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Fehltritt Im Siebengebirge

Titel: Fehltritt Im Siebengebirge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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Vermögen unter der Erde ruhen, sicherlich 250000 Liter Brennwein. Freiberg wußte nicht, ob das schon einen großen Betrieb kennzeichnete. Ein Unternehmen mittlerer Güte war es sicherlich.
    Aus einer Änderungszeichnung ging hervor, daß ein seitlich angeschlossenes Gewölbe während des Krieges als Luftschutzbunker gedient hatte. Wabenartig eingezogene Wände und zusätzliche Eisenträger sollten helfen, die Deckenlasten bei einem Bombentreffer abzufangen. So war unter der Erde ein verwirrendes Labyrinth entstanden – wie die Kasematten einer Festung.
    Das Telefon läutete. Freiberg war schon zu müde, um sich darüber zu wundern. »Sie haben ihn«, war sein erster Gedanke.
    Kriminalhauptmeister Müller meldete sich. »Dacht’ ich mir’s doch, Chef, du stocherst noch in den Akten herum.«
    »Wieso bist du mir zu mitternächtlicher Stunde auf den Fersen?«
    »Ich hab’ es in deiner Wohnung versucht, wenn man die Bude so nennen darf. Aber dort gab es dich nicht. Dann sagte mir mein scharfer Verstand, seine studentische Hilfskraft hat ihn gestern betreut, da läuft heute nichts. Sauer ist er auch, weil Herr Siemann ihn im Stich gelassen hat. Die Nacht durchsumpfen wird er nicht, weil Klattes Seele noch spukt. Also, wo kann er sein? Wo er hingehört – im Präsidium und bei der Arbeit.«
    »Richtig – und du?«
    »Madame und ich waren ganz schlicht im Kino. Wiederauflage von Bonnie und Clyde. Jetzt hält sie uns für fragwürdige und schießwütige Polizeiganoven. Ich versuche gerade, ihr das bei einem Drink auszureden und habe dich als leuchtendes Beispiel hingestellt.«
    »Au!«
    »Ich wollte nicht versäumen, dir zu melden, Chef, daß morgen um zehn Uhr die BGS-Froschmänner von der dritten technischen Hundertschaft ihre Köpfchen ins Wasser stecken werden. Die ganze Tauchergruppe kommt. Sonst was Neues?«
    »Nichts«, antwortete Freiberg. »Ich danke dir und nun schlaf dich aus – und grüß Madame von mir.«
    Freiberg hörte, wie Lupus die Worte weitergab. Im Hintergrund war Gläserklirren. So etwas wie: »Auf das Wohl der Nachtarbeiter« war zu vernehmen.
    »Madame dankt und wünscht dir was«, sagte Lupus. »Sie wird sich jetzt mit ihrem schießwütigen Ganoven ins Bett begeben.«
    Als Freiberg aufgelegt hatte, ruhte seine Hand noch lange auf dem Telefonapparat. Er hatte den ganzen Tag nichts Richtiges gegessen, die Müdigkeit lähmte ihm Kopf und Hände. Dann faltete er die Baupläne zusammen und legte die Akte griffbereit auf die linke Schreibtischseite – nur eilige Vorgänge lagen rechts. Er schaltete die Lampe aus und fuhr mit dem Aufzug ins Erdgeschoß.
    »Endlich Feierabend, Herr Freiberg?« fragte der Pförtner.
    »Und müde – gute Nacht.«
    Der rote R 4 fand den Heimweg allein. Wohnung oder Bude? Das Fragezeichen störte ihn nicht. Freiberg streifte sein Zeug ab, ließ es auf dem Boden liegen, wusch sich kurz und fiel ins Bett. Der Schlaf traf ihn wie ein K.-o.-Schlag im Ring.
    Die Nacht hatte ihr Sternenlicht noch nicht eingebüßt, als eine Straßenbahn mit schrillem Geläut auf den Schläfer zurollte. Freiberg fuhr hoch. Ein Traum und eine Realität. Er hatte Mühe, sich zurechtzufinden. Das Telefon läutete. Der Radio-Wecker zeigte drei Uhr dreißig – eine unmögliche Zeit. »Nun haben sie ihn doch erwischt«, war der erste klare Gedanke. Die nächste Empfindung war der Zorn des Enttäuschten, als sich eine Frauenstimme vernehmen ließ: »Ich kann nicht schlafen und wollte noch einmal mit Ihnen sprechen. Dies ist keine Nacht, in der man allein sein sollte.«
    »Wer scheucht denn anständige Menschen um diese Zeit hoch? Das geht entschieden zu weit«, knurrte Freiberg. Dann wurde er hellwach. »Marianne Richter?«
    »Ja – ich bin’s«, kam leise die Antwort. »Sie hatten mir Ihre Karte gegeben. Tut mir leid – die falsche Stunde. Da sollte man nicht einmal Tote wecken. Aber…«
    »Ist alles in Ordnung mit Ihnen? Wo sind Sie?«
    »Ja, doch, ja. Ich bin hier in Bonn. Haben Sie etwas anderes erwartet?«
    »Aber nicht in der Hausdorfstraße!«
    »So, das weiß die Kripo schon wieder. Dann lassen Sie mich wohl suchen?«
    »Nein, wir fahnden nach Siemann. Aber sprechen möchte ich schon ganz gern mit Ihnen. Sie haben bei Erlenborn aufgehört?«
    »Richtig – und nun ist die Polizei verwirrt?«
    »Allerdings. Siemann ist von der Bildfläche verschwunden, und Sie waren plötzlich auch nicht mehr zu erreichen. Darüber haben wir uns natürlich Gedanken gemacht. Von wo aus sprechen

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