Fehltritt Im Siebengebirge
herumpingeln könnte. Kein Mensch läßt sich telefonisch erreichen, alle Behörden sind dicht.«
Kriminalhauptmeister Müller war zu Hauptkommissar Freiberg ins Dienstzimmer gekommen und blickte durch eines der Fenster zum Siebengebirge. Sattes sommerliches Grün, aufgerissen durch die Steilwände der ehemaligen Basaltsteinbrüche, zog sich an den Höhen jenseits des Rheins entlang.
Der Leiter der Mordkommission empfand die schöne Aussicht auf den Ennert als einen gerechten Ausgleich für seinen Job, der so oft den Blick in die Niederungen der menschlichen Existenz erforderte.
»Und wie bist du an die Frau geraten, die uns gleich besuchen kommt?«
»Über sieben Ecken. Presse-Mauser hat mir den Namen und die Telefonnummer von Klattes Vertreter gegeben. Der war – wie könnte es anders sein bei Ermittlungen am Wochenende – mit seiner Frau in der Eifel, eine Fahrt ins Blaue. Doch das Töchterlein wußte mit seinen schätzungsweise sechzehn bis achtzehn Jahren schon einiges vom Zollamtschef zu berichten – auch von seiner Bekannten, wie man die Freundin so nennt. Der Papa habe eine Marianne Richter bei der Firma Erlenborn erwähnt. Sie sei eine alte Bekannte von Herrn Klatte aus Aachen. Herr Klatte, der neue Chef, habe wohl mächtigen Einfluß und dicke Beziehungen nach oben.«
»Da hat das liebe Kind sicherlich lange Ohren gemacht und dem väterlichen Beamtengetratsche gelauscht, als der seiner Frau verklickern mußte, warum nicht er, sondern ein anderer Leiter des Amtes geworden ist«, meinte Freiberg. »Na, uns soll das egal sein, wenn wir überhaupt nur mit einem Menschen reden können, der unseren toten Freund vom Blauen See gekannt hat. Beruhigend ist jedenfalls die Erfahrung, daß in deutschen Wirtschaftskreisen am Wochenende gearbeitet wird. Prost Erlenborn!«
»Habe ich übrigens drüben, Chef.«
»Wen, was?«
»Na, Erlenborn-Doppelkorn für schwere Stunden und als Zungenlöser für verstockte Buben.«
»Los, her damit. Dies ist ein Tag mit vielen schweren Stunden. Apropos Buben! – Sollten wir unseren Jüngling Ahrens noch dazutrommeln?«
Lupus war wenig begeistert. »Wie könnte der uns heute nützlich sein? Außerdem sollte ein junger Kriminalbeamter sich am Wochenende auch einmal einer jungen Dame widmen dürfen.«
»Du meinst, der hockt mit unserer Kuhnert zusammen?«
»Ganz gewiß. Seit der ihre elektrische Schreibmaschine betreut, dürften die beiden nur noch elektronisch zu trennen sein.«
»Der versteht doch einiges von Fotografie, oder?«
»Und das mit allen Schikanen. Makro – Mikro – Weitwinkel – Tele«, bestätigte Lupus.
»Vielleicht auch etwas von Vögeln?«
»Na, na, Chef!«
»Hauptwort, oder besser noch Dingwort, Lupus. Mach dich mal frei von bildhaften Tätigkeitswörtern. Du mußt Endungen mit ›N‹ wie Nordpol und ›M‹ wie Martha auseinanderhalten. – Ich meine die Flattertierchen in der Luft. Versteht er was davon?«
»Ornithologie? Ich glaube nicht.«
»Na, egal. Ich hätte da so eine Idee. Versuch mal, ihn an die Strippe zu kriegen. Aber deine Tochter hat doch sicherlich Biologiebücher, vielleicht Schmeil-Tierkunde. Hauptsache mit vielen bunten Bildern.«
»Ich glaube schon.«
»Also herbei, was an Literatur zu finden ist. Ahrens und unsere Kuhnert sollen ihre Nasen hineinstecken, und dann schicken wir sie mit den Büchern ins Gebüsch. Camouflage – Tarnung.«
»Lieber Chef, ist bei dir noch alles in Ordnung? Ich meine wegen der Korrektur deiner jungfräulichen Königin und der Flattertierchen?« Lupus grinste breit und hinterhältig.
»Du solltest die Klugheit deiner Vorgesetzten auch an Wochenenden respektieren. Nun mach hin und komm mit einer strammen Vollzugsmeldung und dem Doppelkörnchen Wahrheit zurück.«
Nur Minuten später stellte Lupus zwei Gläser und eine Flasche Erlenborn auf Freibergs Besuchertisch. »Ahrens wird mit unserer Kuhnert in Kürze antraben.«
»Gleich beide?«
»Wie konntest du zweifeln? Ich habe sofort bei ihr angerufen. Woanders hätte man ihn heute finden können? Die beiden waren einigermaßen verwirrt, als ich mit höchster Dringlichkeit von Vögeln und Fotografieren gesprochen habe und von deiner Absicht, sie ins Gebüsch zu schicken.«
»Ich weiß deine diskrete Art der Information zu würdigen«, warf Freiberg ein.
»UNI einundachtzigzehn holt die Biologiebücher meiner Tochter. Aber könntest du mir gegenüber vielleicht etwas deutlicher werden. Was soll das alles bedeuten?«
Freiberg ließ sich nicht
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