Feind
nach unten, um Helion zu betrachten.
Irgendetwas war an ihm, das ihren Blick anzog. Sie hoffte darauf, dass er sie
wieder ansähe, aber der Kampf um die Ritterschaft war wohl auch für ihn eine zu
heilige Angelegenheit, um sie mit Schabernack zu entweihen.
Die Duelle wurden mit stumpfen Schwertern geführt. Jeder Krieger
hatte zwei davon, aber keinen Schild. Ajina wusste nicht, worin diese Tradition
wurzelte. Die übliche Bewaffnung der Mondschwerter bestand aus einer
Vollrüstung, einem Schild und einem Schwert. Die Anwärter waren jedoch nur am
Rumpf geschützt, und das mit Leder.
Heute trug ohnehin kaum ein Paladin den schweren Panzer, schließlich
würden sich ausgelassene Feiern an die Zeremonie anschließen. Bei vielen
Mondschwertern waren die Vollrüstungen nur Dekoration in ihren Palästen. Anders
als bei denen im Norden, deren Rubine von tödlichen Schlachten flüsterten.
Die Kämpfenden gingen in dieser Nacht zögerlich zu Werke. Ajina
konnte das verstehen, ein Treffer mit einem Eisenschwert war sicher
schmerzhaft, auch wenn die Klingen stumpf waren.
Der erste Kämpfer ging zu Boden. Sein Gegner hielt ihn mit einem
Stoß vor die Brust unten, während er mit dem anderen Schwert ausholte. Der
Verlierer erkannte seine Niederlage an, indem er seine Waffen fallen ließ. Der
Schwertvater des Gewinners führte den Sieger zum Silberbecken. Der des
Besiegten geleitete seinen Schützling fort.
»Narron!«, verkündete die Dreifach Gepriesene. »Und Helion!«
Helion stand auf.
Er hatte oft gesehen, wie Treaton am Ende einer Nacht den Rubin in
seinem Schwertknauf geküsst und ihn dann an die Stirn gedrückt hatte, um
hineinzudenken. Man tat das immer nach dem Erwachen, um dem Schlaf Gelegenheit
zu geben, das Erlebte von der Beliebigkeit des Augenblicks zu reinigen. Heute
war das erste Mal, dass er die Berichte von dahingegangenen Mondschwertern
hörte. Überhaupt hatte er noch nie mit einem anderen Mondschwert gesprochen als
mit seinem Meister und Giswon.
Er hatte seinen Geist weit geöffnet, als er im Kreis gekniet hatte,
sodass er viele Stimmen vernommen hatte. Die Emotionen im Raum verwirbelten
jedoch die Eindrücke, sodass er immer nur Fetzen hatte verstehen können. Ein
Paladin berichtete von der Befestigung einer Wehranlage an einer Brücke, die zu
verfallen drohte. Ein anderer eskortierte einen Zug mit Silbererz. Helion war
froh und zugleich überrascht, wie viele Mondschwerter noch Tätigkeiten
nachgingen, die er als ritterlich erachtete. Aber es gab auch die anderen, sie
sich nicht zu schade waren, den Rubinen ihrer Schwerter die Einzelheiten ihrer
amourösen Verfehlungen anzuvertrauen oder endlose Zahlenkolonnen hineinbeteten,
um ihre Erfolge im Geldschachern für die Ewigkeit zu bewahren.
Jetzt drängte Helion die Stimmen aus seinem Verstand. Die Schwerter,
die für die Prüfung verwendet wurden, verdienten diese Bezeichnung nicht. Es
waren wenig mehr als runde Eisenstangen, versehen mit einem Griff und einer
Metallscheibe als Handschutz. Ihr Gewicht war nicht so geschickt verteilt wie
bei einer sorgfältig gefertigten Waffe. Dennoch waren sie nicht gänzlich
ungefährlich. Zwar würden sie weder den Helm noch den ledernen Brustpanzer
durchschlagen, aber Helion würde auf die Arme aufpassen müssen. Eine mit Wucht
geführte Eisenstange konnte leicht eine Elle brechen.
Narron war augenscheinlich geübt im Umgang mit den Zeremonialschwertern.
Er ließ sie kreisen, erst um die Handgelenke, dann nahm er die Unterarme dazu,
schlug Schmetterlinge und Kreuzschnitte. Er war etwa in Helions Alter,
vielleicht etwas jünger, und trug sein Haar lang. Brünette Spitzen lugten unter
dem Helm hervor. Seine Muskeln waren stärker ausgeprägt als Helions, schienen
aber dennoch ihre Geschmeidigkeit behalten zu haben.
Helion wich zur Seite aus, als ein Kämpfer neben ihm stürzte. Statt
nachzusetzen und sich den Sieg zu sichern, lachte der Gegner jedoch entschuldigend.
Die beiden Schwertväter schauten verlegen. Der zu Boden Gegangene fand ohne
Eile in einen schwankenden Stand. Helion mühte sich, nicht zu gering von den
Mondschwertern zu denken. Es musste nicht sein, dass der Anwärter die
Feierlichkeiten schon vorgezogen und sich frühzeitig am Wein gelabt hatte.
Vielleicht hatte er einen Schlag auf den Kopf bekommen, der ihn schwindeln
ließ. Aber das Verhalten seines Kontrahenten deutete darauf hin, dass der
Ausgang des Kampfes bereits beschlossene Sache war.
Als sich Narron und Helion auf einer freien Stelle
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