Fehlfunktion
war für sechs Leute gedeckt. Parris selbst hatte am Kopfende Platz genommen. Er wirkte sehr vornehm in seinem schwarzen Smoking. Die formelle Abendkleidung stand ihm ausgezeichnet und kontrastierte mit seinem silbergrauen Lockenkopf. Am anderen Ende der Tafel saß Symone, seine gegenwärtige Geliebte. Symone war eine wunderschöne Achtundzwanzigjährige, deren genetisch manipulierte Chromosomen eine dunkle, walnußfarbene Haut und Haare hervorgebracht hatten, die einen Hauch heller waren als die von Dominique – ein atemberaubender, wunderbarer Kontrast. Symone war mit Parris’ drittem Kind im achten Monat schwanger.
Joshua und Dominique saßen gemeinsam auf einer Seite des Tisches. Dominiques lange Beine hatten Joshua während des gesamten Essens berührt. Er hatte sein Bestes gegeben, um zu tun, als bemerke er es nicht, doch sein zuckender Mund hatte ihn gegenüber Ione verraten, und vermutlich auch gegenüber Symone. Auf der anderen Seite saßen Ione und Clement, Parris’ Sohn. Er war achtzehn, und ihm fehlte noch die Verschlagenheit seiner großen Schwester. Ein freundlicher, angenehmer Bursche. Und hübsch, dachte Ione, obwohl er überhaupt nichts von Joshuas wölfischer Rauheit besaß. Sein junges Gesicht war weicher und gerahmt von lockigem Haar, das unverwechselbar dem von Parris ähnelte.
»Ich war noch nicht auf Kulu«, sagte Joshua, als der Kellner im weißen Jackett die Dessertteller abräumte, wobei ihm zwei Hausschimps halfen.
»Hat man dich vielleicht nicht reingelassen?« erkundigte sich Dominique mit honigsüßer Boshaftigkeit.
»Die Händler von Kulu bilden ein undurchlässiges Kartell, das sich nur schwer knacken läßt.«
»Da sagst du was!« stimmte Parris ihm schroff zu. »Ich habe acht Jahre gebraucht, bevor ich mit Stoffen von Oshanko einbrechen konnte. Bis zu diesem Zeitpunkt bin ich mit leeren Schiffen hingeflogen, um ihre verdammten Nanoniken zu kaufen. Das ist verdammt kostspielig.«
»Ich warte jedenfalls, bis ich einen Charter nach Kulu habe«, sagte Joshua. »Ich habe nicht vor, mir die Zähne an einer Organisation wie dieser auszubeißen. Aber ich würde trotzdem gerne einmal als Tourist nach Kulu reisen und mir die Welt ansehen.«
»Du hast schon Norfolk überrannt«, sagte Dominique mit weiten Augen und offener Unschuld über ihr Champagnerglas hinweg.
»Heh, gute Überleitung«, sagte Joshua begeistert. »Wie sind wir nur auf dieses Thema zu sprechen gekommen? Ich hab’ gar nichts bemerkt.«
Sie streckte ihm die Zunge heraus.
»Du hast es gut, Joshua«, sagte Parris Vasilkovsky. »Ich armer Hund muß mich jeden Tag gegen ihre Gerissenheit zur Wehr setzen.«
»Ich denke, sie ist alt genug, um sie vor die Tür zu setzen«, entgegnete Joshua.
»Aber wer will ein Weibsbild wie sie?«
»Guter Punkt.«
Dominique warf ein kleines Bündel Trauben nach ihrem Vater.
Parris fing sie geschickt auf und lachte. Eine Traube ging daneben und rollte über den Moosteppich davon. »Mach mir ein Angebot für sie, Joshua. Ich akzeptiere jeden Preis bis zu zehntausend Fuseodollars.«
Joshua bemerkte das warnende Leuchten in Dominiques Augen. »Ich glaube, ich muß ablehnen, danke«, sagte er.
»Feigling!« Dominique zog einen Schmollmund.
Parris legte die Trauben zur Seite und wischte sich die Hand mit einer Serviette ab. »Wie hast du es geschafft, Joshua? Meine Kommandanten kriegen keine dreitausend Kisten, und die Vasilkovsky Line ist seit fünfzig Jahren im Norfolk-Geschäft.«
Joshua aktivierte eine Speicherzelle in seiner neuralen Nanonik. »Diese Unterhaltung ist streng vertraulich«, sagte er. »Sind alle damit einverstanden?« Er blickte von einem zum anderen und zeichnete auf, wie jeder seine Frage bejahte. Von diesem Augenblick an waren sie gesetzlich gebunden, Stillschweigen über das zu bewahren, was er ihnen anvertraute. Obwohl es ihn interessiert hätte, was er gegen Ione selbst unternehmen konnte, falls sie sich nicht daran hielt. Schließlich waren Iones Gedanken und das juristische System Tranquilitys ein und dasselbe. »Ich habe ihnen etwas gebracht, das sie sehr gut gebrauchen können«, sagte er. »Holz.« Und dann berichtete er von seiner Idee, Mayope nach Norfolk zu verschiffen.
»Sehr schlau«, sagte Dominique gedehnt, nachdem Joshua geendet hatte, obwohl ein ungewohnter Unterton von Respekt in ihrer affektierten Trägheit mitschwang. »Der Mann hat es nicht nur in den Eiern, sondern auch im Kopf.«
»Mir gefällt die Idee«, gestand Parris. Er starrte
Weitere Kostenlose Bücher