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Fehlschuss

Fehlschuss

Titel: Fehlschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Geller
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jetzt? Wie weiter? Ganz automatisch fiel sein Blick auf das Handy. Ein
einzelner kleiner Strich! Reichte das, um eine Verbindung aufzubauen? Er sank
erschöpft auf die Bank und legte die Pistole, die er immer noch in einer Hand
hielt, neben sich. Stopp! Wenn Gonzo  ihn suchte und nochmal vorbeifuhr, würde
er ihn hier pflücken wie eine reife Pflaume.
    Schnell raffte er die Waffe und hastete über den kleinen Platz. Erst
als er sich hinter dichten Ginsterbüschen verkrochen hatte, wagte er, das
Telefon zu bedienen. Freizeichen! Er hatte ein Freizeichen! Mit zitternden
Fingern gab er die einzige Kurzwahl ein, die er wirklich im Kopf hatte.
    Sei zu Hause! Werd wach! Geh ran, bitte geh ran! Er umklammerte das
Gerät wie einen Rettungsring. Das Dröhnen in seinem Kopf wurde schier
unerträglich.
    Schon beim dritten Klingeln wurde abgenommen und eine hellwache,
ungehaltene Stimme bellte „Braun!“ in den Apparat.
    „Sanne … ich … Sanne!“
    „Was? … Chris? Chris! Was ist los?“
    “Dieses … dieses Schwein … der Typ hat mein Auto!“
    „Wer hat dein Auto? Chris? Was ist passiert? Wo steckst du denn?“
    „Ich … auf dem Parkplatz!“
    „Verdammt noch mal! Bist du besoffen? Wovon redest du? Was für ein
Parkplatz?“
    Die plötzliche Schärfe in Susannes Stimme ließ irgendetwas in seinem
Gehirn einrasten und er antwortete halbwegs fest: „Im … im Arloffer Wald.“
    „Großer Gott!“ Es war nicht mehr als ein Murmeln. Aber es drückte
alles aus. Entsetzen. Angst.
    Sekundenlanges Schweigen auf der anderen Seite des Funkstrahls. Dann:
„Okay, Chris! Ganz ruhig jetzt. Bist du … verletzt?“
    „Ja … nein … ich weiß nicht … nein.“
    „Chris!“
    Sie hatte Recht, verflucht! Wer sollte aus diesem Gestammel schlau
werden? „Nein“, sagte er klar und deutlich und hoffte, dass es stimmte. „Nur …
nur ein paar Kratzer.“
    Susanne sog hörbar die Luft ein. „Gut“, sagte sie dann. „Gut. Hör zu,
ich rufe jetzt die Kollegen in Münstereifel. Die sollen …“
    „Warte!“, unterbrach er sie, mit einem Mal völlig klar im Kopf.
Vielleicht weil das Dröhnen darin nachgelassen hatte? Er hatte absolut kein
Verlangen nach irgendwelchen Dorfsheriffs. Und reden wollte er auch nicht. Über
Gonzo schon mal gar nicht. Aber irgendetwas hätte er Susannes Kollegen erzählen
müssen. „Warte! Kannst du mich nicht holen? Ich hab keine Lust, denen meine
halbe Lebensgeschichte zu erzählen.“ 
    „Bist doch sonst nicht so mundfaul!“ Seine Freundin seufzte
vernehmlich. „Also gut! Weil du es bist. Ich bin schon fast unterwegs.“
    Erleichtert ließ er das Gerät sinken und schloss die Augen. Ruhe! Er
wollte nur noch Ruhe. Dann jedoch stockte ihm der Atem. Da war was. Irgendwas.
Er horchte angestrengt. Ein eigenartiges Geräusch, ein Rappeln, das ihm völlig
fremd war.  Beinahe hätte er laut gelacht, als ihm klar wurde, dass er es
selbst war. Er klapperte doch tatsächlich mit den Zähnen! Jetzt erst merkte er,
dass seine Hose durchnässt und voller Matsch war, sein Hemd komplett
durchgeschwitzt —und dass diese Nacht erbärmlich kalt war.
    „Chris?“, hörte er verzerrt und aus weiter Ferne. Er wollte das Handy
wieder aufnehmen, aber dann war alles nur noch schwarz.
     
    Er kam zu sich, weil ein harter Lichtstrahl ihn durch die
geschlossenen Lider mitten ins Hirn traf und da in einem bunten Sternenregen
explodierte. Er riss die Augen auf, sah in den Lichtkegel und dahinter nichts
als Dunkelheit.
    Gonzo! Die Stimme! Stinkender Atem! Seine Waffe! Er brauchte nur seine
Waffe zu heben und in diesen Lichtkegel zielen, dann hätte „Mister Muppet“ es
hinter sich.
    Das Licht schwenkte zur Seite und eine warme Hand legte sich auf seine
Wange, sanft wie ein Schmetterling. Gleichzeitig wurde sein rechter Arm
festgehalten.
    „He, Kumpel! Ich bin´s! Knall deine beste Freundin nicht ab.“
    Susanne nahm ihm die Pistole aus der Hand und ließ sich neben ihn ins
Gebüsch sinken. Auf dem Parkplatz stand ein Wagen, dessen Scheinwerfer die
Bäume in helles Licht tauchten.
    Bäume! Er konnte keine Bäume mehr sehen. Nach dieser Nacht würde er
wahrscheinlich nie wieder einen Wald betreten.
    Seine eiskalten Finger gruben sich in den Ärmel von Susannes Jacke. „Dieser
Typ ist krank, Susanne! Der hat echt nicht mehr alle Tassen im Schrank. Du
musst ihn finden! Wenn der noch mehr …“
    „Komm, reg dich ab!“, wurde er unterbrochen. „Dein Wagen ist in der
Fahndung. Mehr können wir im Moment nicht

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