Feind der Familie (Rex Corda Nova) (German Edition)
diesem verlassenen Sektor eher unbemannte Wachstationen das primäre Ziel des Bootes sein würden.
Das AVT-Symbol wurde langsam wieder größer. Kostas Finger fuhren über die Tastatur des Bordrechners, dann stöhnte er enttäuscht auf. Der Feind würde ihn vor der notwendigen Sprungdistanz eingeholt haben. Dann hatte Kosta keine Chance mehr. Mit brennenden Augen starrte der Fliehende auf das Display, auf die herunterzählende Entfernungsanzeige. Er schloß bereits mit seinem Leben ab und wunderte sich über die schwachen Emotionen, die dies bei ihm auslöste.
Dann, ganz unvermittelt, wanderte der AVT aus der Erfassung, das Symbol wurde plötzlich kleiner.
»Der dreht ab!« sagte Kosta verwundert zu sich selbst. »Der dreht tatsächlich ab!«
Etwas mußte geschehen sein. Etwas, das wichtig genug war, den Verfolger dazu zu veranlassen, die Jagd abzubrechen. Kostas Blick fuhr über die Ortung. Keine Sprünge anderer Schiffe zu verzeichnen. Also mußte es etwas ganz anderes sein.
Trotz seiner plötzlich aufwallenden, brennenden Neugierde beschloß der Offizier, sein Glück nicht unnötig herauszufordern. Während der AVT endgültig aus der Nahbereichserfassung verschwand und sich die Distanz zwischen den beiden Schiffen kontinuierlich vergrößerte, bereitete sich Kosta auf den baldigen Sprung vor. Und auf seinen Bericht.
In diesem System würde bald die Hölle ausbrechen. Und er würde sich daran beteiligen, das gelobte er sich.
*
Mit brennenden Augen verließ Benilon den Diskus und stapfte auf den schmal gebauten Urung’hir zu, der ihm unbewegt entgegensah.
»Loovan! Ich hätte das Boot beinahe erwischt! Was war so wichtig, daß ich unverzüglich zurückkehren sollte? Hätte es nicht etwas warten können?«
Zwei Mitglieder des Angriffskommandos drängten sich an Benilon vorbei, große Antigravplattformen mit Ausrüstungsgegenständen aus dem Depot navigierend. Die Männer hatten sofort mit der Ausplünderung der Vorratslager begonnen.
»Nomar, komme bitte mit. Wir werden hier weitaus schneller verschwinden müssen als geplant - ich denke, mindestens innerhalb der nächsten zwei Stunden!«
Benilon beruhigte sich etwas. Loovan war kein Idiot und seine Einschätzungen hatten zumeist Hand und Fuß. Bereitwillig folgte er dem Mann in die Tiefen der Station. Der Urung’hir führte ihn durch Gänge, Gravschächte hinab und Rampen herunter bis sie das Ende des weitläufigen Militärdepots erreicht hatten. Immer wieder begegneten ihnen die Urung’hir, die sorgfältig ausgewählten Ausrüstungsmaterial auf großen Transportplattformen durch die Hallen dirigierten, um es im Inneren der beiden großen AVTs zu verstauen.
Schließlich standen sie vor einem Schott. Benilon runzelte die Stirn. Hier dürfte es eigentlich keinen weiteren Zugang geben. Depots waren nach einem einheitlichen Bauplan errichtet, der dem Deserteur gut bekannt war. Und nicht nur ihm...
»Wir haben dieses Schott entdeckt, das besonders gesichert war. Der Kommandant der Station hat die Kommandocodes herausgerückt, als wir Serisen einsetzten.«
Serisen, das von den Urung’hir entwickelte Wahrheitsserum, schlug bei den Orathonen ausgezeichnet an und war eine der Waffen, die in der Vergangenheit besonders gute Dienste geleistet hatte.
Loovan öffnete.
Hinter dem Schott breitete sich ein großer Raum aus. Ein Urung’hir hielt Wache und nickte den Neuankömmlingen zu. Auf dem Boden lagen drei Orathonen, gefesselt, die haßerfüllten Blickes vor sich hin starrten. Sie trugen Laborkittel.
Benilon schaute sich um. Es handelte sich ohne Zweifel um einen Forschungskomplex, und er mußte geheim sein, sonst hätte man ihn nicht hier in dieser abgelegenen Gegend versteckt. Er würdigte die am Boden liegenden Wissenschaftler keines Blickes, sondern sah sich interessiert die Versuchsreihen an. Überall waren Bronzeroboter in halbfertigem Montagezustand zu sehen, auf den Arbeitsplätzen standen vornehmlich die Schädel der dienstbaren Helfer, die aus keinem orathonischen Raumschiff wegzudenken waren.
»Ein Projekt zur Verbesserung des Gehirns der Roboter?« fragte Benilon, als er einen Schädel anhob und in das elektronische Wirrwarr hineinblickte. Loovan, der ihn auf seinem Rundgang begleitet hatte, wies auf einen Arbeitsplatz am Ende des Raumes. Benilons Blick folgte dem Wink. Der große Arbeitsplatz dort sah mehr aus wie eine medizinische Einrichtung. Er trat näher und sah mit Erstaunen, wie in kleinen Flüssigkeitstanks Gewebe schwebte,
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