Fehlfunktion
die Nachrichtensendungen? Hast du dir nicht Graeme Nicholsons Sens-O-Vis angesehen?«
»Doch, habe ich. Laton ist nicht mehr auf Lalonde. Er hat den Planeten an Bord der Yaku verlassen. Oder hast du das vielleicht übersehen, Ione? Wenn ich Selbstmord begehen wollte, würde ich hinter der Yaku herjagen. Dort ist die Gefahr, Ione, und dort gehen all die Helden von der Navy hin. Nicht ich. Ich beschütze lediglich meine eigenen Interessen.«
»Aber das hast du nicht nötig!« sagte sie. Mein Gott, was konnte dieser verdammte Kerl manchmal stur sein!
»Du meinst, du hast es nicht nötig«, entgegnete Joshua.
»Was?«
»Das käme dir nicht gelegen, wie? Wenn ich viel Geld hätte. Soviel Geld würde bedeuten, daß ich die Entscheidungen treffe und die Wahl habe, nicht wahr? Ich hätte die Kontrolle über mein eigenes Leben, und das würde nicht in die kuscheligen Pläne passen, die du für uns beide geschmiedet hast, Ione. Ich wäre nicht mehr so leicht zu manipulieren, oder was?«
»Manipulieren! Du brauchst doch nur einen flüchtigen Blick auf eine weibliche Brustwarze, und deine Hose platzt vor Druck auseinander! Glaubst du vielleicht, du wärst kompliziert, Joshua? Du bist nicht kompliziert, du brauchst Hormonsuppressoren, weiter nichts. Ich versuche doch nur, ein wenig für dich mit in die Zukunft zu denken, weil Gott weiß, daß du allein nicht dazu imstande bist!«
»Meine Güte, Ione! Manchmal kann ich einfach nicht glauben, daß du mit einem Kubikkilometer Gehirnzellen verbunden bist. Die meiste Zeit über zeigst du nicht mehr Intelligenz als eine Ameise! Das ist meine Chance, Ione, und ich kann es schaffen! Ich kann es wirklich schaffen, und ich kann dir ebenbürtig werden!«
»Ich will aber niemanden, der mir ebenbürtig ist!« Ione biß sich auf die Lippen. Fast hätte sie es getan, fast hätte sie gesagt: »Ich will nur dich.« Aber selbst die Folter hätte diese Worte nicht über ihre Lippen gelassen, nicht jetzt.
»Ja, das ist mir bereits aufgefallen«, entgegnete er. »Ich habe mit einem heruntergekommenen, defekten Schiff angefangen. Ich habe dieses Schiff wieder raumtüchtig gemacht, und ich habe mir meinen Lebensunterhalt damit verdient, daß ich dieses Schiff gesteuert habe. Und jetzt gehe ich einen Schritt weiter. Ich steige auf. So ist das Leben, Ione. Alles wächst, alles entwickelt sich. Du solltest es vielleicht auch einmal ausprobieren, es ist gar nicht schlecht.« Er wandte sich ab und stapfte unter den Bäumen hindurch davon, und er wischte die im Weg hängenden Äste ungeduldig beiseite. Wenn sie sich entschuldigen wollte, dann sollte sie verdammt noch mal hinter ihm herkommen und es tun.
Ione blickte ihm hinterher und fummelte nervös an den Verschlüssen ihrer Weste. Was für ein Arschloch! Vielleicht ist er ja paranormal, aber nur auf Kosten seines gesunden Menschenverstands.
– Es tut mir sehr leid, sagte Tranquility sanft.
Sie schluckte mühsam. – Was tut dir leid? fragte sie.
– Joshua.
– Dazu gibt es keinen Grund. Wenn er gehen will, dann soll er doch. Wir werden sehen, ob es mir etwas ausmacht oder nicht.
– Es macht dir aber etwas aus! Er ist wie geschaffen für dich.
– Er ist anderer Meinung.
– Nein, ist er nicht. Aber er hat seinen Stolz. Genau wie du.
– Danke für gar nichts.
– Weine nicht.
Ione senkte den Blick und sah ihre Hände durch einen Schleier hindurch. Ihre Augen waren ganz heiß. Sie wischte sich heftig über das Gesicht. Mein Gott, wie konnte ich nur so dumm sein? Er sollte schließlich nichts weiter als ein amüsantes Abenteuer sein, das ist alles.
– Ich liebe dich, sagte Tranquility so voller behutsamer Wärme, daß Ione unwillkürlich lächeln mußte. Dann zuckte sie zusammen. Ihr Magen rebellierte, und sie mußte sich übergeben. Die Galle war widerlich und stank. Ione legte die Hände zu einem Kelch zusammen und schöpfte ein wenig Wasser aus dem Teich, um sich den Mund auszuspülen.
– Du bist schwanger, beobachtete Tranquility.
– Ja. Seit Joshua das letzte Mal hier war, bevor er nach Norfolk geflogen ist.
– Sag’s ihm.
– Nein! Das würde die Sache nur noch verschlimmern!
– Ihr seid alle beide Dummköpfe, stellte Tranquility mit ungewohnter Leidenschaft fest.
Sterne glitten durch das Fenster hinter Commander Olsen Neale. Choisya war der einzige von Mirchuskos Monden, der gegenwärtig zu sehen war, eine ferne, graubraune Sichel, die alle drei Minuten am Boden des Ovals auftauchte. Erick Thakrar mochte den
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