Feind der Familie (Rex Corda Nova) (German Edition)
mit hauchdünnen Leitungen versehen, die mit den Computern verbunden waren.
»Und das hat zu bedeuten...?« Benilon war kein Wissenschaftler, Loovan hingegen hatte eine naturwissenschaftliche akademische Fachausbildung genossen.
»Ich bin kein Experte, aber ich habe mir die Anordnungen genau angeschaut. Wenn du mich fragst, dann geht es hier darum, lebendes Gehirngewebe intelligenter Wesen mit den Schaltkreisen des Robotergehirns zu verbinden.«
»Bioelektronik?«
»Mehr als das. Ich vermute, das Ziel der Versuche ist es, eine neue Generation von Bronzerobotern zu erstellen, die weitaus mehr als die bisherigen, relativ überschaubaren Dienste bewältigen können.«
Loovan machte eine weit ausholende Handbewegung.
»Ich müßte mich intensiver damit beschäftigen, aber ich denke, daß die Technik der semibiotischen Konduktoren weiterentwickelt wird. Gehirngewebe wird genutzt, um die elektronische Komponente des Roboters zu ergänzen. Dadurch können verschiedene Effekte erzielt werden - beispielsweise könnte man die Roboter mit so etwas wie einer Scheinintuition versehen, die Denkvorgänge beschleunigen und die Roboter wären in der Lage, die Emotionen von Freund und Feind zu identifizieren und darauf adäquat zu reagieren - das kann gerade im direkten Umgang mit unterworfenen Völkern durchaus sinnvoll sein, um noch abschreckender zu wirken. Dafür spricht auch, daß hier offenbar parallel an einem neuen Elastometall gearbeitet wird, das, so denke ich, den Robotern eine Mimik ermöglichen soll.«
Benilon nickte langsam. »Ein geheimes Forschungsprojekt!«
Der Orathone beugte sich über die Versuchsanordnung. Er konnte Loovans Vermutungen nichts hinzufügen, dafür kannte er sich nicht gut genug aus.
»Aber deswegen hätte ich die Verfolgung des Fluchtbootes nicht abbrechen müssen.«
»Es war irrelevant«, erwiderte Loovan und wies auf eine blinkende Anzeige. »Eine Totmannschaltung. Als wir die Labors stürmten, haben wir sie erst übersehen. Ein Wissenschaftler muß sie jede Stunde neu aktivieren, sonst geht der Alarm los. Wir haben zu spät reagiert. Ein Alarmsignal wurde ausgesendet. Ob du nun deinen Flüchtling geschnappt hättest oder nicht - egal. Aber wir brauchen jetzt beide AVTs, um so viel einzupacken wie möglich. Wir müssen hier verschwinden.«
Nomar stieß einen Fluch aus und nickte. »Du hast recht!« Er wollte sich abwenden, doch dann hielt er inne.
»Pack so viel von dem Zeug hier ein wie möglich, vor allem Datenträger, Prototypen usw. Ich denke, wir können diese Entdeckung noch nutzen. Anschließend lege Sprengminen mit Zeitverzögerung. Sobald wir fertig sind, schaffen wir die Gefangenen in die AVTs und jagen alles in die Luft. Es darf kein Stein auf dem anderen bleiben, also spare nicht. Unser Flüchtling wäre nicht abgehauen, wenn er von der Totmannschaltung gewußt hätte. Er wird niemandem sagen können, ob wir dieses Labor entdeckt haben oder nicht. Die Orathonen sollen darüber im Unklaren bleiben!«
Loovan bestätigte knapp und eilte davon. Nomar wog den Roboterkopf in der Hand, den er unbewußt aufgenommen und fortgetragen hatte. An ihm war offenbar der neue Überzug bereits ausprobiert worden, denn auf dem Gesicht des hohlen Schädels lag ein täuschend lebendiges Lächeln.
Aus irgendeinem Grund fuhr Nomar Benilon ein kalter Schauer den Rücken hinunter.
7. Kapitel
Die Tatsache, daß Sigam Agelon im Hauptquartier der Flottenadmiralität einer Besprechung des Sicherheitsrates beiwohnen sollte, erfüllte den Sohn des Moga mit eher gemischten Gefühlen. Der Sicherheitsrat war eine inquisitorische Einrichtung, die das orathonische Offizierscorps von unerwünschten Elementen reinhalten sollte. Ihm wurde innerhalb der Ränge des Militärs schon beinahe eine allmächtige Rolle zugesprochen, die hin und wieder mystische Dimensionen annahm. Wer Mitglied des Sicherheitsrates war, wo er tagte und welche Themen er behandelte, unterlag höchster Geheimhaltung. Wenn nun Sigam Agelon, frisch dekorierter Erster Offizier eines Hantelraumers der Wonn-Klasse, zu einem solchen Treffen vorgeladen wurde, konnte das vieles bedeuten: Eine Anklage - dann würde er, nach allem, was er gehört hatte, das trutzige Admiralitätsgebäude auf Khara nicht mehr lebend verlassen -, eine Anhörung, in der er als Zeuge zu dienen hatte oder man wollte ihn gar in den Rat aufnehmen, was Sigam allerdings aufgrund seiner Jugend für eher unwahrscheinlich hielt. Er vermutete, daß der zweite Grund
Weitere Kostenlose Bücher