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Fehlschlag unzulässig

Fehlschlag unzulässig

Titel: Fehlschlag unzulässig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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nach dem Ab­klin­gen des Heu­lens hat­ten mich Schmer­zen ge­pei­nigt. Sie hat­ten sich bis zur Un­er­träg­lich­keit ge­stei­gert und wa­ren nach Se­kun­den wie­der ver­schwun­den.
    Da­nach war das Phä­no­men auf­ge­tre­ten, un­ter dem wir jetzt noch lit­ten.
    Aber nein – wir lit­ten doch gar nicht dar­un­ter! Ich hat­te mich noch nie im Le­ben so frei und un­be­schwert ge­fühlt, na­he­zu eu­pho­risch. Leb­ten wir über­haupt noch?
    »Le­ben ist nichts. Das Da­sein ist al­les«, ver­nahm ich ei­ne un­wirk­li­che Stim­me. »Das Da­sein be­ginnt in all sei­ner Schön­heit und Er­ha­ben­heit, wenn die Pla­ge des kör­per­li­chen Le­ben­müs­sens ab­ge­schüt­telt ist.«
    Ich war für einen Au­gen­blick fas­sungs­los.
    Dr. Dr. Kenji Nis­hi­mu­ra ver­ließ sei­nen Kon­troll­sitz und ging durch ei­ni­ge der eng­ge­stau­ten Ge­päck­stücke hin­durch. Er lä­chel te mich an. Sein un­ter­setz­ter, mus­ku­lö­ser Kör­per schi­en die Hin­der­nis­se kaum zu spü­ren.
    Ich er­hob mich au­to­ma­ten­haft und griff nach vorn.
    Mei­ne Hand glitt in ei­ne wal­len­de, kon­tur­los ge­wor­de­ne Mas­se hin­ein.
    Mit auf­stei­gen­der Pa­nik ver­such­te ich, Kenjis Be­wußt­seins­in­halt zu er­fas­sen und zu tes­ten, aber das war ver­geb­lich.
    Es dau­er­te ei­ni­ge Se­kun­den, bis ich er­kann­te, daß ich sei­ne Ge­dan­ken be­reits ver­nom­men hat­te.
    Er konn­te sich al­so nicht mehr auf der ge­wohn­ten, nor­ma­lakus­ti­schen Ba­sis mit­tei­len, son­dern nur noch in ei­nem Be­reich, der bis­lang aus­schließ­lich Ki­ny, Han­ni­bal und mir vor­be­hal­ten ge­we­sen war.
    »Kenji, Sie sind nicht hier, um phi­lo­so­phi­sche Be­trach­tun­gen an­zu­stel­len«, rief ich ihn be­stürzt an.
    Gleich­zei­tig be­merk­te ich, daß mei­ne or­ga­ni­schen Sprach­werk­zeu­ge nicht mehr funk­tio­nier­ten. Die Er­kennt­nis kam spät, aber die Ur­sa­che wur­de mir so­fort klar.
    Ich war dar­an ge­wohnt, auf der Pa­rap­si­ba­sis In­for­ma­tio­nen aus­zut­au­schen und so­gar Un­ter­hal­tun­gen zu füh­ren.
    Er­staun­lich war, daß mich Nis­hi­mu­ra ver­stand. Auch al­le an­de­ren Be­sat­zungs­mit­glie­der hat­ten den Ruf ver­nom­men, oder Reg J. Stea­mers, die­ser nüch­ter­ne Ab­strakt­wis­sen­schaft­ler, hät­te nie dar­auf geant­wor­tet.
    »Ei­ne Du­pli­zi­tät ge­setz­mä­ßi­ger Er­eig­nis­se wird zum ab­so­lu­ten Null­wert, so­bald der Be­reich ih­rer Nor­men­struk­tur über­schrit­ten ist, Kon­nat. Wir sind drau­ßen. Die Pe­ri­ode anor­ma­ler Be­lastun gen ist vor­über; das wahr­haft Schö­ne be­ginnt. Das ist die ›Ge­lös­te Sphä­re‹, möch­te ich sa­gen. Kenji hat recht.«
    Stea­mers’ Äu­ße­run­gen be­wie­sen zwei Din­ge: Ein­mal konn­te er noch fol­ge­rich­tig den­ken und be­stimm­te Per­so­nen iden­ti­fi­zie­ren. Er hat­te mei­nen Na­men ge­nannt.
    Zu­sätz­lich aber dach­te er in Bah­nen, die nicht mehr un­se­rem Le­bens­stil ent­spra­chen. Sie wa­ren art- oder mensch­heits­fremd in ih­rer Aus­sa­ge; bes­ten­falls ge­eig­net, tief­sin­ni­ge Be­trach­tun­gen am abend­li­chen Ka­min­feu­er an­zu­stel­len.
    Die Be­sat­zung des Zeit­de­for­ma­tors war drauf und dran, in­fol ge der spon­tan auf­ge­tre­te­nen Teil­ent­stoff­li­chung ih­rer kör­per­li­chen Ma­te­rie auch geis­tig um­zu­schal­ten.
    Ja – ge­nau das war ein­ge­tre­ten! Ich er­kann­te mit hell­sich­ti­ger Klar­heit, daß die von un­kon­trol­lier­ba­ren Ener­gi­en er­zeug­te Ent­ma­te­ria­li­sie­rung des sta­bi­len, nor­mal­ma­te­ri­el­len Ver­bun­des auch ei­ne psy­chi­sche Um­wand­lung zur Fol­ge ha­ben muß­te; im­mer nach dem Ge­setz, daß ein to­tal auf­ge­ho­be­ner le­bens­wich­ti­ger Grund­fak­tor sehr vie­le Wech­sel­wir­kun­gen nach sich zie­hen muß.
    Ich wuß­te nicht, mit wel­cher Schnel­lig­keit die­se Über­le­gun­gen und Er­kennt­nis­se bis zu mei­nem Wach­be­wußt­sein vor­dran­gen. In den ers­ten Au­gen­bli­cken war es wohl nur ei­ne un­ter­schwel­li­ge Emp­fin­dung ge­we­sen. Jetzt wur­de sie plötz­lich deut­lich.
    Gold­stein, Al­li­son, Ta­nahoyl und Na­ru Ke­no­ne­we be­gan­nen ein

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