Feindberührung - Kriminalroman
doch schon mal rein, bitte.«
» Is gut.«
Grewe legte auf und schaute Therese ernst an.
» Was ist?«
» Machst du neuen Kaffee? Wir werden ihn brauchen.«
Therese schaute ihn fragend an.
» Samantha Rems will uns was sagen.«
» Oh.«
» Genau.«
Grewe nahm die Treppe statt den Aufzug.
Er erkannte die Frau kaum wieder. Nicht dass an ihrem Äußeren etwas verändert gewesen wäre, ihre blondierten Haare waren wie immer zu einem nachlässigen Knoten geschlungen, sie trug eine enge Bluejeans, die gleichen Cowboystiefel wie gestern und eine gefütterte Lederjacke.
Aber ihr markantes Gesicht war heute wie formlos. Ihre Augen, die das Gegenüber in jedem Gespräch bisher offen angeschaut hatten, irrlichterten jetzt ziellos durch den Raum und vermieden jeden Blickkontakt, der länger als ein paar Sekundenbruchteile zu dauern drohte.
Sie hielt sich mit den eigenen Armen umfangen, als könnte sie so verhindern auseinanderzufallen.
Neben ihr stand Uwe von Carst.
» Guten Tag, Herr Kriminalhauptkommissar.«
» Sind Sie jetzt auch der Anwalt von Frau Rems?« Grewe stand mit herunterhängenden Armen vor den beiden.
Von Carst schüttelte lächelnd den Kopf.
» Nein, nein. Das wäre ja unethisch.«
Grewe schnaubte Luft aus.
» Also wirklich, Herr Grewe. Sie sind doch schon lange Polizist, da müssten Sie doch die Grundprinzipien des deutschen Rechtssystems verinnerlicht haben? Warum empört es Sie so, dass ein von Ihnen Verhafteter, dessen Lebensführung Ihnen nicht passt, eine optimale Verteidigung bekommt?«
Grewe mahlte mit den Kiefern. Mein Gott, dachte er, ich fühle mich wie ein Sechzehnjähriger, der beim Hau-den-Lukas verloren hat. Von Carst setzte nach.
» Schließlich hat mein Mandant in Herrn Blum ja auch einen sehr fähigen Ankläger, nicht wahr? Zumindest, wenn der von seinen Ermittlungspersonen mit ordentlichen Arbeitsergebnissen versorgt wird.«
Grewe schaute Samantha Rems an. Von Carst registrierte das freudig.
» Frau Rems möchte sich übrigens zugunsten meines Mandanten einlassen. Da fand ich es selbstverständlich, sie hierherzubringen. Frau Rems, wenn Sie möchten, hole ich Sie gerne wieder hier ab und fahre Sie nach Hause.«
Samantha Rems schüttelte den Kopf.
Von Carst behielt seine glänzende Laune.
» Na dann. Einen schönen Tag noch.«
» Moment mal bitte.«
» Ja, Herr Grewe?« Der Anwalt hatte eine elegante Pirouette hingelegt.
» Die Untersuchung liegt doch längst bei Herrn Blum. Frau Rems sollte bei der Staatsanwaltschaft aussagen.«
» Das habe ich ihr auch erklärt, aber sie möchte mit Ihnen sprechen.« Von Carst hob seine sehr teuer wirkende schmale Lederaktentasche und winkte damit. » Ich habe noch einen Termin. Also dann. Guten Tag.«
Der Anwalt federte aus der Dienststelle.
Grewes Magen stach, und gleichzeitig wallte ein unbezähmbarer Hunger in ihm auf.
» Frau Rems, möchten Sie vielleicht eine Kleinigkeit aus der Kantine zum Kaffee?«
Samantha Rems schüttelte den Kopf.
In Grewe tobte ein Kampf, der Magen siegte über die Höflichkeit.
» Macht es Ihnen etwas aus, mich kurz zu begleiten? Ich muss mir etwas zu essen holen. Wir gehen dann gleich hoch.«
Ein trauriges Lächeln huschte über ihr Gesicht. Sie nickte.
» Frau Rems, Zucker? Milch?«
Therese hatte allen Kaffee eingeschenkt und hielt eine kleine Milchtüte und den Zuckerstreuer mit fragendem Gesichtsausdruck hoch.
» Nein, danke. Schwarz.«
Therese nahm neben Grewe Platz. Sie saßen im Besprechungsraum. Ihr Büro war zu klein, und ein Vernehmungszimmer erschien Grewe zu unfreundlich. Auf dem Tisch stand ein kleines digitales Aufnahmegerät, das Mikrofon war auf die den Polizisten gegenübersitzende Samantha Rems gerichtet. Grewe hatte zuerst ein Brötchen mit Leberkäse gegessen und vertilgte jetzt eine Vollkornstulle mit Emmentaler. Therese brach ein Stück von ihrem Croissant ab, kaute, schluckte.
» So, Frau Rems. Was möchten Sie uns denn nun erzählen?«
Samantha Rems trank einen Schluck, setzte die Tasse dann wieder ab, drehte sie auf der Untertasse hin und her.
» Man darf hier wohl nicht rauchen?«
Therese bewegte sanft den Kopf von links nach rechts und zurück.
» Tut mir leid. Behörde.«
» Ist okay.«
Samantha Rems strich eine Wolke Haar aus der Stirn, blies noch mal mit vorgeschobener Unterlippe nach oben und ballte dann die Hände im Schoß.
» Ich war vom neunten bis vierzehnten Juni zweitausendfünf mit Mike Perschel und einer Gruppe … Leute im Urlaub in
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