Feindberührung - Kriminalroman
beiseite und gib uns einen Überblick über die Laborgeschichten, das ist doch für uns alle ganz neu. Oder ist da auch was unklar?«
» Nein, Labor betrifft Drogenreste. Ist ’ne klare Sache. Immerhin.«
» Okay.«
Sie schwiegen wieder einen Moment. Dann atmete Drossel plötzlich ein. Grewes Nackenhaare stellten sich auf. Er schaute den Freund an. Drossel presste die Lippen zusammen, kurz, dann atmete er aus und schaute nun auch Grewe an.
» Niklas.«
Grewe schluckte.
» Ja? Was ist mit ihm?«
» Er will sich beim Bund verpflichten. Zwölf Jahre. Offizierslaufbahn.« Drossel biss auf seine Unterlippe.
Grewe nickte.
» Ich verstehe.«
» Ach ja? Stell dir mal Robert in Afghanistan vor. Cool, oder?« Drossel lachte bitter. Grewe wurde sauer.
» Gerd. Genau das tue ich. Wenn ich sage, ich verstehe, dann meine ich das auch.«
Drossel schlug die Augen nieder und beugte sich im Stuhl nach vorne, seine Hände faltete er auf den Knien.
» Entschuldige. Es ist schwer gerade. Dieser Rems-Mord hat was an sich, das mir Sorgen bereitet. Die Sektion ist ganz wichtig, um weiterzukommen, aber Lyske hat mich auf morgen vertröstet, bei dem stapelt sich auch gerade die Arbeit. Ich bin gestern erst um halb neun von der KTU nach Hause gekommen, und dann sitzt Daniela weinend in der Küche. Niklas daneben, streichelt ihr den Rücken und guckt schuldbewusst. Wir haben uns die Köpfe heiß geredet bis in den Morgen. Auf dem Weg zum Dienst habe ich ihn in der Kaserne abgeliefert. Dabei haben wir dann kein Wort mehr geredet.«
Grewe legte seine Hand jetzt auch auf Drossels Rücken, strich zwischen den Schulterblättern hoch zur Schulter, die er kurz drückte. Drossel nickte, berührte Grewes Knie als Zeichen des Dankes und stand plötzlich auf. Er streckte sich durch und blieb einfach zwischen Stuhl und Tisch stehen, schaute aus dem Fenster in den Winterhimmel.
» Du hast den Rems noch nicht gesehen, Kurt. Das ist ein Krieger gewesen, ein Veteran, ein Wrack. Auf so was ist unsere Gesellschaft noch gar nicht vorbereitet, das kennen wir nur aus Amifilmen. Der ganze Körper hat Gewalttätigkeit ausgestrahlt. Aber am schlimmsten waren die Augen.« Drossel schaute Grewe jetzt an.
» Die Augen waren angefüllt mit Tod. Mit Tod, den er gesehen hat, mit Tod, den er gebracht hat. Und mit seinem eigenen Tod. Der Tod war ein Bekannter für ihn, ein böser Freund. Und ich will nicht, dass mich mein Sohn irgendwann mit solchen Augen ansieht, Kurt.«
Auf dem Flur wurde Getrappel lauter, Gesprächsfetzen, vereinzelt Lachen. Die Kollegen kamen zurück.
Grewe fröstelte.
Der Tag brachte nicht mehr viel Neues. Die kleine Truppe verbrachte ihn bis Feierabend mehr oder weniger im Besprechungsraum.
Drossel beschränkte seinen Bericht tatsächlich auf die Laborergebnisse. Die KTU hatte aus staubigen, krümeligen und kristallinen Spuren vom Tatort rekonstruiert, dass in Rems’ Wohnung Haschisch, Marihuana, Ecstasy, Amphetamin, Methylamphetamin, Heroin und Kokain gelagert worden war. Über Mengen konnte man nur spekulieren, aber die Vielzahl der Sorten ließ auf Handel schließen. Es sei denn, die Sektion würde ergeben, dass Rems polytoxikoman gewesen war.
Markus Fuchs hatte sich wieder zu seinen alten Kollegen vom K 13 , Rauschgift, verzupft. An die Straßenfahnder dieses Kommissariats ging die dringende Bitte, sich im Milieu gezielt nach Rems zu erkundigen, Kunden aufzutreiben oder eventuell Lieferanten. Verwandte außer Frau und Kind gab es nicht, zu eventuellen engeren Freunden würde man noch mal Samantha Rems befragen müssen und die Kameraden in der Kaserne. Hier gab es zurzeit auch den einzigen erfolgversprechenden Ansatz für Reihenvernehmungen. Mit der Hilfe von Major Radványi und anderen Kameraden würden die Ermittler eine Liste von Kontakten erstellen, sie nach Intensität der Beziehung zu Rems und der Besuchshäufigkeit sortieren und dann Mann für Mann abarbeiten. Dafür brauchte die Gruppe mehr Leute, eine Sonderkommission musste einberufen werden, von Kertsch war das schon abgenickt.
Auch Blum hatte sich mittlerweile gemeldet, vonseiten der Staatsanwaltschaft würde er zuständig sein, und sie verabredeten, sich eine Stunde vor der Sektion zu treffen, wenn der Termin denn mal irgendwann feststand. Blum wollte gerne einen kurzen Überblick, um die Sektion nicht völlig ahnungslos zu begleiten. Danach würden sie sich möglichst zeitnah zu einer ausgiebigen Besprechung verabreden.
Grewe hatte angeregt, die Mittagspause im
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