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Fehlfunktion

Fehlfunktion

Titel: Fehlfunktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Wenn.
    Warum nur mußte es so sein?
     
    Der einsame Zigeunerwagen stand neben einem großen, einheimischen Nadelbaum auf einer Wiese, wo bis vor kurzer Zeit noch mehr als dreißig ähnliche Wagen ihr Lager aufgeschlagen hatten. Ringe aus flachen rötlichen Steinen enthielten Asche, die inzwischen erkaltet war. Das Gras am Ufer des kleinen Wildbaches war niedergetrampelt von den Menschen, die Wasser in Krüge geschöpft oder Wäsche gewaschen hatten und von den Ziegen und Pferden, die dort getränkt worden waren. Mehrere frische Erdhaufen markierten die zugeschütteten Latrinen, und die Rinnen an den Seiten waren Zeugnis für den Regen der vergangenen Nacht.
    Der Zigeunerwagen, eine Mischung aus traditioneller Bauweise mit modernen Leichtlaufrädern, hatte bessere Zeiten gesehen. Die flotte, kunstvolle Bemalung war verblaßt, doch das Holz war noch gut erhalten. Drei Ziegen waren an der Hinterachse angeleint. Zwei Pferde standen wartend ein wenig abseits, ein schmutzverkrustetes geschecktes schweres Zugtier mit einer wilden zerzausten Mähne, das den Wagen zog, das andere ein schwarzer Reithengst mit glattem, glänzendem Fell und einem polierten, kostbaren Ledersattel auf dem Rücken.
    Grant Kavanagh stand im Innern des Wagens. Er hatte den Kopf eingezogen, um sich nicht an der runden Decke zu stoßen. Es war dunkel und roch nach Staub und getrockneten Kräutern. Er genoß diese Atmosphäre; sie weckte Erinnerungen an seine Jugendzeit. Selbst heute noch, nach all den Jahren, erfüllte ihn der Anblick der Zigeunerwagen, die sich vor Anbruch des Mittsommers langsam über die Hochebenen von Cricklade wanden, mit extremer Geilheit.
    Das Mädchen zog den schweren Vorhang beiseite, der an einer Schnur quer durch den Wagen gespannt war. Ihr Name war Carmitha; sie war zwanzig Jahre alt, besaß breite Schultern und einen üppigen Körper, der, wie Grant mit deprimierender Gewißheit wußte, in fünf oder sechs Jahren unter schrecklichem Übergewicht leiden würde. Das schwere schwarze Haar, das ihr bis über die Schultern hing, harmonisierte wunderbar mit ihrer glatten dunklen Haut. Sie hatte eine dünnen weißen Rock angezogen zusammen mit einem lose sitzenden Top.
    »Das sieht einfach wunderbar aus«, sagte er.
    »O, danke sehr, freundlicher Herr«, sagte sie und knickste vor ihm. Dann kicherte sie übertrieben.
    Grant zog sie zu sich heran und küßte sie. Seine Hände fummelten ungeduldig an den Knöpfen auf der Vorderseite ihrer Bluse.
    Sie schob ihn sanft von sich und drückte seine Hände weg, wobei sie seine Fingerknöchel küßte. »Laß mich das für dich machen«, sagte sie kokett. Ihre Finger bewegten sich aufreizend langsam von einem Knopf zum anderen. Er blickte entzückt auf ihre entblößte Nacktheit, dann zog er sie auf das Bett hinunter und genoß ihre Leidenschaft.
    Der Zigeunerwagen knarrte und quietschte, als er zu schaukeln begann. Die Sturmlaterne, die an einer Messingkette von einem Haken an der Decke hing, klapperte laut, als sie hin und her schwang. Grant hörte es kaum unter Carmithas überschäumenden Schreien der Lust.
    Nach einer Zeit, die nicht annähernd lange genug gedauert hatte, kam er in heftigen Zuckungen, und elektrische Ströme der Verzückung rasten durch sein Rückenmark. Carmitha beeilte sich zu schreien und so zu tun, als würden zahllose Orgasmen sie in die Nähe einer Ohnmacht treiben.
    Grant rollte sich zur Seite auf das Bett, und die groben Laken kratzten auf seiner Haut. Staub vermischte sich mit Schweiß und kitzelte zwischen seinen lockigen Haaren auf der Brust.
    Bei Gott, die Sommerkonjunktion macht das Leben lebenswert, dachte er bei sich. Eine Zeit, in der er sich immer wieder aufs neue beweisen konnte. Die Tränenernte war eine der besten, die auf Cricklade je eingefahren worden war, und das Gut hatte seinen üblichen finanziellen Riesenprofit abgeworfen. Er hatte fast ein Dutzend junger Dinger aus den Erntemannschaften gevögelt. Die meteorologischen Vorhersagen sprachen von einem nassen kommenden Monat, was eine zweite reiche Ernte versprach. Und der verwegene Mayope-Handel mit dem jungen Joshua konnte den Einfluß und Reichtum der Familie nur noch mehren.
    Der einzige Schönheitsfleck am Horizont waren die Berichte aus Boston über die dortigen Unruhen. Es sah ganz danach aus, als würde die demokratische Landarbeitergewerkschaft wieder einmal Schwierigkeiten bereiten.
    Die Gewerkschaft war eine buntgewürfelte Ansammlung von Reformisten und politischen Aufwieglern,

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