Fehlschlag unzulässig
nach dem Abklingen des Heulens hatten mich Schmerzen gepeinigt. Sie hatten sich bis zur Unerträglichkeit gesteigert und waren nach Sekunden wieder verschwunden.
Danach war das Phänomen aufgetreten, unter dem wir jetzt noch litten.
Aber nein – wir litten doch gar nicht darunter! Ich hatte mich noch nie im Leben so frei und unbeschwert gefühlt, nahezu euphorisch. Lebten wir überhaupt noch?
»Leben ist nichts. Das Dasein ist alles«, vernahm ich eine unwirkliche Stimme. »Das Dasein beginnt in all seiner Schönheit und Erhabenheit, wenn die Plage des körperlichen Lebenmüssens abgeschüttelt ist.«
Ich war für einen Augenblick fassungslos.
Dr. Dr. Kenji Nishimura verließ seinen Kontrollsitz und ging durch einige der enggestauten Gepäckstücke hindurch. Er lächel te mich an. Sein untersetzter, muskulöser Körper schien die Hindernisse kaum zu spüren.
Ich erhob mich automatenhaft und griff nach vorn.
Meine Hand glitt in eine wallende, konturlos gewordene Masse hinein.
Mit aufsteigender Panik versuchte ich, Kenjis Bewußtseinsinhalt zu erfassen und zu testen, aber das war vergeblich.
Es dauerte einige Sekunden, bis ich erkannte, daß ich seine Gedanken bereits vernommen hatte.
Er konnte sich also nicht mehr auf der gewohnten, normalakustischen Basis mitteilen, sondern nur noch in einem Bereich, der bislang ausschließlich Kiny, Hannibal und mir vorbehalten gewesen war.
»Kenji, Sie sind nicht hier, um philosophische Betrachtungen anzustellen«, rief ich ihn bestürzt an.
Gleichzeitig bemerkte ich, daß meine organischen Sprachwerkzeuge nicht mehr funktionierten. Die Erkenntnis kam spät, aber die Ursache wurde mir sofort klar.
Ich war daran gewohnt, auf der Parapsibasis Informationen auszutauschen und sogar Unterhaltungen zu führen.
Erstaunlich war, daß mich Nishimura verstand. Auch alle anderen Besatzungsmitglieder hatten den Ruf vernommen, oder Reg J. Steamers, dieser nüchterne Abstraktwissenschaftler, hätte nie darauf geantwortet.
»Eine Duplizität gesetzmäßiger Ereignisse wird zum absoluten Nullwert, sobald der Bereich ihrer Normenstruktur überschritten ist, Konnat. Wir sind draußen. Die Periode anormaler Belastun gen ist vorüber; das wahrhaft Schöne beginnt. Das ist die ›Gelöste Sphäre‹, möchte ich sagen. Kenji hat recht.«
Steamers’ Äußerungen bewiesen zwei Dinge: Einmal konnte er noch folgerichtig denken und bestimmte Personen identifizieren. Er hatte meinen Namen genannt.
Zusätzlich aber dachte er in Bahnen, die nicht mehr unserem Lebensstil entsprachen. Sie waren art- oder menschheitsfremd in ihrer Aussage; bestenfalls geeignet, tiefsinnige Betrachtungen am abendlichen Kaminfeuer anzustellen.
Die Besatzung des Zeitdeformators war drauf und dran, infol ge der spontan aufgetretenen Teilentstofflichung ihrer körperlichen Materie auch geistig umzuschalten.
Ja – genau das war eingetreten! Ich erkannte mit hellsichtiger Klarheit, daß die von unkontrollierbaren Energien erzeugte Entmaterialisierung des stabilen, normalmateriellen Verbundes auch eine psychische Umwandlung zur Folge haben mußte; immer nach dem Gesetz, daß ein total aufgehobener lebenswichtiger Grundfaktor sehr viele Wechselwirkungen nach sich ziehen muß.
Ich wußte nicht, mit welcher Schnelligkeit diese Überlegungen und Erkenntnisse bis zu meinem Wachbewußtsein vordrangen. In den ersten Augenblicken war es wohl nur eine unterschwellige Empfindung gewesen. Jetzt wurde sie plötzlich deutlich.
Goldstein, Allison, Tanahoyl und Naru Kenonewe begannen ein
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