Feind aus der Vergangenheit
Hörer und unterbrach die Verbindung.
Kommissar Glockner kam aus
seinem Büro.
„Paluschke ist polizei-bekannt,
nämlich vorbestraft wegen Körperverletzung und Einbruchs in ein Waffen-Depot
der Bundeswehr. Mir scheint, Tim, das Ganze wird eine Fortsetzung der schrecklichen
Ereignisse, die du in Österreich erlebt hast. Neroisten also auch bei uns.“
Tims Züge verhärteten sich.
„Für eine Begegnung mit Nero würde ich was geben.“
*
Vor dem Wexensteiner Bahnhof
waren Parktaschen frei.
Paluschke stellte sein Fahrzeug
neben den Lieferwagen einer Glaserei, holte den Koffer aus dem Wagen und betrat
das ehemals rote, jetzt stark verrußte Backsteingebäude.
Vor den Schaltern drängten sich
Reisende. Wexenstein ist ein beliebtes Ziel für Inland-Urlauber und Nah-Erholer
aus der Großstadt. Der Bahnhof würde zu einem weit größeren Ort passen.
Paluschke brachte seinen Koffer
zur Gepäckaufbewahrung.
Hier kannte man ihn, Paluschke,
nicht. Er lebte zurückgezogen und erst seit zwei Jahren in Wexenstein.
Mit dem Gepäckschein lief er zu
seinem Wagen zurück.
Im Handschuhfach lag ein —
vorbereiteter — Briefumschlag.
Paluschke schob den Zettel
hinein und leckte über die Gummierung.
Der Brief war an ihn selbst
adressiert.
Er warf ihn in den Postkasten
neben dem Bahnhofs-Portal — und atmete auf.
Geschafft! Beute und Waffen in
Sicherheit. Der Zettel auf dem postalischen Zustellungsweg. Jetzt sollten die
Bullen mal suchen!
Er rechnete mit dem
Schlimmsten. Das Schlüsselbund war sicherlich längst gefunden worden — und die
Polizei zu ihm auf dem Weg. Vielleicht standen sie schon vor der Tür.
Nun ja, was die Schlüssel
betraf — da hatte er sich was ausgedacht.
Für einen Moment hielt er das
Gesicht in die Sonne. Der Angstschweiß war getrocknet. Aber das ungute Gefühl
blieb.
Es gab drei Telefonzellen in
der Bahnhofshalle.
Paluschke suchte im
Fernsprech-Verzeichnis, merkte sich die Nummer, schob seine Telefonkarte in den
Schlitz und wählte.
Die Stadtverwaltung meldete
sich. Er verlangte das Fundamt.
„Fundamt, Jöhring.“ Eine
Frauenstimme.
„Mein Name ist Otto Paluschke“,
sagte er. „Ich habe vorgestern schon angefragt. Es geht um mein Schlüsselbund.
Wurde es inzwischen abgegeben?“
„Schlüssel werden bei uns recht
häufig abgegeben, Herr Paluschke. Ich kann wirklich nicht sagen, ob Ihr
Schlüsselbund dabei ist.“
„Habe ich vorgestern mit Ihnen
gesprochen?“
„Äh... wahrscheinlich. Ich bin
meistens hier, eigentlich immer. Niemand außer mir.“
„Entsinnen Sie sich nicht? Ich
sagte Ihnen doch, wie mein Schlüsselbund beschaffen ist. Ein braunes Lederetui
mit Ring und zwei Sicherheitsschlüsseln. Auf dem Leder steht meine Adresse:
Otto Paluschke, Roedenheimer Weg 11.“
„Hier in Wexenstein?“
„Allerdings. Der Roedenheimer
Weg biegt von der Wachhauser Straße ab.“
„Ah, so.“
„Jetzt entsinnen Sie sich an
meinen Anruf?“
Die Frau zögerte. Aber dann
bejahte sie. Selbstverständlich wollte sie sich keine Blöße geben.
Na also, blöde Kuh! dachte
Paluschke. Du verhilfst mir zum Alibi.
„Nun?“ fragte er. „Ist es da?“
„Das Schlüsselbund? Tut mir
leid, Herr Paluschke. Leider nicht.“
„Dann werde ich morgen noch mal
fragen. Verzeihung, wie ist Ihr Name?“
Er hatte mit Renate Jöhring
gesprochen.
Grinsend trat er auf den Vorplatz.
Lief nicht alles bestens? Ein Taxi hielt. Zwei alte Damen stiegen aus. Der
Fahrer stellte die Koffer an den Bordstein. Eine der Damen bat ihn, das Gepäck
in die Halle zu tragen, was er auch tat.
Dem Bahnhof schräg gegenüber
war ein Café mit kleinem Kaffeegarten an der südlichen Hauswand.
Paluschke fand einen freien
Tisch und beruhigte seine zittrigen Nerven mit einem großen Bier.
Sollte er Trensl und Flühm
verständigen?
Er dachte nach. Nein! entschied
er. Es war noch nicht erforderlich. Seinen Komplicen Trensl würde er ohnehin
nicht erreichen. Dessen besonderer Trick bestand darin, daß er nach einem
Überfall, einem Anschlag, einem Coup nicht abschalten konnte. Statt sich zu
Hause zu verkriechen, fuhr Trensl stundenlang durch die Gegend — immer vorschriftsmäßig
und nur bei Grün über die Kreuzung — aber eine 50-km-Strecke war das Mindeste,
was er zum Abkühlen brauchte.
Paluschke trank sein Bier aus,
bezahlte bei der Kellnerin, ging zu seinem Wagen und fuhr los.
Als er in den Roedenheimer Weg
einbog, sah er die beiden Polizei-Fahrzeuge. Das eine hielt am Ende der Straße,
das andere
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