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Feind

Feind

Titel: Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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an der
Seite seiner Kameraden Dienst auf den Zinnen tun können, Schulter an Schulter
mit den stolzen Rittern aus Milir und den Mondschwertern, die hier so anders
waren als in Ilyjia. Gern hätte er mit Narron darüber gesprochen, der jetzt
ebenfalls irgendwo in der Festung sein musste. Ihre fremden Züge verrieten,
dass viele der Paladine aus dem Norden stammten, nicht aus Helions Heimat. Und
doch waren sie sich alle ähnlich. Ihre Gesichter waren von einem Ernst
gezeichnet, der etwas Heiliges hatte. Nicht in dem gleichen Sinne wie die
Einrichtung eines Tempels, die nach Harmonie und dem Gefühl von Geborgenheit
strebte, sondern deswegen, weil man ihnen ansah, dass sie Männer waren, die
etwas gefunden hatten, wofür zu leben und zu sterben sich lohnte. Helion hatte
einen einarmigen Paladin gesehen, der mehr Kraft ausstrahlte als die zehn
Silberträger aus der Wache der Dreifach Gepriesenen. Das Alter dieser Kameraden
war schwierig zu schätzen. Sie hatten Dinge durchgestanden, die die Jugend
verwehen ließen wie Laub im Herbststurm. Ihre Rüstungen waren mit Schrammen
übersät. Wenn er diese Ehrenzeichen bestandener Kämpfe sah, fühlte sich Helion
unwohl in seinem beinahe unversehrten Panzer. Noch hatte er keinen von ihnen
angesprochen. Einerseits fürchtete er, von den Veteranen zurückgewiesen zu
werden wie ein unreifer Junge, andererseits wollte er den Stolz, den er aus der
Ferne fühlte, noch nicht der Überprüfung durch die Wirklichkeit unterziehen. Er
glaubte nicht, dass die Begegnung die Paladine als schauspielernde Narren
enthüllen würde, aber wenn doch …
    Nachdenklich betrachtete er seine Rüstung auf ihrem Holzgestell. Er
würde eine halbe Stunde brauchen, um sie komplett anzulegen. Jetzt trug er nur
eine leichte Tunika gegen die Kälte der Nacht. Selbst dieser dünne Stoff schien
Ajina zu viel zu sein. Während sie seinen Hals küsste, schob sie eine Hand
darunter an seinem Bauch hinauf bis zur Brust, wo ihre Finger seine Muskulatur
erkundeten.
    »Du bist so ernst«, flüsterte sie. »Denkst du wieder an meinen
Vater?«
    Modranel bewohnte den Nachbarraum, der etwas geräumiger war als
dieser. Die beiden Zimmer waren durch eine Tür verbunden, weswegen Helion als
Leibwächter hier untergebracht worden war.
    »Nein«, murmelte er und streichelte ihren Rücken. »Obwohl ich es
noch immer nicht verstehe.«
    »Was?« Sie küsste sein Kinn. »Was verstehst du nicht? Dass er sich
der Sache der Mondschwerter angeschlossen hat?«
    »Auch das ist mir ein Rätsel.« Nachdenklich spielte er mit ihrem
Haar. Es war so weich, und seine Hände waren so schwielig, weil sie so häufig
Waffen liebkosten. »Aber wenn ich an ihn denke, dann denke ich immer auch an
dich. Und merke, dass ich dich überhaupt nicht kenne.«
    Sie versteifte sich, rückte ein Stück von ihm ab. »Weil ich ihm
verziehen habe.«
    »Ja. Er hat viel getan, was wir verdammen, aber das ist es nicht.
Fremde sterben, ohne unser Herz zu rühren. In Akene werden rauschende Feste
gefeiert, während hier im Norden eine Stadt nach der anderen in die Sklaverei
fällt. Oder Baron Truber. Hätte er Deria besser gekannt, hätte er uns
vielleicht gestattet, das Schiff mit ihrer Tochter abzufangen. Schon so, wo sie
ihm nicht mehr als ein Name war, hat ihr Leid ihm etwas bedeutet, das konnte
ich in seinen Augen sehen.« Er überlegte. »Ich kann mir vorstellen, dass die
Taten deines Vaters, die auf den Wandteppichen und den Gemälden allerorten
dargestellt werden, für dich irgendwie … entfernt sind. Modranel übergibt den
Schatten die Schlüssel einer Burg. Modranel weckt einen Drachen. Modranel
verlangt die Kinder einer Stadt und führt sie nach Ondrien, in das Eis der
Nacht ohne Wiederkehr. Ich weiß nicht, wie viel davon Legende ist und was
wirklich geschah.«
    »Vieles ist wahr«, flüsterte. Sie hatte wieder damit begonnen, ihn
zu streicheln, ganz sanft, mit ihren Fingerkuppen an seinem Hals.
    Er nickte. »Das sind schreckliche Dinge, die er getan hat. Aber er
hat sie nicht dir angetan. Bei einigen wirst du auch nicht dabei gewesen sein.
Aber er hat auch«, Helion schluckte, »deine Schwester fortgegeben und deine Mutter
umgebracht und …«
    »… und ich war dabei.« Sie küsste ihn.
    »So etwas kann man nicht vergeben. Das übersteigt die Kräfte eines
Menschen.«
    Eine Weile sagte sie nichts. »Das dachte ich auch einmal«, gestand
sie dann. »Ich war siebzehn, als ich mich gegen meinen Vater stellte. Bis dahin
hatte uns zusammengehalten, dass

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