Nachthimmel tanzen. Vielleicht würden die Leute es erraten, wegen der Schnelligkeit, mit der alles geschah. Doch Joshua wäre der Geschäftspartner ihres Vaters bei diesem phantastischen Mayope-Unternehmen. Er war reich und von gutem Blut (wahrscheinlich – wie sonst hätte er ein Raumschiff erben können?), genau der Richtige, um das Gut zu leiten. Ein außerordentlich passender Partner für die Erbin von Cricklade. Ihre Heirat wäre also nicht so ungewöhnlich. Louises Ruf würde unangetastet bleiben. Und die Ehrbarkeit der Kavanaghs ebenfalls.
    Nach der Hochzeit konnten sie ihre Flitterwochen auf den Inseln von Norfolk verbringen. Oder vielleicht sogar mit Joshuas Raumschiff zu einer anderen Welt fliegen? Wichtig war nur, daß sie das Baby nicht hier zur Welt brachte, wo jedem das Datum auffallen würde.
    Die Wirklichkeit konnte tatsächlich wie ihre kühnsten Tagträume werden … Mit einem phantastischen Mann und einem wundervollen Baby.
    Wenn Joshua nur …
    Immer:

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