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Fehlschuss

Fehlschuss

Titel: Fehlschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Geller
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ein, als sich verlegen zu räuspern. „Was
haben wir morgen?“, fragte er vorsichtig.
    „Nur um zehn die Körperverletzung, Herr und Frau Hilgers“, kam es wie
aus der Pistole geschossen.
    Die Nixe schaute kurz hoch und grinste. „Ich sag´s ab.“
    Er grinste zurück und verließ mit einem „Ich Sie übrigens auch“
endgültig das Büro.
    Auf direktem Weg fuhr er zu Karin. Und nachdem er drei Mal vergeblich
den Finger auf die Klingel gelegt hatte, stellte sich wieder dieses
Grizzly-Gefühl ein. Wut, Beklemmung und die verdammte Ahnung, dass irgendetwas
nicht stimmte, überhaupt nicht stimmte.
    „Da werden Sie kein Glück haben!“
    Die ältere Frau, die da plötzlich hinter ihm stand, trug trotz des
schwülen Wetters einen dicken Wollmantel. Schwerfällig setzte sie ihre
Einkaufstasche ab.
    „Was?“
    Die Frau deutete mit dem Kopf auf das Klingelbrett neben der Haustür.
„Na, bei der Berndorf! Zu der wollen Sie doch! Hab Sie neulich da rauskommen
sehen — früh morgens!“ Sie musterte ihn von oben bis unten und setzte dann ein
wissendes Lächeln auf.
    Chris atmete tief ein und schluckte eine Bemerkung herunter. Wenn er
eins hasste, dann waren es neugierige Nachbarn. „Wissen Sie, wo sie ist?“,
fragte er stattdessen.
    Mit Triumph in den Augen nickte die Alte. „Und ob! Die ist heute
Morgen mitgenommen worden.“
    Sie kam vertraulich näher, und er wich ein Stück zurück. „Bullen waren
das, das riech ich zehn Meilen gegen den Wind. Ver-haf-tet, verstehen Sie?“ Das
„verhaftet“ schmolz ihr offensichtlich auf der Zunge. „Ich hab´s genau gesehen.
Aber, ich hab ja immer gewusst, dass … Heh, wo rennen Sie denn hin?“
     
    Kurz bevor er das Präsidium erreichte, um Susanne zu erwürgen, konnte
er wieder denken. Bis dahin war nur dieses „ver-haf-tet“ in seinem Kopf
herumgegeistert.
    Als er aber jetzt die blankgewienerten Stufen nach oben eilte, sagte
er sich, dass von „Bullen“ abgeholt zu werden, noch lange keine Verhaftung
bedeutete. Dafür hätte Susanne etwas Konkretes in der Hand haben müssen. Und
bis gestern Abend war das noch nicht der Fall gewesen. „Und das ist es jetzt
auch noch nicht“, murmelte Chris mit zusammengebissenen Zähnen und einer
leichten Gänsehaut. Trotzdem stürmte er ohne anzuklopfen in das Büro von
Susanne. Die Tür krachte gegen das kleine Waschbecken, dass es schepperte. Auch
eine weitere Befragung war schlimm genug. Er kannte Susanne, und er kannte
Hellwein. Zu oft schon war er als Anwalt von Verdächtigen bei Verhören dabei
gewesen, hatte erlebt, wie Hellwein sich festbiss, wenn sich jemand, verwirrt
und erschöpft von Befragungsbombardements, in Widersprüche verwickelte.
    „Wo ist sie?“, polterte Chris sofort los.
    „Du kommst spät!“ Seelenruhig saß Susanne hinter ihrem Schreibtisch
und schaute ihn gelassen an. Ekelhaft gelassen. „Du wirst doch wohl nicht alt,
mein Lieber?“
    Das reichte, um ihn endgültig explodieren zu lassen. „Welches miese
Spiel spielst du eigentlich hier? Ich soll dir Gott weiß was für Informationen
beschaffen, weil du einen sadistischen Freier suchst, und gleichzeitig machst
du Karin die Hölle heiß? Oder wie soll ich das verstehen? Wieso überprüfst du
nicht einfach ihr Alibi und dann ist es genug? Die Nachbarn erzählen sich
schon, sie wäre verhaftet worden! Könnt ihr Scheißbullen nicht ein Mal
Rücksicht …“
    „Würdest du jetzt die Luft anhalten?“, unterbrach Susanne ihn scharf.
„Wir haben ihr Alibi überprüft! Sie ist Freitag gegen zwölf Uhr mittags von
Neubergen in Norddeutschland aufgebrochen. Das bestätigt die Pensionswirtin.
Perfekt, findest du nicht? Im Übrigen dürfte gerade dir klar sein, dass sie
nicht verhaftet ist! Dass wir uns noch mal mit ihr unterhalten würden, haben
wir gestern Abend besprochen, oder? Mein Job ist es, eine Körperverletzung mit
Todesfolge und einen hundsgemeinen Mord aufzuklären. Und deshalb verfolge ich
Spuren. Und Berndorf ist eine davon! Geht das in deinen verdammten Dickschädel
rein?“
    Chris versuchte, seinen Puls wieder auf Normalfrequenz zu bringen und
holte tief Luft. Er hatte die Nerven verloren, zum Teufel! Sich zu verknallen
war eine Sache, den Verstand an der Garderobe abzugeben, eine andere.
    „Entschuldige“, murmelte er und legte Daumen und Zeigefinger an die
Nasenwurzel. Schon das zweite Mal heute, dass er das Wort benutzte, das so
schwer über die Lippen ging.
    Susanne stand auf und schloss die Bürotür. Wahrscheinlich hatte das
halbe

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