Feind
scheinen.
Er würde verlieren, wenn er nicht bald die Entscheidung
herbeiführte. Narron war ein Kämpfer von guter Konstitution, und er war
erfahren genug, um seine Kraft einzuteilen. Mit seinen zwei Schwertern würde er
Helion in Bewegung halten, bis dieser so erschöpft wäre, dass er einen
entscheidenden Fehler machte.
Aber nur, wenn Helion weiterhin vor den Waffen davonrannte.
Er biss die Zähne zusammen und wappnete sich für den Schmerz. Als
Narron die nächste Attacke startete, sprang er auf ihn zu. Beide Schwerter
trafen ihn, eines in der linken Flanke, was er kaum spürte, das andere am
rechten Arm, der sofort taub wurde.
Gerade noch konnte er seine Waffe mit der linken Hand greifen, bevor
sie ihm entfiel. Mit dem gesamten Körper prallte er auf seinen Gegner. Da er
kein Gefühl mehr im rechten Arm hatte, konnte er ihn nur ungezielt schwingen.
Dumpf traf er auf Narrons Helm.
Dieser Angriff war ohnehin nur eine Ablenkung. Das Schwert führte er
zwischen die Oberschenkel des Kontrahenten und riss es mit aller Kraft hoch. Er
verfehlte die Geschlechtsteile, warf das Bein aber so weit herum, dass Narron,
der durch den Hieb gegen den Kopf bereits taumelte, vollends das Gleichgewicht
verlor und stürzte. Helion stampfte auf ein Handgelenk, um den Griff zu lösen.
Dann schmetterte er sein Eisen gegen die andere Faust. Klirrend entfiel Narron
auch sein zweites Schwert.
»Sieger!«, rief Giswon und zeigte auf Helion.
Heftig atmend, ging Helion zwei Schritte rückwärts.
Narron presste die Kiefer aufeinander. Die Entwaffnung musste
schmerzhaft für ihn gewesen sein, aber ihm war deutlich anzusehen, dass die
Niederlage ihm mehr zu schaffen machte. Hätte die Ehre es ihm nicht verboten, hätte
er sich mit bloßen Händen auf Helion gestürzt.
»Dort entlang«, sagte Giswon und deutete mit dem Arm zu dem Becken
mit dem flüssigen Silber. Daneben verlas die Dreifach Gepriesene bereits die
Namen der nächsten Kontrahenten.
Es fiel Helion leicht, den Kämpfern auszuweichen. Niemand rang mit
solcher Vehemenz, wie Narron und er es getan hatten.
Die Erinnerung an den Kampf blieb zurück, als er die Stufen
hinaufschritt. In Gedanken rezitierte er eine Litanei, die seinen Geist
beruhigte. Tempeldiener kamen und lösten die Schnallen seines Harnischs. Als
sie sich an seiner Hose zu schaffen machten, schob er ihre Hände zur Seite und
löste selbst den Gürtel. Sein rechter Arm kribbelte zwar noch, aber die
Beweglichkeit der Finger reichte schon wieder aus.
Nackt stand er vor dem glänzenden Silber. Die Kohlenglut unter dem
Becken trieb frischen Schweiß aus der Haut. Eine Priesterin tauchte eine Kelle,
groß wie ein Kopf, in das flüssige Metall und schöpfte in ein eisernes Gefäß,
das auf einem umlaufenden Relief streitende Krieger zierten. Sie wiederholte es
zweimal, bis sie überzeugt schien, genug angesammelt zu haben. Dann zog sie
sich zurück.
»Nackt wie ein Neugeborenes trittst du vor die Göttin«, flüsterten
Lippen direkt neben seinem Ohr. Er erkannte die Stimme sofort. Sie gehörte
Ajina, der blonden Adepta. »Gib etwas von deinem Leben, um ihren Schutz zu
empfangen.« Sie reichte ihm einen gekrümmten Dolch, eher ein Spielzeug als eine
Waffe.
Der Blick in ihr Gesicht ließ ihn seine Blöße spüren. Sie lächelte
wie ein vergnügtes Mädchen. Offenbar gefiel ihr, was sie sah. Als er sich nicht
regte, hob sie eine Braue und bewegte den Kopf in Richtung des für ihn
abgemessenen Silbers.
Die Priesterschaft hatte das Metall in den vergangenen Stunden
geheiligt. Als man es aus den Waffen und Rüstungen der Gefallenen geschmolzen
hatte, war es zu profanem Metall geworden, aber jetzt war es wieder mehr als
das. Doch eines fehlte noch, um seine Vorbereitung abzuschließen. Helion ballte
die Faust und schnitt in seinen Arm, den er daraufhin über das Silber hielt.
Das Blut lief in einem dünnen Faden hinein. Es zischte, als es auf die heiße
Oberfläche traf, und ein Teil verdampfte, aber der Rest vermischte sich mit dem
Metall. Es würde dieses Silber auf immer mit seinem Träger verbinden, ihn vor
der unheiligen Magie der Osadroi schützen.
»Das reicht«, flüsterte Ajina ihm zu. »Es wäre bedauerlich, wenn
jemand, der mit solcher Hingabe kämpft, schon im Tempel der Mondmutter
verbluten würde.«
Er lächelte, als sie seine Wunde mit einer Bahn weißen Leinens
verband. Sie zog den Stoff fester, als nötig gewesen wäre, und ihre Augen
blitzten neckisch dabei. »Es ist Zeit für Eure Waffen«,
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