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Fehlfunktion

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Titel: Fehlfunktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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trübes Fenster hindurch. Man strengt sich an, um zu erkennen, was in der lebendigen Welt vorgeht, aber man sieht immer nur Schemen. Die ganze Zeit immer nur Schemen. Man sehnt sich danach, und man sehnt sich so sehr, daß man glaubt, daß Herz müßte einem zerspringen. Ich habe Wunder und Greuel gesehen, und nichts von alledem konnte ich berühren.«
    »Wie sind Sie zurückgekommen?«
    »Der Weg wurde für uns geöffnet. Irgend etwas kam hindurch von dieser Seite, direkt hier auf diesem feuchten heißen Planeten. Ich weiß nicht, was für eine Kreatur es war. Nichts Irdisches, ganz bestimmt nicht. Und danach gab es nichts mehr, das uns aufhalten konnte.«
    »Dieses Xeno-Wesen, die Kreatur, die Ihnen den Weg geöffnet hat – ist sie noch immer hier? Bringt sie noch immer Seelen aus dem Jenseits zurück?«
    »Nein, Lady. Sie hat nur dem ersten von uns geholfen. Danach ist sie verschwunden, aber es war zu spät, aus dem Rinnsal war bereits eine Flut geworden. Wir bringen uns seither selbst zurück.«
    »Wie das?«
    Shaun Wallace stieß ein zögerndes Seufzen aus. Dann verstummte er für so lange Zeit, daß Kelly schon nicht mehr mit einer Antwort rechnete. Er hörte sogar auf, Fenton zu streicheln.
    »Auf die gleiche Weise, wie es die Teufelsanbeter früher getan haben«, sagte er schließlich schwer. »Mit ihren blutigen Zeremonien und heidnischer Barbarei. Gott behüte mich vor diesen Dingen … es ist Sünde. Aber es gibt keinen anderen Weg.«
    »Und wie sieht dieser Weg aus?«
    »Wir brechen die Lebenden. Wir bringen sie dahin, daß sie sich wünschen, besessen zu werden. Besessen zu sein bedeutet das Ende ihrer Qualen, versteht Ihr? Selbst mit all unserer Macht können wir nur einen kleinen Durchgang in das Jenseits aufstoßen, gerade genug, um den verlorenen Seelen den Weg zurück zu zeigen. Aber es muß auch jemand auf sie warten, ein Körper, der bereit ist, sie aufzunehmen. Und zwar freiwillig.«
    »Also foltert ihr die Lebenden, bis sie sich unterwerfen«, sagte Reza schonungslos.
    »Ja. Das tun wir. Das tun wir in der Tat. Und glaubt mir, Sir, ich bin nicht stolz darauf, das zugeben zu müssen.«
    »Sie meinen, Rai Molvi ist noch immer dort drin? Er lebt noch immer in diesem Körper?«
    »Ja. Aber ich habe seine Seele an einen dunklen, sicheren Ort verbannt. Ich bin nicht sicher, ob man es ›leben‹ nennen kann.«
    »Und diese Macht, die Sie erwähnten«, drängte Kelly. »Was für eine Macht ist das?«
    »Ich weiß es nicht genau, Lady. Eine Art Magie vielleicht. Obwohl sie nichts mit Zauberei und all den Sprüchen und Tränken gemein hat. Diese Magie ist dunkler, und sie ist nur einen Gedanken weit entfernt. Ganz einfach ist das. So eine Magie sollte einem Menschen nicht einfach in die Hände gelegt werden. Die Verlockungen sind einfach zu groß.«
    »Das weiße Feuer – kommt es auch dorther?« fragte Reza. »Ist es auch ein Teil eurer Macht?«
    »Ja, das ist es in der Tat, Sir.«
    »Wie groß ist seine Reichweite?«
    »Ah, Mister Malin, das ist schwierig zu beantworten, Sir. Je mehr von uns es schleudern, desto weiter fliegt es. Je leidenschaftlicher wir es schleudern, desto stärker brennt es. Eine Person, die so kühl ist wir Ihr … ich bezweifle, daß Ihr es weit schleudern könntet, Sir.«
    Reza grunzte und lehnte sich auf seiner Bank zurück.
    »Könnten Sie mir vielleicht eine Demonstration Ihrer Kräfte liefern?« bat Kelly. »Etwas, das ich aufzeichnen und den Menschen zeigen kann? Etwas, das sie glauben läßt, daß Ihre Worte der Wahrheit entsprechen?«
    »Ich hatte noch nie mit einem Zeitungsmenschen zu tun, Lady. Ihr sagtet doch, Ihr kämet von einer Zeitung, nicht wahr?«
    »Nun ja, das, was im Lauf der Zeit daraus geworden ist, ja.« Sie startete eine historische Suche in ihrer neuralen Nanonik. »Etwas Ähnliches wie Filme in einem Lichtspielhaus, nur in Ton und Farbe und mit Gefühlen. Wie steht es jetzt mit dieser Demonstration, Mister Wallace?«
    »Ich bevorzuge eigentlich Frauen mit längerem Haar, Mrs. Kelly.«
    Sie fuhr sich selbstbewußt über den kahlen Schädel. Sie hatte sich das Haar abrasiert, damit der Schalenhelm ihres Kampfanzugs besser saß. »Normalerweise trage ich das Haar lang«, gestand sie ein wenig reumütig.
    Shaun Wallace grinste anzüglich. Dann beugte er sich über die Reling und fischte eins der langbeinigen Insekten aus dem Wasser, von denen unzählige über die Schneelilien huschten. Er hielt es auf der offenen Handfläche vor ihr hin: ein langer,

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