Fehlfunktion
Himmel über der roten Wolke schimmerte in einem makellosen Blau.
Kelly spürte die ersten Tropfen des Nieselregens auf ihrer Haut, als sie zurück in das Hovercraft kletterte. Sie kramte in ihrer zylindrischen Umhängetasche nach einem Anorak (die verbrannte Jacke ihres Kampfanzugs war im Dschungel zurückgeblieben – in diesem Zustand wäre sie sowieso nicht mehr nützlich gewesen). »Es tut mir leid«, sagte sie zu Shaun Wallace, als er sich zu ihr setzte. »Ich habe nur diesen einen, und die anderen brauchen so etwas nicht.«
»Ah, schon gut, Lady. Macht Euch keine Gedanken wegen Shaun Wallace, Mrs. Kelly.« Sein Overall verwandelte sich; die Farbe ging in einen intensiven Blauton über, und das Gewebe wurde dicker. Schließlich trug er einen Anorak, der identisch war mit dem, den Kelly noch in der Hand hielt – bis hin zu dem unauffälligen Collins-Logo auf der rechten Schulter. »Da, seht Ihr? Der alte Shaun kann ganz gut für sich selbst sorgen.«
Kelly nickte ihm errötend zu (Gott sei Dank, ihre Speicherzelle zeichnete noch immer auf) und beeilte sich, ihren eigenen Anorak überzustreifen, als der Regen stärker wurde.
»Und wie steht es mit Essen?« fragte sie den Iren, während Theo das Hovercraft das Flußufer hinauf und in Richtung der Tyrathca-Siedlung steuerte.
»Ein wenig wäre nicht schlecht, danke. Nicht zuviel, nicht für mich. Ich bin mit kleinen Freuden zufrieden«, sagte er.
Sie kramte erneut in ihrer Tasche und fand eine Tafel Schokolade mit Tarrit-Aroma. Keiner der Söldner hatte Nahrungsvorräte mitgebracht; ihr Metabolismus war in der Lage, sich unendlich lange von der einheimischen Vegetation zu ernähren. Die starken Enzyme ihres Verdauungssystems konnten alles aufbrechen, was Proteine und Kohlenhydrate enthielt.
Shaun Wallace kaute eine Minute in andächtigem Schweigen. »Das schmeckt gut«, sagte er dann. »Es erinnert mich ein wenig an Heidelbeeren an einem kalten Morgen.« Er grinste.
Kelly grinste unwillkürlich zurück.
Die Hovercrafts kamen ein gutes Stück langsamer voran als auf dem Wasser. Steinhaufen aus verwitterten Kieseln und plötzliche schmale Gräben forderten das Können der beiden Männer am Steuer. Der Regen, inzwischen ein heftiger Guß aus dunkelgrauen Wolken, machte die Aufgabe nicht gerade leichter.
Pat hatte Octan nach Norden geschickt, um der schlimmsten Sintflut aus dem Weg zu gehen. Draußen auf der Savanne war es noch immer trocken und sonnig, eine Pufferzone zwischen Natur und Übernatürlichem. Reza schickte Fenton und Ryall aus, um das vor ihnen liegende Land abzusuchen. Blitze und Donner setzten ein.
»Ich glaube, auf dem Fluß hat es mir besser gefallen«, sagte Jalal unvermittelt.
»Ah, Mister Jalal«, sagte Shaun Wallace. »Kopf hoch, das ist doch gar nichts für Lalonde. Ein kleiner Schauer, weiter nichts. Das Wetter war viel schlimmer als das hier, bevor wir aus dem Jenseits zurückgekehrt sind.«
Jalal ignorierte die beiläufige Anspielung auf die Kräfte der Besessenen. Shaun Wallace schien einen subtilen Nervenkrieg gegen ihn zu führen. Er säte die Saat des Zweifels und der Unsicherheit.
»Halt!« befahl Reza per Datavis an die beiden Piloten, Theo und Sal Young im zweiten Hovercraft. »Propeller abstellen und Luft aus den Schürzen lassen.«
Die beiden Hovercrafts sanken unter ersterbendem Propellerheulen zu Boden, zerquetschten die widerstandsfähigen Grasbüschel unter sich und kamen schließlich schief zur Ruhe.
Der Regen hatte die Sichtweite – selbst mit den erweiterten Sehorganen – auf weniger als fünfundzwanzig Meter reduziert. Kelly konnte Ryall, der vor einem großen braunen Felsen stehengeblieben war und sich unruhig regte, gerade so erkennen.
Reza zog seinen Munitionsgürtel aus und legte den Thermokarabiner ab, den er bei sich getragen hatte. Dann sprang er über die Reling und trottete auf das wartende Tier zu. Kelly wischte sich das Wasser aus dem Gesicht. Der Regen war so stark, daß er durch die Kapuzennaht drang und an ihrem Hals herunterlief. Einen Augenblick lang spielte sie mit dem Gedanken, ihren Schalenhelm wieder anzuziehen – ihr war alles recht, um diese verdammte Invasion von Feuchtigkeit zu beenden. Fünf Meter vor dem braunen Klumpen blieb Reza stehen und breitete ganz langsam die Arme aus. Regen troff von seiner grauen Haut. Er brüllte irgend etwas, das selbst Kellys hochentwickeltes Audiofilterprogramm nicht aus den Geräuschen von Wind und Regen herausfiltern konnte. Sie blinzelte, und
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