Feind in Sicht
und deutete auf Leutnant Stepkyne. »Gehen Sie zu jedem Geschütz. Ich wünsche, daß jetzt jeder Schuß trifft.« Starr musterte er die langsam abtreibende Fregatte. Hinter ihr lagen Sandbänke, und die
Hyperion
befand sich schon fast in der Mitte des Fahrwassers. »Ich wünsche, daß sie auf der Stelle genau dort versenkt wird, Mr. Stepkyne.« Er nahm seinen Hut ab und blinzelte noch einmal, als eine Musketenkugel einen Neunpfünder traf und jaulend über die Hütte flog.
Stepkyne ging zum ersten Geschütz. Ein Midshipman stand an der Hauptluke bereit, um die Befehle an die untere Batterie weiterzugeben, damit beim letzten Akt jede Kanone einen Partner hatte.
»Feuer!« Bolitho wandte den Blick ab, als der Besanmast der Fregatte in einem Wirrwarr zerschmetterter Spieren und zerrissener Stage verschwand.
»Feuer!« Ein großes Stück des Hauptdecks barst in einer Splitterfontäne, von der Tote und Sterbende wie blutige Marionetten weggeschleudert wurden.
Zwischen den paarweise erfolgenden Abschüssen hörte Bolitho Schreien und Schluchzen, als flehe das Schiff selbst um Erbarmen. Er packte die Reling, wollte mit aller Kraft, daß die Fregatte endlich sank und das Schlachten ein Ende fand.
»Feuer!«
Blasen wühlten das von Blut durchzogene Wasser um das Schiff auf; hier und dort sprang ein Überlebender verzweifelt über Bord, doch nur, um von der starken Strömung mitgerissen zu werden.
Gossett sagte mit belegter Stimme: »Sie sinkt, Sir.« Er sah Bolitho an, als hätte er einen Fremden vor sich.
Zwei letzte Schüsse bellten aus der Bordwand der
Hyperion;
als der Befehl zum Feuereinstellen auch die untere Batterie erreicht hatte, sagte Bolitho rauh: »Wir wollen halsen, Mr. Gossett.«
Er riß den Blick von dem zerschlagenen, sinkenden Wrack los und sah Gascoigne an seiner Seite an. »Gut gemacht, mein Junge.«
Er versuchte zu lächeln, aber seine Lippen waren wie erstarrt. Selbst Gossett schien zu glauben, daß er hilflose Menschen ohne jeden Sinn abgeschlachtet hatte. »Weitermachen!« schnauzte er.
Segel klatschten und knallten, als das Schiff mit dem Heck langsam durch den auffrischenden Wind ging. Bolitho wartete und zählte die Sekunden, ehe er befahl: »Kurs Nordnordwest!«
Gossett wurde unter Bolithos Blick unsicher. »Verzeihung, Sir, aber wir müssen uns weiter westlich halten, wenn wir von der Landzunge freikommen wollen.«
Bolitho ignorierte ihn. »Lassen Sie Segel wegnehmen, Mr. Inch. Wir werfen gleich Anker.«
Wenn er die gröbste Obszönität geäußert hätte, hätte er keine größere Bestürzung auslösen können.
Er wartete nicht darauf, daß jemand etwas sagte. »Mr. Gascoigne hat gesehen, was die Fregatte vor uns verbergen sollte. Und warum es notwendig war, die
Ithuriel
zu erobern, ehe sie uns warnen konnte.« Er deutete achteraus. »Dort kommen feindliche Schiffe, meine Herren, mit Kurs auf die offene See. Und wir verfügen über keine Fregatte mehr, die wir zum Kommodore um Hilfe schicken könnten. Wir selbst sind für diese Aufgabe nicht schnell genug.« Er blickte der Reihe nach in ihre gespannten und schockierten Gesichter. »Wir ankern in der Mitte des Fahrwassers.« Er wandte den Kopf ab und sah, wie die Fregatte sich in einem Strudel aufsteigender Luftblasen und wirbelnder Wrackteile auf die Seite wälzte.
»Jedes große Schiff muß erst an uns vorbei. Und das andere Fahrwasser wird durch das Wrack blockiert.«
Inch wandte leise ein: »Wir sind ganz allein, Sir.«
»Das weiß ich.« Er milderte seinen Ton. »Aber Pelham-Martin schickt vielleicht jemanden, um zu sehen, wo wir bleiben.« Er drehte sich um. »Inzwischen müssen wir so viele Schiffe wie möglich aufhalten oder beschädigen.«
Er trat wieder an die Reling und beobachtete schweigend, wie sein Schiff zielstrebig der Landspitze entgegenglitt. Nun empfand er keinen Ärger mehr über Pelham-Martins törichten Optimismus oder die Hoffnungslosigkeit der bevorstehenden Stunden. Unter Deck jubelten wieder einige Matrosen, als hätten sie gerade einen großen Sieg errungen. Das Schiff hatte fast keine Spuren des Gefechts davongetragen, und ohne den hellen Blutfleck unter den Netzen hätten sie aus einem Manöver kommen können.
Inch fragte beklommen: »Soll ich Ruhe befehlen, Sir?«
Doch Bolitho erstarrte, als der Ausguck laut aussang: »Zwei Schiffe Steuerbord achteraus, Sir.«
Inch musterte gebannt die Marssegel des führenden Schiffs. Sie bewegten sich über einer niederen Nebelbank, losgelöst und
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