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Feind

Feind

Titel: Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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auch an der Front nicht leicht zu unterscheiden, Ordensmarschall.
    Die Tür öffnete sich. »Es ist so weit«, stellte Phaistor fest.
    Helion nickte. Phaistor runzelte die Stirn, als sich die anderen ihm
anschlossen, aber er protestierte nicht, sondern geleitete sie mit einer
Eskorte aus sechs Hellebardieren hinunter in den Saal, wo die Feldherren
warteten.
    Graf Jidon von Arriar, der Anführer des Heerzugs, mit dem Helion
gekommen war, wirkte neben den anderen wie ein Kind. Das lag nicht an seinem
Alter und auch an seiner Kraft und der Fähigkeit, das Schwert zu führen,
bestand kein Zweifel, aber sein Gesicht hatte nicht den Ernst der anderen vier.
    Der älteste erinnerte an einen Geier. Die Herbststürme seines Lebens
hatten seinen Rücken gebeugt, seine harten Tage alles, was weich war, aus
seinem Körper gerissen. Die Nase ragte aus dem Gesicht wie ein Beil, die Augen
waren stechend, die Haut so schlaff, dass die Wangen faltig herunterhingen. Er
trug eine Rüstung aus schwarzen Schuppen. An seinem Thron lehnte ein
Rabenschnabel, eine hammerartige Waffe mit einem gebogenen Eisendorn daran. Das
musste Baron Gonnar sein, der Herr der Festung. Er war ein junger Mann gewesen,
als sein Vater an der damals noch weit im Norden verlaufenden Front gefallen
war und ihn so zum Herrn der Baronie gemacht hatte. Jetzt war Guardaja der kümmerliche
Rest seines einstmals reichen Lehens. Man munkelte, dass es nicht fallen würde,
solange er lebte, was allerdings nicht mehr allzu lange der Fall wäre.
    Mondritter Kentateos war der ranghöchste Vertreter der
Mondschwerter. Seine Rüstung hatte nicht den strahlenden Glanz derjenigen von
Helion. Das Silber schimmerte auf Eisen, das durch Ruß und Schrammen vieler
Kämpfe ebenso verdunkelt war wie das Gesicht des Ritters. Seit vier Jahren
hielt er die Stellung, und die Mondschwerter, das hatte Helion inzwischen
erfahren, waren stets die Ersten, die Stoßtrupps in das vom Feind gehaltene
Gebiet unternahmen. Nicht selten führte er sie persönlich an. Viele glaubten,
er suche den Tod.
    Prinz Varrior war an den zwei Hengsten auf seinem Harnisch zu
erkennen. Angeblich zählte er noch keine dreißig Jahre, aber er sah aus wie
vierzig, was vor allem an der tief eingegrabenen Härte um seine Augen lag. Er
war der Jüngste der fünf Heerführer, hatte aber wegen seines hohen Standes den
Befehl. Er war ein Nachgeborener des milirischen Königs. Seine Entscheidungen
traf er dennoch niemals einsam, er wusste um den Wert eines guten Ratschlags
aus erfahrenem Munde.
    Damit konnte der Letzte nur Graf Dimmoar sein, ein Eskadier, in
seiner Heimat aus nichtigen Gründen in Ungnade gefallen, woraufhin er sein
Schwert den Miliriern angeboten hatte und dankbar angenommen worden war. Es war
sein Geschick in Feldschlachten, das den ondrischen Truppen in den vergangenen
acht Jahren empfindliche Niederlagen beigebracht hatte, doch jetzt musste auch
er sich damit abfinden, dass das Land nördlich von Guardaja unter die Schatten
gefallen war. Er hatte breite Schultern, was durch die Stacheln an den
Panzerelementen noch betont wurde.
    Dennoch wirkte er schmächtig neben dem letzten Mann, der Helion entgegenblickte.
Er gehörte nicht zum Kreis der Heerführer.
    »Ich hätte Euch nicht erwartet«, sagte Helion.
    »Man kann nicht behaupten, dass ich herzlich zu dieser Beratung
eingeladen worden wäre«, dröhnte Estrogs Bass. Für ihn gab es keinen Sessel, er
stand mit gespreizten Beinen, das Blatt der Axt vor sich auf dem Boden, die
Pranken auf dem Ende des Stiels. »Aber man hat erkannt, dass ein Häuptling aus
Bron einen Schädel hat, der härter ist als ein Eisenhelm.«
    »Genug geplappert«, sagte Baron Gonnar. »Ich bin der Herr dieser
Festung, es liegt an mir, Recht zu sprechen. Ihr seid Helion von den
Mondschwertern?«
    »So ist es, Hochgeboren.« Helion verbeugte sich, wie es die Sitte
gebot.
    »Die Frauen in Eurem Gefolge sollen für Euch Zeugnis ablegen?«
    »Sie werden zur Klärung der Umstände beitragen«, antwortete Helion
ausweichend.
    »Euch wird zur Last gelegt, einen wehrlosen Angehörigen unserer
Streitmacht ermordet zu haben. Waren diese hier anwesend, sodass sie etwas zur
Sache sagen können?«
    »Nein, aber sie werden dennoch zum Verständnis beitragen.«
    Gonnar runzelte die Stirn. »Wie das?«
    »Das ist eine vertrauliche Angelegenheit.«
    Graf Jidon lachte.
    Helion blieb ernst. »Ich bitte Euch, hohe Herren, schickt alle
hinaus, die Ihr nicht zu Eurer Entscheidung braucht. Die Wachen und

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