Feindberührung - Kriminalroman
Glück gehabt. Saß er eben drei bis fünf ab, er war ein » Skull«, im Knast wäre er ganz oben, da kam ihm keiner blöd. Und wegen dem Ding konnte er sich noch Sorgen machen, wenn es soweit war.
Wolfes Laune stieg, er bekam sogar Appetit und biss vorsichtig in den Rest des Wurstbrötchens. Mit dem ersten Happen schluckte er den Kotzegeschmack runter, und der zweite war dann schon okay. Gerade als er nach dem Kaffee griff, knallte das Kontrollfenster in der Zellentür auf, und ein Bulle blaffte rein.
» Schönlein aufstehen! Mit dem Gesicht zur Wand stellen, Beine schulterbreit und Hände hinter den Kopf. Wir holen Sie zur Vernehmung raus.«
Wolfe schlürfte gemütlich die dünne Brühe. Dann stutzte er. Schönlein? Hatten die Penner also schon rausgekriegt, wer er war. Na egal, heute hätte er es ihnen sowieso gesagt, weil er wegen dem Anwalt mal bei Mike anrufen musste.
» Wird’s bald, Schönlein?«
Der Arsch regte sich richtig auf. Sollte er doch. Die hatten Schiss vor ihm, das gefiel Wolfe. Er verdiente seine Kohle damit, dass Leute Angst vor ihm hatten, da musste er im Training bleiben.
» Ich brauche hier Unterstützung an der Vier. Der Scheißrocker stellt sich quer.« Der Bulle rief in den Flur. Draußen trappelten Laufschritte.
Wolfe trank den kalten Kaffee aus und stellte gerade die Tasse ab, als die Zellentür aufflog und unübersichtlich viele Grüne hineinstürmten. Sie fackelten nicht lange.
Einer griff mit der behandschuhten Rechten unter Wolfes Kinn und drückte ihn kurzerhand nach hinten auf die am Boden liegende Matratze, zwei andere bückten sich und rissen ihn an den Füßen nach vorn. Wolfe knallte mit dem Hinterkopf auf dem Zellenboden auf und wollte um sich schlagen, aber zwei der Typen saßen schon auf seinen Armen und einer auf den Knien. Der Bulle auf seinem linken Arm quetschte Wolfes Kopf seitlich auf den Boden, dabei kontinuierlich Druck auf seine gebrochene Nase ausübend. Weil er ihm außerdem den Mund fest zudrückte, bekam Wolfe nicht genug Luft, um zu schreien, und ihm wurde langsam schwarz vor Augen.
» Herr Schönlein, halten Sie jetzt brav still?«, fragte ihn einer, und Wolfes Mund wurde freigegeben.
» Fuck, ey«, hustete er, sein Magen krampfte, und dann konnte er nicht verhindern, dass schon wieder Kaffee und Brötchen durch die Speiseröhre nach oben schossen. Die Bullen sprangen sofort von ihm runter, und er saute sich beim Kotzen völlig ein. Noch während Wolfe nach Luft schnappte, drehten ihn die Penner auf den Bauch und ratschten die Handschellen fest.
Grewe wollte gerade die zweite Besprechung des Tages eröffnen, als noch mal die Tür aufging und Kriminaloberrat Kertsch eintrat.
» Bleiben Sie bitte sitzen«, wehrte Kertsch den Versuch einer meldungsartigen Begrüßung durch Grewe ab. » Ich möchte nur rasch ein paar Worte sagen und dann an der weiteren Besprechung teilnehmen.«
» Aber gerne, Herr Kertsch.« Grewe rückte seinen Stuhl etwas zur Seite, neben ihm tat Gerd Drossel dasselbe, und einer der Praktikanten von der Fachhochschule stellte einen Stuhl für den Inspektionsleiter dazwischen.
» Liebe Kolleginnen und Kollegen«, Kertsch wandte sich an Therese, » heute ganz besonders: liebe Frau Svoboda.«
Alle schauten zu Therese, die wurde verlegen. Kertsch fuhr fort.
» Ich weiß, dass einige von Ihnen aus gegebenem Anlass schon fast die ganze Nacht in der Dienststelle zugebracht haben. Sie alle haben sich heute bereits um sechs Uhr dreißig zur ersten Besprechung getroffen. Jetzt ist es halb elf, und Sie sind gespannt auf den neuesten Stand der Dinge und die nächsten Schritte. Ich will Sie auch gar nicht lange aufhalten, denn mir geht es da ja nicht anders. Dennoch ist es mir wichtig, ein paar Worte an Sie alle zu richten.«
Kertsch legte die Hände zusammen wie ein Pfarrer bei der Predigt, schaute einen Augenblick in die Ferne, dann löste er die Haltung mit einer plötzlichen Bewegung auf, und über sein Gesicht huschte ein ungläubiges Lächeln, als könnte er nicht glauben, dass er gerade so tief in die gestische Klamottenkiste gegriffen hatte. Er hustete kurz und trocken, dann fuhr er fort.
» Es ist immer eine besondere Situation, wenn ein Kollege, eine Kollegin Opfer einer Straftat wird. Im Fall von Frau Svoboda haben wir es mit einer besonders brutalen und in jeder Weise verletzenden Art von Angriff zu tun, der uns alle empört.«
Die Blicke aller am Tisch gingen zu Therese, eine Welle der Zuneigung.
» Aber.«
Kertsch hatte
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