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Feind

Feind

Titel: Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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zeigte auf den Korb mit
der bauchigen Flasche und dem Zinnbecher, in den ein Rebenmuster geritzt war.
Geschmeidig und mit einer Spur Bedauern entzog sie sich ihm, löste den Korken
und füllte das Gefäß, bis die rote Flüssigkeit über den Rand trat. »Koste!«
    »Du zuerst.«
    Wissend lächelte sie ihn an. Einen tiefen Zug schluckte sie hinunter.
Der schwere Trunk zog die Haut in ihrem Rachen zusammen und brannte in der
Kehle. Den zweiten Schluck behielt sie im Mund. Sie griff das leicht gelockte
Haar an seinem Hinterkopf, zog ihn heran und drückte ihre Lippen auf seine. So
presste sie die Flüssigkeit in ihn hinein. »Und?«
    »Gut, wie du sagtest. Aber du mundest mir besser! Du hältst mehr,
als der Vorgeschmack versprach!«
    Im Palast hatte sie ihn ein wenig erhitzt, um ihn dazu zu bringen,
dem Treffen in diesem Haus am Stadtrand zuzustimmen. Männer waren so leicht zu
lenken.
    Sie drückte den Becher in seine Hand. Er leerte ihn ganz, bevor er
ihn fortschleuderte. So befreit, griff er ihre Brüste, zog Lióla heran und barg
sein Gesicht an ihrem Busen. Seine Küsse wanderten tiefer. Lióla hörte sich
stöhnen, als er das Kleid von ihren Hüften schob.
    Wieder betrachtete sie sein Gesicht. Er sah wirklich gut aus.
    »Jetzt hast du es aber eilig!«, neckte er, als sie seinen Gürtel
löste und gleich drauf die Hose herunterstreifte. Sein Glied war fest und ganz
gerade. Das gefiel ihr. »Ich will dich reiten!«, forderte sie.
    »Ich werde ein heißer Hengst zwischen deinen Schenkeln sein«,
versprach er, als er sich ausstreckte. Er lallte schon ein wenig.
    Hastig hockte sie sich über ihn, benutzte die Hand, um ihn dorthin
zu führen, wo sie ihn haben wollte. Sie nahm ihn tief in sich auf. Er stöhnte.
    Und hustete.
    Allzu schnell.
    Warum hatte er auch so viel getrunken?
    Er erschlaffte bereits. Etwas enttäuscht setzte sich Lióla auf und
sah in sein ungläubiges Gesicht. »Ja. Gift«, bestätigte sie die Befürchtung,
die sie in seinen Augen las. »Goldmohn, vermischt mit Adelwurz. Ich habe immer
etwas davon dabei.«
    »Du Hexe«, röchelte er und schlug nach ihr.
    Er war bereits so schwach, dass sie seinen Arm mühelos abwehren
konnte.
    »Aber … auch …«
    Sie stand auf. »Ich habe auch getrunken? Ja, das habe ich. Wenn eine
Dame so gefährliches Pulver mit sich führt, darf ihr das Gegengift nicht
fehlen.«
    Er griff sich an den Hals. Wäre er kein Diener des Kults gewesen,
hätte sie ihm geraten, Frieden mit seinen Göttern zu machen. Die Schattenherren
versprachen jedoch kein glückliches Nachleben im Nebelland. Jeder ihrer
Anhänger war von allen Gottheiten verflucht, so wie die Meister Ondriens
selbst. Man hatte nur dieses eine Leben, um ihre Gunst zu erlangen. Die wenigen
Erwählten wurden zu Osadroi erhoben. Es geschah so selten, dass Lióla noch nie
Zeugin einer solchen Zeremonie geworden war. Für Jatzell war es jedenfalls zu
spät. Er würgte sein Leben auf dem Bärenfell aus. Er hatte versagt, sich von
einer Besseren aus dem Weg räumen lassen.
    »Du hättest mir die Gunst Lisannes nicht stehlen sollen«, flüsterte
sie ihm nach.
    Sie kleidete sich an, verließ das Haus und ging zur Rückseite, wo
Brünetta wartete, genau an der Stelle, wo sie den Ghoul zurückgelassen hatte.
»Komm mit«, befahl sie.
    Drinnen wiederholte sie zur Sicherheit die Anweisungen, die sie ihr
bereits vor ein paar Stunden gegeben hatte. »Bring ihn in den Wald, wenigstens
eine Meile. Zerreiß ihn, zerdrücke den Kopf. Niemand soll ihn erkennen. Ich
will, dass du von ihm frisst.«
    Brünetta rümpfte die platte Nase.
    »Ich weiß, sein Fleisch ist noch zu frisch. Du musst es trotzdem
tun. Zerbreche auch alle großen Knochen. Den Rest werden die Tiere erledigen.«
Die Belagerung versorgte die Aasfresser mit reichlich Speise. Das Tal war eine
Festtafel für die Krähen.
    Als Brünetta mit ihrer Last verschwunden war, sammelte Lióla
Jatzells Kleidung zusammen und warf sie in den Kamin. Sie wartete, bis alles
verbrannt war. Am Schluss schob sie auch noch das Fell hinein, um alle Spuren
zu beseitigen. Sie sah zu, wie es verschmorte.
    Ich hätte eine Stunde warten sollen, dachte sie. Er sah wirklich gut aus.
    Sie prüfte den Sitz ihres Gewandes, nahm den Umhang vom Haken neben
der Tür und legte ihn um ihre Schultern. »Andererseits – wahrscheinlich bin ich
ihm nur zuvorgekommen. Hätte ich abgewartet, wäre ich jetzt vielleicht
diejenige, die in den Wald getragen würde.«

    Wenn der Wind schwieg, hörte man die

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