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Feind

Feind

Titel: Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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Gedanken.
    Er wurde wieder ernst, als das Knacken begann. Eigentlich hätte die
Rüstung brechen müssen, als sie schrumpfte, um sich seinem Körper anzupassen.
Aber es war ein Wunder, ganz wie die Priesterin es angekündigt hatte. In dem
roten Licht, das von der Decke fiel, ächzte der Panzer, als sei er von Leben
erfüllt, was vielleicht sogar in gewisser Weise der Fall war, denn die Kraft
der Mondmutter beseelte ihn in diesem Moment. Während das Silber immer weitere
Vertiefungen ausfüllte, um dort unbeweglich zu verharren, wie man es von Metall
erwartete, knirschte das Eisen in Formen, die ein Meisterschmied nicht besser
hätte anpassen können. Sofort spürte Helion die Entlastung, als das Gewicht der
schlecht sitzenden Komponenten von ihm genommen wurde. Kein Tropfen Mondsilber
fand sich mehr in dem Behältnis, als der Vorgang abgeschlossen war, und die
Schwertklinge blitzte scharf auf beiden Schneiden.
    »Ein Baum«, stellte die Priesterin fest.
    Helion wusste nicht, was sie meinte, bis er seinen Schild so hob,
dass er das Wappen betrachten konnte, das die Göttin ihm geschenkt hatte.
Darauf prangte tatsächlich das silberne Abbild eines Laubbaums mit ausladender
Krone und kräftigem Stamm. Wenn die Kräfte der Schatten darauf prallten, würde
es blutrot aufflammen.
    »Habt Ihr so tiefe Wurzeln?«, fragte sie. »Das Wappen zeigt das Herz
des Paladins.«
    »Mein Meister trug einen Stier, aber ich sah ihn selten zornig.«
    »Unser Wesen offenbart sich nicht ständig. Bei vielen Menschen kommt
das, was sie wirklich ausmacht, nur selten zum Vorschein.«
    »Es scheint, dass man es mir nun auf den ersten Blick ansieht.«
    »Wisst Ihr, warum Ihr den Baum erhieltet? Viele Paladine müssen ihr
Leben lang nach der Bedeutung ihres Wappens suchen.«
    »Vielleicht, weil meine Überzeugung so fest steht.«
    Sie nickte bedächtig. Ihr Lächeln war noch da, wurde aber von einem
nachdenklichen Ausdruck überlagert. »Passt auf, dass der Sturm Euch nicht
bricht.«
    Er überlegte noch, was er darauf erwidern sollte, als die Priesterin
schon das letzte Stück seiner neuen Ausrüstung aus den Falten ihres Gewandes
holte, den Rubin, den er fortan im Schwertknauf tragen und dem er sein Leben
anvertrauen würde.
    »Sagt mir Euren Namen!«, verlangte sie.
    »Ich bin …« Er sah an sich hinunter, betrachtete seine Vollrüstung,
die noch keine Schramme verunzierte, und das Glänzen der Einlegearbeiten. »Ich
bin Helion von den Mondschwertern.«
    »So ist es. Nun geht, Silberträger Helion, und lasst Euch feiern.«
    Als er durch die Haupthalle ging, kniete nur noch eine Handvoll
Aspiranten zwischen den Gestellen mit den Rubinen der Gefallenen. Von der
Kampffläche hörte er das Klirren der Waffen, aber er fand sein eigenes Schwert
interessanter. Die Klinge war so … makellos. Der Gedanke daran, dass sich das
ändern würde, schmerzte ihn schon jetzt. Er wusste, dass Rüstungen und
Schwerter der Paladine durch ein Wunder geformt wurden, aber instand halten
musste man sie wie alle anderen Waffen, mit dem einzigen Unterschied, dass die
dem Mondsilber innewohnende Kraft niemals ganz schwand und es deswegen immer
ein Metall blieb, das gutem Stahl in nichts nachstand. Dennoch, Treatons Waffen
waren in deutlich verschlissenem Zustand gewesen, vor allem, wenn man den
Vergleich zu Helions frischer Ausrüstung sah.
    Helion schritt an den Paladinen vorbei zum Ausgang. Einige grüßten
ihn, er schlug die gepanzerte Faust vor die Brust, um die Geste zu erwidern.
Sie sah merkwürdig aus an seinen … Ordensbrüdern. Ein solcher Gruß stand
jemandem an, der in Eisen gepanzert war, doch sie waren bis auf wenige
Ausnahmen in feinen Stoff gekleidet. Er wusste, warum. Noch bevor er aus dem
Tor trat, hörte er den Lärm der Menge.
    Vor dem Tempel drängten sich die Menschen auf dem Platz und in den
Straßen. Im Licht des roten Mondes warfen Gaukler ihre Bälle, und Feuerspucker
sandten ihre heißen Grüße zu einer Schönheit hinauf, die über ihren Köpfen auf
einem Seil tanzte. Helion wurde bejubelt, man reckte ihm Humpen und Weinbecher
entgegen, um sie sogleich auf das Wohl des neuen Paladins zu leeren. Man sah
den Leuten an, dass er nicht der Erste war, den sie auf diese Weise feierten.
In der Menge wankten bereits einige Rüstungen. Eine Maid drückte einem der
neuen Ritter ihre vollen Brüste ins Gesicht und lachte dabei so laut, dass auch
Helion es hörte.
    Auf den Balkonen der vornehmen Stadthäuser, die den Tempelplatz
umstanden, ließen sich

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