Fehltritt Im Siebengebirge
»Genug der frommen Sprüche. Wir werden mal ernsthaft miteinander reden.«
Grand-Pere Wessendorf und Mathias waren den Rauchlochweg heraufgestapft und unterhielten sich mit den Uniformierten vom Streifenwagen.
»Wenn ihr über Funk sprecht, kann doch jeder mithören – die Verbrecher auch? Wie könnt ihr die dann fangen?« wollte Mathias wissen und schob seinen Kopf neugierig in UNI 11/22 hinein.
»Ganz so einfach ist das nicht«, erklärte der Beamte. »Es gibt da Vorrichtungen und Deckworte. Die UKW-Radios müssen alle so konstruiert sein, daß unsere Frequenzen nicht empfangen werden können. Aber manche basteln an ihren Geräten herum und hören uns ab.«
»Und ihr merkt das nicht?«
»Wenn einer mithört? – Nein, das können wir nicht merken. Wer allerdings dabei erwischt wird, muß hohe Strafe bezahlen, und das Gerät wird beschlagnahmt.«
»Mich würdet ihr bestimmt nicht erwischen«, meinte Mathias verschmitzt. »Ich hätte immer zwei Geräte. Eins zum Vorzeigen, das andere für den Polizeifunk.«
»Einfach und raffiniert, die Methode. Du bist ganz schön clever.«
Am Holztisch des Rastplatzes steckten Hauptkommissar Freiberg, Lupus und Mauser die Köpfe zusammen. Freiberg gab die gewünschten Informationen so vollständig, daß sein Kollege aus dem Staunen nicht mehr herauskam. – Wie der Junge mit dem Großvater die Leiche entdeckt hatte, den Hinweis auf noch ungeklärte Spuren, was dem Notarzt seltsam vorgekommen war, daß aber Ermittlungen noch nicht angelaufen seien.
Mauser notierte mit flinkem Stift.
»So, und jetzt habe ich eine Bitte«, fügte Freiberg hinzu. »Schreiben Sie nicht, daß die Polizei etwas anderes als einen Unfall vermutet. Wir werden in diesem Sinne eine ganz normale Pressemeldung herausgeben. Sie haben allerdings den Vorteil, an Ort und Stelle zu sein und können darum etwas mehr spekulieren und das Ganze etwas blumiger schreiben.«
»Aber gewiß doch: Absturz über die Basaltfelsen – Großvater und Enkel machen grausige Entdeckung – und so fort. Genau die richtige Personalisierung, dazu Rettungsdienste und Polizei. Macht sich gut. – Darf ich die Kripo auch erwähnen?«
»So ganz am Rande nur.«
»Und? Wo ist der Pferdefuß?«
Lupus, der die Absicht seines Chefs erkannt hatte, fuhr auf: »Mann, wir sind doch keine Roßtäuscher! Unlautere Wahrheitsbeschaffung überlassen wir den illegalen Mithörern; aber äußerst ungern und mit Strafandrohung für Menschen mit der Lügenoptik.«
Mauser hob die Hand. »Wie ist der garstig heute. Einfach schlimm! Bremsen Sie den, Herr Kommissar. Fragen wir also anders herum. Gibt es noch hilfreiche Erwägungen?«
»Von unserer Seite nicht. Aber Sie haben doch die Freiheit, aufgrund des Augenscheins und der Fakten einen gewaltsamen Tod anzunehmen. Bitte nur kein Fragezeichen in der Überschrift und nicht zu weit aus dem Fenster hängen. Es könnte ja tatsächlich ein Unfall sein.«
Mauser sah auf. »Was wittert Lupus?«
»Daumenschrauben für Schwarzhörer und die Garotte für Totmacher – wegen der Identität des technischen Prinzips.«
Mauser nickte zufrieden. »Dann darf ich mich wirklich glücklich schätzen, aufgrund eines Hinweises aus Leserkreisen – die Kripo informiert sich doch auch aus unserem Blatt? – Gelegenheit gehabt zu haben, am Blauen See in die treuen blauen Augen des Gesetzes schauen zu können. Und nun geben Sie Gedankenfreiheit, Sir! Ich möchte mich zur Abrundung der Story noch mit Großvater und Enkel unterhalten – ohne die Polizei. Auf Wiedersehen, Gentlemen.«
»Den Burschen mag ich einfach«, stellte Kriminalhauptmeister Müller fest und fügte ohne große Begeisterung hinzu: »Chef, jetzt wird es wohl ernst. Lupus muß gewiß sein Mehlpfötchen entstauben.«
»Scheint so, und meine jungfräuliche Königin wird noch eine Weile auf ihre Korrektur warten müssen.«
Lupus schüttelte verständnislos den Kopf, leckte die Kuppe seines rechten Zeigefingers und tippte damit mehrmals an seine Stirn.
»Du hast recht«, sagte Freiberg. »Dem Vögelchen Wasser geben. Wir wollen mal sehen, wohin es fliegt.«
Kapitel 6
»Wenn das stimmt, was unsere Fahrer mir so unter die Nase reiben, dann werden deine geilen Böcke was vor den Bahnhof kriegen, daß ihnen die Gesichtszüge entgleisen – und du wirst dich später an einige Stunden deines Lebens lieber nicht erinnern wollen.« Guidos drohenden Abschiedsworten war eine wüst durchzechte Nacht und ein Streit
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