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Fehlschuss

Fehlschuss

Titel: Fehlschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Geller
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er ja, dass es sich nicht gehörte, im Hawaii-Hemd in einer
Anwaltskanzlei aufzukreuzen.
    Er hatte allerdings keine Hemmungen, sich ungefragt in die
Besucherecke zu flegeln und ein Bein über die Sessellehne zu hängen. Und erst
als Chris ihn mit einem doppelten Cognac versorgt hatte, rückte er mit seinen
Informationen heraus.
    Die Namen in Inges Adressverzeichnis hatten nicht viel gebracht.
Verwandte, ein paar Freunde, zu denen sie längst keinen Kontakt mehr gehabt
hatte, ihr Frisör, ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt, ihre Kosmetikerin. Die seltsamen
Kürzel hatte er auch noch nicht entschlüsseln können, aber daran wollte er
intensiv arbeiten, wie er versicherte.
    Ansonsten wusste oder wollte niemand wissen, wo Inge sich die letzten
drei Wochen aufgehalten hatte. Keiner schien sich den Mund verbrennen zu
wollen. Es hieß, Tönnessen könne sehr ungemütlich werden, wenn es um ihre
Mädchen oder ihre Kunden ging.
    „Ich hab einzig und allein eine Ehemalige von der Tönnessen
aufgetrieben“, schloss Theo. „Sie ist bereit, mit dir zu plaudern.“
    „Und?“
    Auffordernd streckte Theo den Cognac-Schwenker hin, den Chris zum
dritten Mal füllte. Erst danach ließ er sich zu einer Antwort herab. „Pascale
Klein. Sie hat ein Appartement am Severinstor. Arbeitet auf eigene Rechnung.
Aber geh nach sechs hin. Von zehn bis sechs hat sie Kundschaft.“
    „Und das ist alles?“, hakte Chris nach.
    Theo zog die Schultern hoch. „Bisher ja. Es ist nicht einfach, weißt
du.“
    „Mann, Theo! Ihr seid doch sonst immer am Ball, wenn einer von euch
was passiert!“
    „Das ist es ja gerade, mein Alter. Im Prinzip war sie keine von uns.
Die Tönnessen betreibt halt keinen stinknormalen Puff. Sie ist auch keine
stinknormale Zuhälterin, die auf dem Straßenstrich oder so abkassiert. Das ist
´ne ganz andere Hausnummer.“
     
    Bevor er zu Susanne fuhr, erledigte Chris endlich die Einkäufe, die
eigentlich am Samstag fällig gewesen wären. Unter anderem schleppte er auch
Blumenerde, Dünger und wahllos einige Blumentöpfe in verschiedenen Größen zum
Auto. Im Kofferraum starrte ihn das Altpapier an. Das hatte er natürlich
vergessen! Murrend fuhr er also noch zur Deponie, bevor er sich durch den
Feierabendverkehr Richtung Polizeipräsidium quälte.
    Zunächst musste er sich eine Standpauke wegen seines Besuchs bei Karin
anhören. Eine ziemlich deftige Schimpfkanonade.
    „Es schien mir nicht wichtig“, versuchte er, sich herauszureden. „Die
Quelle war ja auch nicht sehr ergiebig, oder was denkst du?“
    Die Kommissarin strafte ihn mit einem vernichtenden Blick und ließ das
Thema fallen. Sehr zu seiner Erleichterung. Und er hätte sich eher die Zunge
abgebissen, als von dem Einbruch zu erzählen. Um jeden Preis wollte er Karin
raushalten aus der Geschichte.
    „Was habt ihr bis jetzt?“, fragte er, um Susanne endgültig auf andere
Gedanken zu bringen.
    Sie ging darauf ein und berichtete von dem untersetzten Mann mit
vollem Haar und dem Akzent, der Schwester Hilde aufgefallen war. Dann zuckte
sie leicht die Schultern. „Ansonsten haben wir nicht viel mehr als vorgestern.
Wir haben das Adressverzeichnis abgearbeitet, aber das kannst du vergessen.
Ihre Geschwister, ihr Frisör, die Kosmetikerin und ansonsten Leute, zu denen
sie seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Du weißt, wie das ist. Die
Telefonnummern und Adressen von Menschen, mit denen du dich aktuell umgibst,
hast du im Kopf, die trägst du nicht in deinen Kalender ein.“
    Er sagte ihr nicht, dass er das alles schon wusste. Mit Sicherheit
hätte er sich erneut den Zorn der Polizistin zugezogen. „Brigitte Tönnessen?“,
fragte er stattdessen.
    „Ist in tiefer Trauer. Jedenfalls war sie betrunken genug dafür. Was
sie nicht daran hindert, auf Teufel komm raus zu mauern. Sie betreibt eine
Begleitagentur, natürlich. Und Diskretion ist alles in ihrem Job. Sie behauptet
steif und fest, dass es keine Kundenkartei gibt. Sie hat alles im Kopf, und da
bleibt es auch!“
    „Das heißt, ihr geht von einem wild gewordenen Freier aus?“, stellte
Chris fest.
    „Nicht unbedingt! Tönnessen hat eine Andeutung gemacht, dass Lautmann
einen Liebhaber hatte. Angeblich kennt sie ihn nicht — und das ist so ziemlich
das Einzige, was ich ihr geglaubt habe.
    Letztendlich wird es aber wohl auf einen Freier oder auf diesen
Liebhaber hinauslaufen. Einen Wildfremden schließen wir zurzeit jedenfalls aus.
Es schnappt sich kaum jemand irgendeine Frau und tobt sich tagelang an ihr aus.
Du

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