Fehltritt Im Siebengebirge
Sportsfreund angereist ist. Fünftens: Einigen wir uns auf die Sprachregelung: Unfall. Keinerlei anderen Verdacht äußern. – Das reicht erst einmal.«
Lupus sprach über Funk mit UNI 11/22 am Rauchlochweg.
Hauptkommissar Freiberg war mit den Maßnahmen einverstanden.
»Die Leiche sieht übel aus, Lupus.«
»Warum, meinst du wohl, bin ich hier oben geblieben?«
»Ob alle Verletzungen vom Sturz herrühren, scheint zweifelhaft zu sein. Wir müssen abwarten, was die Pathologen dazu sagen. UNI elfzweiundzwanzig bringt dir einen Schlüsselbund hoch. Sieh mal nach, ob dazu ein Auto paßt. Da stehen einige oberhalb des Dornhecken-Sees.«
11/22 kam mit heulendem Motor den Berg herauf. Lupus stieg ein. »Macht’s mal langsam, Jungs. Die Funzel aus und keine Sirene. Wir wollen doch das Wild im Staatswald nicht vergrämen. Uns bleibt viel Zeit. Die Leiche wird inzwischen abtransportiert.«
»Die sieht wirklich schrecklich aus«, meinte der Fahrer.
»Erzählt mir das doch nicht immer wieder! Wer sagt eigentlich, daß ihr alles beäugeln müßt? Ich versuche solche Eindrücke zu vermeiden – mit Erfolg. Ich kann Tote nicht ertragen. Sie stimmen mich traurig.«
»Was, und so spricht der bissige Lupus von der Mordkommission?«
»So ist es. Und der wird seine goldenen Lebensregeln nicht der Neugier opfern. Lupus sucht Täter, nicht Opfer. Jährlich ein reichliches Dutzend vom Leben zum Tode Beförderter im Präsidiumsbereich, das sind mindestens zwölf zuviel. Aber wir erwischen sie fast alle – die Totmacher. Manchmal bedaure ich, daß die Täter nur ›Staatspensionäre‹ werden. Da hat es schon wirksamere Methoden gegeben.«
»Und wir sammeln die Wohlstandsopfer von öffentlichen Straßen und Plätzen auf«, ergänzte der Streifenführer. »Ein Prösterchen hier, ein Töterchen dort. Das läppert sich zusammen. So an die vierzig Tote im Präsidiumsbereich und Jahresverluste von einer kampfstarken Brigade im Bundesgebiet, mit der entsprechenden Zahl von Verwundeten. Eine stolze Bilanz ist das. Deutschland muß einen heben – und wenn wir sterben müssen.«
»Darum fahren wir jetzt ganz schön langsam durch Wald und Flur.«
Ein einsamer Wanderer mit umgehängter Kamera kam ihnen auf dem letzten Stück des Rheinhöhenweges entgegen. UNI 11/22 hielt an.
Der Streifenführer fragte: »Wohin des Weges?«
Lupus unterbrach: »Sieh an, unser lieber Freund Mauser von der vierten Gewalt. Na, hat die Presse wieder den Polizeifunk abgehört? Böse Sache das.«
»Aber, aber. Meldung aus Leserkreisen, Herr Kriminalhauptmeister.«
»Lügen bedienen sich des Fotografen«, stellte Lupus fest.
»Ist wirklich ein Unfall passiert am Blauen See?«
»Ja, ein Sportsfreund ist abgestürzt.«
»Tot?«
»Und ob! Fall du mal die Wand hinunter, da wirst du solche Fragen nicht mehr stellen.«
»Und nun?«
»Trauerfeier, Beerdigung, Kaffeetafel, Butterkuchen, Lebensversicherung. Übrigens, du kommst zu spät. Der Leichenwagen wird sich gleich in Bewegung setzen. Dann gibt’s am Blauen See nicht mehr viel zu sehen. Wir prüfen gerade, ob eines der geparkten Autos dem Toten gehört. Ich habe die Schlüssel.«
»Ich komme mit. Erlaubt?«
»Aber immer. Steig ein.« Lupus war froh, den quicken Mauser zunächst festhalten zu können.
Auf dem provisorischen Parkplatz standen vier Fahrzeuge. Ein Passat, ein Kadett, ein Escort und ein alter Taunus. Noch ein paar Tage Sonnenschein und hier würde kein Platz mehr zu bekommen sein.
Mauser, der schnelle Reporter, wieselte als erster an den Autos entlang. »Der muß es sein«, dabei zeigte er auf den Kadett, holte die Kamera vor und schaltete die Automatik ein.
»Müßt ihr Kerle eigentlich immer schneller sein als die Polizei. Nun laß mir bloß die Optik vom Hals.« Lupus legte keinen Wert darauf, konterfeit zu werden. Zuviel Publizität half nur den Gegenspielern.
»Polizei bei der Arbeit – arbeitende Beamte! Das sind Bilder, die die Welt erschüttern.«
Der Schlüssel paßte. Auf dem Beifahrersitz lagen eine leidlich zusammengefaltete Hose, ein Sporthemd und ein Frotteehandtuch.
Die Nikon machte sst-klick, sst-klick. Aus der Hosentasche zog Lupus eine Klarsichthülle mit Dienstausweis. Mauser schoß drei Nahaufnahmen.
»Wenn Personaldaten in eurer Montagsausgabe erscheinen, gibt’s Zoff. Ein Toter hat schließlich auch Angehörige, und die wollen nicht aus der Zeitung bei Frühstücksbrötchen oder Müsli erfahren, daß es den Vater oder Sohn zerschmettert hat.«
»Klar doch
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