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Fehlschuss

Fehlschuss

Titel: Fehlschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Geller
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zwei Sekunden, bis er begriffen hatte. Dann setzte
sein Herzschlag einen Moment lang aus und eine warme Welle durchflutete ihn bis
in die Zehenspitzen.
    „War das jetzt eine Art … Liebeserklärung?“, fragte er leise.
    „Ich mache grundsätzlich keine Liebeserklärungen!“, blaffte Karin das
Bettlaken an.
    Aber Chris lächelte nur selig-blöde. „Könntest du´s trotzdem noch mal
sagen?“
    „Ich … ich bin nicht der Typ für so was“, brummelte sie, immer noch an
das Laken gerichtet. „Ich kann …“
    Plötzlich hob sie den Blick und grinste schief. „Tut´s vielleicht auch
ein Kuss, Doktor Sprenger?“
    Oh ja, der tat´s. Und wie! Chris war ziemlich außer Atem, als Karin
sich nach einer viel zu kurzen Ewigkeit von ihm löste.
    „Mach weiter“, murmelte er mit geschlossenen Augen.
    Karin lachte. Ihr dunkles, volles Lachen. „Den Teufel werd ich tun! Du
sollst dich nicht aufregen, hat Anne gesagt.“
    „Oh Scheiße! Ich bin die Ruhe selbst!“
    „Lügner!“ Sie zog ihre Pranke mit seiner Hand darin unters Kinn. „Ich
soll sie übrigens holen, wenn du Lebenszeichen von dir gibst!“
    „Wen?“
    „Anne!“
    „Oh nein! Bitte! Gib uns noch fünf Minuten allein.“
    „He, wir haben noch alle Zeit der Welt, du und ich.“
    Erneut geriet sein Herz aus dem Takt. „Also keine Affäre?“, fragte er
rau.
    „Keine Affäre.“ Karin schluckte schwer und stammelte: „Ich weiß nicht,
ob ich … Gott, Chris! … Ich meine … ich hab noch nie …“ Noch einmal schluckte
sie und sagte dann fest: „Ich weiß nicht, ob ich das kann, Chris. Ich bin mein
Leben lang Einzelgängerin gewesen. Vielleicht bin ich einfach versaut für so
was wie ´ne Beziehung. Ich fürchte, ich hab da eine Menge zu lernen. Aber wenn
schon … Ich meine … Ich würd´ den Lehrgang gern mit dir machen, Chris!“
    Zärtlich strich er ihr eine dieser widerspenstigen Locken aus der
Stirn. „Lektion eins“, grinste er. „Küsse deinen Partner so oft wie möglich!“
    Auffordernd reckte er den Kopf.
     
    Annes Blick galt als erstes Karin. Eine Mischung aus Zyankali und
Fliegenpilz. Karin hielt ihm stand ohne ein einziges Blinzeln, kühl, überlegen
beinahe. Dann erst erntete Chris diesen „Kannst-du-denn-nie-auf-dich-aufpassen“-
Ausdruck, den er hasste wie die Pest.
    Der weiße Kittel der Ärztin hatte tiefe Knitterfalten, und sie sah
nicht weniger müde aus als Karin. Eine kupferrote Strähne war aus dem Haarband
gerutscht. Als sie sich auf die Bettkante setzte, schob sie sie mit einer
geübten Bewegung hinters Ohr. Sie fühlte seinen Puls, horchte das Herz ab,
leuchtete mit einer kleinen Lampe in seine Augen.
    Dann erst ließ sie sich zu der Frage herab: „Wie fühlst du dich?“
    „Als hättet ihr mich ganz schön ausgeknockt.“ Ihm war längst klar,
woher diese Watte gekommen war, deren letzte Flöckchen immer noch in seinem
Kopf saßen.
    Anne erlaubte sich nicht einmal ein Lächeln. „Wir konnten anfangs
nicht einschätzen, wie schwer deine Kopfverletzung ist, und sind auf Nummer
Sicher gegangen. Außerdem hatten wir allerlei zu flicken. Also haben wir dich
schlafen geschickt.“
    Sie bedachte Karin mit einem weiteren giftigen Blick, auf den Chris
sich keinen Reim machen konnte, ehe sie sich wieder ihm zuwandte. „Willst du
wissen, ob du durchkommst?“
    Sie lächelte auch jetzt nicht. Irgendwie wurde er das Gefühl nicht
los, dass ein Eisblock auf seiner Bettkante saß. Aber er brachte es fertig,
lässig zu antworten: „Bring´s mir schonend bei!“
    „Du hast eine wunderschöne Platzwunde an der Stirn, drei Stiche.
Meines Erachtens hat das allerdings nicht mal für ´ne Gehirnerschütterung
gereicht.“ War da jetzt Enttäuschung in ihrer Stimme? „Dir wird ein bisschen
der Schädel brummen, aber das war´s dann auch. Streifschuss am rechten Oberschenkel.
Sechs Stiche, aber es ist nicht sehr tief. Ansonsten: leichte Unterkühlung,
Prellungen, oberflächliche Schnittwunden im Brustbereich. Da du aber eine
Konstitution wie ein Pferd hast, ist zu befürchten, dass du´s überlebst.“
    „Du bist eine wahre Freundin“, stöhnte Chris. „Wann gehe ich nach
Hause?“
    „Da reden wir morgen drüber!“ Anne stand auf, wie um ihren Worten
Nachdruck zu verleihen.
    Aber so leicht wollte er sich nicht geschlagen geben. „He! Heute
Abend, ja?“
    „Nein!“
    „Ich will hier raus, Anne!“
    „Nein!“
    „Ich pack dich sowieso gleich wieder ins Bett“, griff Karin plötzlich
ein, die bisher nur schweigend seine Hand

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