Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feind

Feind

Titel: Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
Vom Netzwerk:
Wohlstand
davon versprach. Für gewöhnlich vermietete man sein Schwert, weil man unter dem
Banner seines Fürsten nicht mehr geduldet wurde. Der Krieg zerbrach die Moral,
das wusste Helion spätestens, seit er die Versorgungstrupps hatte ausschicken
müssen. Da war der Weg, sich selbst zu nehmen, was sein Besitzer nicht
verteidigen konnte, nicht weit. Der Übergang zwischen Räuber und Söldner war
fließend. Und manche mochten auch die Kämpfer eines Herrn gewesen sein, dessen
Heer zerstört worden war, oder deren Heimat jetzt unter den Schatten lag. Wer
nicht nach Hause zurückkehren konnte und auch sonst nirgendwo willkommen war,
mochte sich entscheiden, fortan Hammer zu sein, nicht mehr Amboss.
    Aber das Schicksal dieser Männer kümmerte Helion wenig. »Wenn sie
mit mir reden wollen, dann reden wir eben.« Er stieg den Hang hinauf. Einige
Ritter schlossen sich ihm an, ohne dass er sie darum gebeten hätte.
    »Lasst Eure Truppen den Wald auf dieser Seite des Tals betreten und
keiner von Euch wird ihn lebend wieder verlassen«, sagte der vorderste Fayé
statt einer Begrüßung. Auch seine Augen waren treibender Nebel, aber braun,
nicht blau wie bei Limoras. Er war etwas kleiner als Helion. Da er höher am
Hang stand, sah er dennoch auf ihn herab.
    »Wir sind nicht gekommen, um Eure Grenze zu verletzen.«
    »Gut. Dann verschwindet.«
    Helion erspürte das Ziehen in seiner Brust. Es wies noch immer nach
Osten. »Das werden wir. Sobald wir gefunden haben, was wir suchen.«
    Der Unterkiefer des Fayé bewegte sich. War das ein Anzeichen von
Wut? »Der Nachtschattenwald gehört uns. Ihr seid hier nicht willkommen.«
    »Wir wollen Eure Gastfreundschaft nicht beanspruchen. Es ist kein
Fayé, nach dem wir suchen, sondern eine Osadra.«
    »Schattenherzogin Lisanne ist Gast an König Ilions Hof«, versetzte
er.
    Helion rezitierte in Gedanken einen Vers, um die Ruhe zu bewahren.
»Wir respektieren Euch. Ihr mögt im Streit mit Eskad liegen, aber das ist nicht
unser Krieg. Wir kommen von Guardaja, aus Milir. Wir werden uns nicht in Eure
Angelegenheiten mischen. Aber ich kann nicht zulassen, dass Lisanne uns
entkommt.«
    »Geht und lebt oder kommt und sterbt. Was ich sagen wollte, ist
gesagt.« Ohne ein weiteres Wort wandten sich die Fayé ab und verschwanden im
Wald.
    Helion führte die Ritter zurück zu der Mühle. Eine Stunde warteten
sie, bis sich das Heer versammelt hatte. Er ließ die Aufstellung durchzählen.
Zweihundertneunundachtzig Mann erwarteten seinen Befehl. Er lautete: »Angriff!«

    Obwohl es nicht warm war, sah es aus, als ob der Boden kochte.
Zwischen den Bäumen taten sich immer neue Löcher auf, aus denen Dampf zischte. Wo
Sonnenlicht durch das Blätterwerk fiel, wallte er zurück, als sei er ein
Lebewesen, das den Kontakt mit der Helligkeit scheute. Er behinderte nicht nur
die Sicht, sondern dämpfte auch die Geräusche der Schlacht. Das Wiehern der
Pferde, die sich auf dem unsicheren Boden die Beine brachen, das Splittern der
Rüstungen, das metallische Klirren der Waffen. Die Schreie der Verwundeten und
der Sterbenden. Wie des Söldners, der gerade sein Leben auf Helions
Silberschwert blutete, das in seiner Brust steckte. Das helle Metall der Klinge
war so dicht von Blut bedeckt, dass man sein Funkeln nicht mehr sehen konnte.
Es leuchtete zweifellos ebenso schwach wie das Mondsilber auf Rüstung und
Schild, mit einem orangefarbenen Schimmer. Hier wurde Magie gewirkt, aber es war
nicht die Verderbnis der Osadroi, sondern die Tradition der Fayé, die die
Gesetze der Götter brach.
    Helion trat den Mann fort, um die Waffe frei zu bekommen.
    Durch den Dampf näherte sich jemand. Groß, schlank, federnder Gang,
zwei Gelenke an jedem Arm. Das konnte nur Limoras sein. Das Volk der
Nachtschatten sah besser unter diesen Bedingungen als ein Mensch. Kein Gegner
wäre so offen auf das Mondschwert zugekommen.
    Er hielt den abgeschlagenen Kopf eines Fayé an den Haaren und
grinste Helion an. War das ein Ausdruck, den sein Volk teilte, oder hatte er
ihn sich während seiner Zeit unter den Menschen abgeschaut?
    »Der Kampf scheint Euch Vergnügen zu bereiten«, stellte Helion fest.
    »Ich gebe zu, ich hätte nicht damit gerechnet, an der Seite eines
Sauertopfs, wie Ihr es seid, solchen Spaß zu haben.« Er hob seine Trophäe hoch
und betrachtete die Augen, in denen die farbigen Nebel nun erstarrt waren.
    »Ein Feind aus alten Zeiten?«, riet Helion.
    »Ich habe ihn nie getroffen, aber ich räume ein, dass seine

Weitere Kostenlose Bücher