Feind
der Kampffläche
trafen, trat Ordensmarschall Giswon hinzu. Erst als er die seidenbehandschuhten
Finger der Rechten auf die Schulter seines Gegners legte, begriff Helion, dass
er dessen Schwertvater war.
»Ich bin Narron und habe meinem Herrn Giswon fünf Jahre lang treu
gedient, bis er mich für würdig erachtete, im Licht des roten Mondes zu
stehen«, bestätigte der dann auch knurrend. »Wer legt für dich Zeugnis ab?«
»Ich will es tun«, sagte Giswon zu Helions Überraschung. »Vor dir
steht der Schüler Treatons. Er hat das Recht, hier zu sein und sich mit dir zu
messen. Kämpft!«
Narron hob seine Waffen. »Ein Niemand also!« Er beugte die Knie, um
festen Stand zu gewinnen.
Helion war gleichgültig, was dieser verzogene Spross irgendeines
Adelshauses von ihm hielt. Wer den Wert eines Menschen nach dessen Abstammung
und an durch Gefälligkeiten erworbenen Ämtern beurteilte, konnte kein Maßstab
sein. Was war von einem Schüler des dekadenten Ordensmarschalls schon zu erwarten?
Sicher konnte er bei vornehmer Tafel formvollendet auftragen und mochte auch
der ein oder anderen schönen Kunst frönen, obwohl die raue Stimme kaum für
einen Gesang geeignet schien, der den Ohren schmeichelte. Aber was den Kampf
anging, war Helion überzeugt, dass die Wildnis eine bessere Lehrmeisterin war
als die Badehäuser der Stadt.
Er täuschte links an, rotierte um die eigene Achse, holte beide
Schwerter auf die rechte Seite und zog auf Brusthöhe in parallelen,
waagerechten Schlägen durch.
Die Eisen fanden keinen Widerstand. Sie pfiffen über dem Gegner
durch die Luft.
Narron war nicht gestürzt. Er hatte Helions Aktion vorausgesehen und
sich tief geduckt. Jetzt trat Narron ihm das linke Bein weg.
Helion schrie auf, weniger vor Schmerz als vor Überraschung.
Narrons Waffen trafen das Standbein.
Helion konnte sich nicht mehr aufrecht halten, er schlug auf den
Boden.
Narron stieß einen Triumphschrei aus, doch Giswon dämpfte ihn: »Er
hält noch ein Schwert in der Hand. Noch ist der Sieg nicht dein.«
Ein Eisen hatte Helion verloren, das andere wechselte er in die
Rechte, während er über die Seite rollte und so den schlecht gezielten Schlägen
seines Gegners entkam. Er sprang auf. Das verlorene Schwert lag unmittelbar vor
ihm, aber er wagte nicht, es aufzuheben. Er war zu unsicher in den Regeln
dieses Kampfes, er wusste nicht, ob es erlaubt war, eine einmal verlorene Waffe
wieder in Besitz zu nehmen.
Er hatte auch keine Zeit, über diese Frage nachzudenken. Narron
hatte die kurze Unbeherrschtheit überwunden, die ihn zu seiner überhasteten
Attacke auf den am Boden Liegenden verleitet hatte. Seinen nächsten Angriff
baute er zügig, aber sorgfältig auf. Er stieß sein linkes Schwert wie einen
Degen vor und holte mit dem rechten weit aus, während Helion ausweichen musste.
So konnte er mit der zweiten Waffe zuschlagen, ohne Helion Zeit für einen
Gegenangriff zu lassen. Diese Taktik behielt er bei.
Auch wenn Narron keinen Treffer landete, verurteilte er Helion zu
einem ausweichenden Kampfstil. Helion wich zurück, bis er beinahe gegen einen
anderen Kämpfer prallte. Dann tauchte er zur Seite ab, wovon er sich eine
Ruhepause erhoffte, aber auch dieses Manöver sah Narron kommen. Seine Schläge
folgten ihm wie ein Schwarm Hornissen.
Wenn ich doch nur einen Schild hätte! Dann könnte
ich eine tiefe Stellung nehmen, mich oben beschirmen und so die Angriffe
unterlaufen, um meinerseits einen Stoß anzubringen!
Aber er hatte keinen Schild. Er hatte nur ein Schwert, mit dem er
gegen zwei stand. Und Narrons Kunst nötigte ihm Respekt ab. Er wagte nur selten
zu parieren. Es gab viele Techniken, mit denen sein Gegner ihn in dieser Lage
hätte entwaffnen können.
Doch das Ausweichen gelang nicht immer. Narron brachte einen
Wuchtschlag an, den Helion mit dem abwärts weisenden Schwert blockte. Narron
verstärkte mit der zweiten Waffe, die er gegen das gebundene Eisen schlug. Die
Waffen krachten gegen Helions Brustpanzer und warfen ihn zur Seite.
Ein Glück, dass sie stumpf sind.
Doch dieses Glück war nur bedingt wirksam. Narron zog die Schwerter
hoch und schlug eines seitlich gegen Helions Helm. Das Metall dröhnte und der
Kopfschutz verschob sich, sodass sein Sichtfeld auf der linken Seite
beschnitten wurde. Sein geübter Körper pendelte in ein Gleichgewicht zurück.
Ich bin unverletzt, erkannte er und nutzte
die freie Hand, um den Helm zurechtzurücken. Diese Waffen
sind nicht so gefährlich, wie sie
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